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Stellantis Opel kommt beim Personalabbau nicht voran

Der Autobauer will 2100 Mitarbeiter loswerden. Doch es fehlen weiter hunderte Freiwillige. Beschäftigte klagen verstärkt über psychischen Druck.
19.03.2021 - 15:02 Uhr 2 Kommentare
Die deutsche Automarke droht mit betriebsbedingten Kündigungen. Quelle: dpa
Opel-Produktion in Eisenach

Die deutsche Automarke droht mit betriebsbedingten Kündigungen.

(Foto: dpa)

München Opel-Personalchef Ralph Wangemann ist meist konziliant im Ton und eher von ausgeglichenem Naturell. Selbst Kritiker sagen, der Mann aus dem Berchtesgadener Land biete wenig Angriffsfläche. Doch manchmal scheucht der sonst so bedacht agierende Manager seine Truppe mit Sätzen auf, die noch Monate später nachhallen. So wie Mitte September vergangenen Jahres.

Da beschwerte sich der Arbeitsdirektor des Autobauers in einer Rundmail an seine Truppe, dass der geplante Abbau von 2100 der 15.000 Mitarbeiter in Deutschland über Programme wie Altersteilzeit, Vorruhestand oder Abfindungen viel zu langsam vonstattengehe. „Wir müssen den Personalabbau bis Jahresende zwingend umsetzen“, polterte Wangemann damals und drohte gar mit der „Umsetzung betriebsbedingter Kündigungen“, falls sich nicht schleunigst mehr Freiwillige fänden.

Ein halbes Jahr später ist die Zahl derjenigen, die einen Aufhebungsvertrag unterschrieben haben, zwar von 500 auf etwa 1200 Personen angestiegen. „Wir sehen aber natürlich, dass seit Jahresbeginn der Trend sehr negativ ist“, stellte Wangemann am Mittwoch auf einer digitalen Betriebsversammlung konsterniert fest, wie mehrere Teilnehmer dem Handelsblatt bestätigten. Opel wollte sich auf Anfrage zu Inhalten von internen Veranstaltungen nicht äußern.

Klar ist aber: Der Plan von Wangemann, die personelle Schrumpfkur bei Opel noch vor der Fusion von Peugeot S.A. (PSA) und Fiat Chrysler zu Stellantis durchzupeitschen, ist erkennbar gescheitert. Der viertgrößte Autokonzern der Welt, zu dem nun auch Opel als vormalige PSA-Tochter zählt, erwachte bereits Mitte Januar zum Leben.

Den schleppenden Fortschritt beim Personalabbau habe sich Wangemann selbst eingebrockt, verlautet aus Unternehmenskreisen. Nach der Entlassungsdrohung hätten viele auf stur geschaltet, die zuvor noch mit dem Gedanken gespielt hatten, Opel vorzeitig zu verlassen. Zudem hat sich das Arbeitsumfeld im Zuge der Coronakrise weiter verschlechtert. Mögliche Anschlussjobs sind rar.

Die Führungsetage will nun zumindest bis Ende 2021 den Personalabbau über die Bühne bringen – so wie es ursprünglich sowieso vorgesehen war. Um mehr Schwung in den Prozess zu bringen, wurden Anfang des Jahres mit dem Einkauf und dem Process & Manufacturing Engineering (PME) zwei neue „Fokusbereiche“ ausgerufen, weitere könnten bald folgen.

Dabei ist klar: Jede Abteilung, die mit dem „Fokus“-Siegel versehen wird, soll erheblich zurechtgestutzt werden. Alle dort Beschäftigten stehen auf einer Streichliste.

Verlustängste und schwere Vorwürfe

Hunderte betroffene Mitarbeiter in den Fokusbereichen fragen sich allerdings, wie freiwillig der Personalabbau noch ist, wenn ihnen mehrfach zu verstehen gegeben werde, dass ihre Dienste nicht länger erwünscht seien. Bei der Betriebsversammlung wetterten Gewerkschafter gar über schier unmenschlichen Druck, den das Management auf Teile der Belegschaft ausübe, heißt es unisono aus Unternehmenskreisen.

So soll es etwa verstärkt Mitarbeiter bei Opel geben, die psychologische Hilfe benötigen. „Wir weisen die Vorwürfe entschieden zurück. Die Umsetzung des vereinbarten Personalabbaus erfolgt selbstverständlich auf freiwilliger Basis“, erklärte dazu ein Opel-Sprecher. So oder so fürchten laut einer Umfrage der IG Metall aber rund 90 Prozent der befragten Beschäftigten bei Opel, ihren Arbeitsplatz zu verlieren – weit mehr als bei anderen Unternehmen in der Metall- und Elektroindustrie.

Um den Druck auf die Beschäftigten beim laufenden Personalabbau zu reduzieren und den Prozess parallel zu beschleunigen, will der Betriebsrat das Angebot für Altersteilzeit und Vorruhestand auch für Mitarbeiter aus dem Jahrgang 1965 öffnen. Personalchef Wangemann ist dem Vernehmen nach hierzu gesprächsbereit.

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Im Entwicklungszentrum ITEZ, dem Herzstück von Opel am Stammsitz in Rüsselsheim, geht derweil die Sorge um, im neuen Megakonzern Stellantis mit seinen 14 Marken zerrieben zu werden. So könnte Opel etwa die Entwicklungskompetenz für leichte Nutzfahrzeuge an Fiat verlieren, heißt es in Konzernkreisen.

Finale Entscheidungen dazu gibt es zwar nicht. Allerdings betonte Arbeitsdirektor Wangemann laut Teilnehmerangaben bei der Betriebsversammlung, den Produktionsstandort in Rüsselsheim „stärken“ zu wollen – etwa mit dem Anlauf des Edel-Kompaktwagens DS 4 im August und dem Opel Astra im Herbst.

Im Gegenzug für die wachsenden Produktionsvolumina könnte die Entwicklung allerdings weiter zurechtgestutzt werden, fürchten viele in Rüsselsheim. Andere können hier keinen Zusammenhang erkennen.

Doch der Kostendruck bei Opel ist trotz eines Betriebsgewinns von 527 Millionen Euro in 2020 weiter hoch. Der Absatz der Marke mit dem Blitz ist im Januar und Februar im Kernmarkt Europa um fast 31 Prozent eingebrochen – auf lediglich 70.000 Einheiten.

Mehr: Opel-Chef Michael Lohscheller will in den „Angriffsmodus“ schalten.

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2 Kommentare zu "Stellantis: Opel kommt beim Personalabbau nicht voran"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Ein Problem der Deutschen. In Usa nimmt man sein Bündel und zieht um dahin wo ein Job ist. Den Deutschen fällt es unheimlich schwer sich von der "Heimat" sprich gewohnte Umgebung zu trennen. Ich kenne das aus meiner Lebenserfahrung. In meinen frühen 20igern hat mir eine Firma angeboten auf"Montage" zu gehen. Viel bessere Konditionen als meine damalige Firma. Jungverheiratet habe ich natürlich gesagt:" Mit euch Zigeunern- niemals". 8 Jahre später war ich froh bei dieser Firma eingestellt zu werden und habe im Anschluß eine wohl beispiellose Kariere gemacht, die ich in Deutschland mit meiner Ausbildung nie hätte machen können und habe den größten Teil der Welt kennengelernt. Nicht als Tourist.

  • Ist das ein Beispiel für die fehlende Beweglichkeit der deutschen Gesellschaft? Bei Tesla werden hunderte Fachleute gesucht und hier weigern sich die MA, ein sinkendes Schiff zu verlassen und dazu auch noch Abfindungen zu erhalten.
    Klar, dass nicht jeder MA bei Opel 1zu1 qualifiziert ist für Tesla, aber mit Lernbereitschaft sollte da doch was zu machen sein.
    Schade.

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