Stellenabbau Siemens schließt 2023 die Fertigung im bayerischen Ruhstorf

Schon vor fünf Jahren stand das Siemens-Werk vor dem Aus.
München Jahrelang haben sie bei Siemens um die Zukunft des Werks in Ruhstorf gerungen. Schon 2016 sollte die Fertigung ursprünglich geschlossen werden. Nun aber steht fest: Ende 2023 sollen die Bänder in dem niederbayerischen Standort stillstehen.
In Ruhstorf an der Rott fertigt Siemens unter anderem große elektrische Antriebe und Umrichter für die Öl- und Gasindustrie. Die Produktion solle bis Herbst 2023 auslaufen, bestätigte ein Siemens-Sprecher dem Handelsblatt. „Wir haben eine zu geringe Nachfrage in Europa, daher ist nur ein Werk überlebensfähig.“ Siemens wolle die Produktion am Standort Nürnberg konzentrieren.
Betroffen sind insgesamt 330 Arbeitsplätze. Ein Teil davon soll aber nach Nürnberg verlagert werden. Wegfallen sollen etwa 120 Jobs.
„Es ist natürlich bitter, dass die Produktion in Ruhstorf nach jahrelangen Bemühungen nun doch vor dem Aus steht“, sagte Siemens-Aufsichtsrat Hagen Reimer von der IG Metall dem Handelsblatt. Siemens gebe „ein weiteres Stück Wertschöpfung preis, das man mit gutem Willen und Entschlossenheit wahrscheinlich wieder auf einen stabilen Weg hätte zurückführen können“.
Zumindest habe man aber vergleichsweise gute Bedingungen und einen sozialverträglichen Abbau für die Betroffenen erreicht, sagte Reimer.
Nach Informationen des Handelsblatts aus Industriekreisen gab es bis zuletzt Sondierungen mit einem Finanzinvestor, der die Übernahme des Standorts erwog. Dieser soll dem Vernehmen nach auf einen negativen Kaufpreis gehofft haben – also darauf, dass Siemens dem Erwerber Geld mitgibt für künftige Investitionen.
Man konnte sich aber nicht einigen. Laut Verhandlungskreisen war das Konzept des Investors nicht überzeugend. In Arbeitnehmerkreisen wird das ähnlich gesehen.
Im Auftrag der Arbeitnehmervertreter hatte zudem eine Unternehmensberatung ein Zukunftskonzept für Ruhstorf entwickelt. „Dieses Konzept ist valide und eröffnet die Möglichkeit, viele wichtige Industriearbeitsplätze in Ruhstorf zu erhalten“, sagte der Passauer IG-Metall-Bevollmächtigte der Geschäftsstelle Passau, Wolfgang Nirschl, noch vor wenigen Wochen.
Bei der Abbaurunde 2016 hatte Siemens schließlich den Abbau von 600 Arbeitsplätzen in Ruhstorf verkündet. Schon damals gab es bei den Arbeitnehmern Sorgen, dass die Ausdünnung auf längere Sicht zum Aus führen könnte.
Seit Anfang Februar steht Roland Busch als Vorstandsvorsitzender an der Spitze von Siemens. Nach Einschätzung in Industriekreisen ist derzeit kein größeres, konzernweites Stellenabbauprogramm in Planung.
Nach einer Coronadelle liefen die Geschäfte in den meisten Geschäftsbereichen zuletzt auch wieder gut. Im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2020/21 (30. September) steigerte der Konzern den Umsatz um vergleichbar sieben Prozent auf 14,1 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis der industriellen Geschäfte legte um knapp 40 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro zu.
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