Susanne Klatten Ihr Geld ist nur Katalysator

Über all die Jahre an ihrer Verantwortung gewachsen.
München Neulich, so bekennt Susanne Klatten, hätte sie mal wieder spontan gespendet. „Da waren Straßenmusiker, super“, sagt sie. Man hat das Bild gleich vor Augen: Eine blonde Mittfünfzigerin kramt in der Münchener Fußgängerzone nach Kleingeld und wirft ein paar Münzen in den Hut. Alles ganz normal so weit.
Natürlich ist es nicht ganz normal, wenn Susanne Klatten Geld spendet. Das geht schon bei der Bezeichnung los, die man ihr dann gerne zuschreibt. „Susanne Klatten, reichste Frau Deutschlands“ – das sei ihr unangenehm, sagte sie jetzt im Interview mit der „Zeit“. Auch die Etiketten „Milliarden-Erbin“, „BMW-Großaktionärin“ und „Quandt-Tochter“ nervten sie sehr. Andererseits ist ihr nun einmal dieses Aktienpaket an dem Autobauer zusammen mit einigen anderen Beteiligungen vermacht worden. Und mehr als ihre geschätzten 18,5 Milliarden Euro besitzt keine andere Frau hierzulande.
Doch so will Klatten eben nicht wahrgenommen werden. Die 54-Jährige sieht sich als Unternehmerin, die ihre Milliardenbeteiligungen weiterentwickelt. Die Anstöße für neue Technologien gibt und mit ihrem Geld ins Risiko geht. Die viel Geld spendet, für Forschung, Kultur und Bildung. Sie will, dass Menschen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen können. „Das Geld soll ein Katalysator sein“, sagt Klatten.
Das passt zu ihrer Biografie. Denn obwohl sie in der elterlichen Villa in Bad Homburg aufwächst, geht es zu Hause preußisch zu. Vater Herbert Quandt war streng zu ihr und ihrem Bruder Stefan, erzählte Mutter Johanna, die im vergangenen Jahr verstarb. Denn der Unternehmer Herbert hatte seine beiden Kinder aus dritter Ehe dazu bestimmt, die wesentlichen Teile seines Vermögens weiterzuführen. Das Erbe verpflichtet: Die junge Susanne Klatten studiert Betriebswirtschaft und bereitet sich auf eine Aufgabe vor, die eigentlich viel zu früh kommt.
Zum Beispiel die Verantwortung bei BMW. Als sie Mitte der Neunziger in den Aufsichtsrat einzieht, gerät das Unternehmen nach der verpatzten Übernahme der britischen Rover-Gruppe in eine existenzbedrohende Krise. Susanne und Stefan, beide Anfang 30, greifen durch. Die verantwortlichen Manager müssen gehen, Rover wird verkauft, Tausende Jobs sind weg. So etwas prägt.
Susanne Klatten wächst an ihrer Verantwortung. Über ihre Beteiligungsgesellschaft Skion kontrolliert sie den Chemiekonzern Altana, beteiligt sich am Turbinenhersteller Nordex und investiert in den Kohlefaserspezialisten SGL Carbon. Ein mutiger Schritt. Denn die Kohlefasern aus Wiesbaden, so das Kalkül, sollen die Elektroautos von BMW leichter machen und so dem Autobauer einen Wettbewerbsvorsprung sichern.
Die Rechnung geht bis heute nicht auf: Die Elektro-BMWs verkaufen sich schleppend, das SGL-Kerngeschäft mit Graphit-Elektroden ist ein Sanierungsfall. Besser läuft BMW: Alleine 2015 kassierten die Geschwister rund eine Milliarde Euro an Dividende.
Viel Geld, das große Begehrlichkeiten weckt. Täglich erreichen sie Briefe, die sie „respektvoll und persönlich“ zu beantworten versucht. Man mag sich den Poststapel gar nicht vorstellen. Da ist ein Bummel inkognito durch die Fußgängerzone schon Erholung. Und ein bisschen Kleingeld leicht verteilt.
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