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Sternstunden der Wirtschaft Der Mann hinter Schneewittchen

Klare Kante: Der junge Architekt Dieter Rams entwirft 1956 einen Radio-Plattenspieler, der die Designwelt bis heute prägt – und die Firma Braun weltberühmt macht. Begonnen hatte alles mit einer Wette.
16.06.2015 - 16:59 Uhr Kommentieren
Das Tonbandgerät gehört zur Sonderausstellung „Braun HiFi: Ursprung einer Designkultur“. Quelle: picture-alliance/ dpa
Dieter Rams in der Braun-Sammlung in Kronberg

Das Tonbandgerät gehört zur Sonderausstellung „Braun HiFi: Ursprung einer Designkultur“.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Alles beginnt mit einer Wette. Nachkriegsdeutschland im Jahr 1955. Seit zwei Jahren arbeitet der junge Wiesbadener Dieter Rams schon im Frankfurter Architekturbüro von Otto Apel. An den Zeichentischen entstehen Skizzen für amerikanische Konsulate. Die Deutschen kooperieren mit den Architekten von Skidmore Owings & Merrill aus Chicago. Rams lernt den industrieorientierten Modernismus kennen. Kein schlechter Start für einen jungen Architekten. Doch Rams will mehr.

Ein Kollege schiebt ihm den Schnipsel hin, der alles verändern soll. Eine Anzeige aus der Tageszeitung. Der Ausgangspunkt der folgenreichen Wette. Gesucht: Architekt zur Festanstellung. Rams, der Architektur und Innenarchitektur an der Wiesbadener Werkkunstschule studiert und eine Schreinerlehre gemeistert hat, ist sofort interessiert – auch, wenn er von dieser Firma Braun noch nie etwas gehört hat. „Was meinst du“, ruft er dem Kollegen zu, „wer von uns wird wohl genommen?“ Das Wettrennen beginnt. Rams setzt sich an den Zeichentisch, entwirft, wie verlangt, eine Wohnung für Firmengäste. Zwei DIN-A4-Blätter reichen. Ein einfacher Grundriss, schlichte sparsame Linien, kein Brimborium.

Der Minimalismus der Ulmer Schule kommt an, Rams gewinnt die Wette. Mit seinem Credo hat er die Braun-Chefs überzeugt. Bessere Architektur, da ist der 33-Jährige sicher, kann den Menschen zum Besseren erziehen. Keine Emotionen, keine Ideologie wie bei den Nazis.

Ein Stück heile Welt

Wie sehr hatte er als Junge die Hitlerjugend gehasst, wo sie aufeinander losprügeln sollten. Und den Krieg. Die Luftangriffe. Einige Prachtstraßen seiner Heimatstadt Wiesbaden gingen in Flammen auf. Prachtvolle Bauten der Jahrtausendwende brannten aus. Während dieser Wirren trennten sich auch noch die Eltern, Martha und Erich. Rams Bezugspunkte wurden die Großeltern, vor allem die Opas.

Der eine war Schreiner, der andere Schlosser. Der Schreiner, Heinrich, ein Spezialist für Oberflächen, verwehrte sich gegen Maschinen, arbeitete nur mit seinen Händen. Der zwölfjährige Rams lernte unter seiner Obhut, traditionelle Möbel zu bauen und von Hand zu polieren. Die Einfachheit der Dinge. Die Werkstätten spendeten Geborgenheit. Hier herrschte Ordnung. Hier gab es ein Stück heile Welt.

Jetzt, da die Nazis gestürzt, die Kriegswirren vorbei sind, will Rams aufräumen. Das Chaos muss weg. Rams Werkzeuge: Bleistift und Zeichentisch. Nun also die Frankfurter Firma Braun. Ein Glücksgriff. Wenige Jahre waren vergangen, seitdem Max Braun, der Firmengründer, verstorben war. Seine Söhne Artur, 26, und Erwin, 30, schickten sich an, einiges anders zu machen. Nach all dem Schrecken der Nazizeit hatten sie die Hoffnung auf eine bessere Zukunft nicht aufgegeben.

Apples deutsches Vorbild
Ausstellung ÑStylectricalì bringt Apple-Design ins Museum
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Das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe entführt Besucher in die Design-Welt von Apple. Vom heutigen Freitag an bis Anfang kommenden Jahres zeigen die Hamburger in ihrer Ausstellung "Stylectrical" Design-Entwicklung in der Elektronikindustrie und beleuchten dabei auch das Erfolgsgeheimnis des weltweit erfolgreichen Technologieunternehmens.

(Foto: PR)
Clasic Macintosh
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Das klare und minimalistische Design von Apple gilt weltweit als stilprägend und zeigte sich schon beim Macintosh Classic von 1990 - dem ersten Macintosh für unter 1000 Dollar.

(Foto: PR)
Ausstellung ÑStylectricalì bringt Apple-Design ins Museum
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Allerdings gab es auch Brüche: Die ersten iMacs waren weniger klar und minimalistische als heutige Produkte, dafür umso bunter und verspielter.

(Foto: PR)
Ausstellung ÑStylectricalì bringt Apple-Design ins Museum
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Die Ausstellung stellt das Apple-Design in den Kontext seiner Vorbilder. Geschlagen wird ein Bogen vom Braun-Kofferradio über den Sony-Walkman bis zu aktuellen Erzeugnissen.

(Foto: PR)
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Im Fokus steht unter anderem das Design von Jonathan Ive (Foto), der seit 1997 als Senior Vice President for Industrial Design für die Gestaltung aller Geräte des kalifornischen Unternehmens verantwortlich ist. Vor etwa anderthalb Jahren hat das Hamburger Museum begonnen, Geräte im Ive-Design zu erwerben.

eMate 3000
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Ein echter Leckerbissen für Apple-Jünger dürften Ausstellungsobjekte wie das seltene "eMate300" sein, ein für den Schulbetrieb entwickelter Laptop von 1997 (Foto). Anhand des Beispiels Apple untersucht die Ausstellung, wie konsequentes Design das Erscheinungsbild einer Marke nachhaltig prägt.

(Foto: PR)
hb_appledesign
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Dem prägenden Einfluss, den Produkte aus dem Haus Braun auf das Apple-Design hatten, widmet sich die Ausstellung ausführlich.. Das charakteristische Gitter der aktuellen Mac Pros (l.) etwa gab es schon beim Kofferradio T1000C von Braun.

Schluss mit dem „Gelsenkirchener Barock“

Zwei Weltverbesserer, ganz wie Rams. Während sich Artur um die Technik kümmerte, sprühte Erwin nur so vor Visionen. Im „Spiegel“ hatte er gelesen, dass sich die kaufkräftige Käuferschar sattgesehen hatte an den voluminösen Rundfunkgeräten. Glänzend polierte Holzmöbel mit Goldleisten. Dumm nur, dass der Vater ausgerechnet diese überdekorierten Kisten jahrelang hatte produzieren lassen.

Für den Neustart lockte Erwin seinen Kamerad aus Kriegstagen, den einstigen Heeresfunker Fritz Eichler, nach Frankfurt. In ausgiebigen Spaziergängen im Vordertaunus diskutierten sie über die Zukunft der Braun AG. Eichler begeisterte den Braun-Bruder für den Bauhausstil, sie blätterten in Katalogen des New Yorker „Museum of Modern Art“. Die Braun-Produkte, da waren sie sich einig, mussten vom Schwulst befreit werden. Schluss mit dem „Gelsenkirchener Barock“. Etwas Zeitgemäßes musste her, für einen Kunden, der intelligent und unvoreingenommen ist, der unaufdringliche Produkte schätzt.

Das Motto: „Für den modernen Lebensstil“ zog sich durchs ganze Unternehmen. Braun publizierte eine Mitarbeiterzeitschrift („Der Betriebsspiegel“), plante ein Gesundheitszentrum (mit Klinik), achtete auf das Kantinenessen (aus biologischem Anbau), überarbeitete die komplette Produktpalette (mehr Unterhaltung) – selbst das Firmenlogo kam auf den Prüfstand (der Grafikdesigner Wolfgang Schmittel ließ sich was Hübsches einfallen).

Ein Mann, eine Vision
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