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Technologiekonzern Überraschende Personalie bei Siemens: Personalchefin Kugel vor dem Absprung

Der Aufsichtsrat wird nach Informationen des Handelsblatts den Vertrag von Janina Kugel nicht verlängern. Auch andere Top-Personalien bei Siemens sind ungeklärt.
27.07.2019 - 10:50 Uhr Kommentieren
Die Siemens-Managerin tritt auf zahlreichen Podien zu den Themen Diversity und Employer Branding auf. Quelle: dpa
Siemens-Personalchefin Janina Kugel

Die Siemens-Managerin tritt auf zahlreichen Podien zu den Themen Diversity und Employer Branding auf.

(Foto: dpa)

München Vor wenigen Tagen lud Siemens zum Sommerfest. Auf einer Bühne auf dem Wittelsbacher Platz spielte Livemusik, eine Hüpfburg war aufgebaut. Viele Mitarbeiter hatten ihre Kinder mitgebracht. Die Siemens-Familie also war zusammengekommen. „Mir geht es prächtig“, sagte Konzernchef Joe Kaeser zur Begrüßung – und stellte fest, dass er als Einziger ein Sakko trug. Heute gelte das Motto, appellierte der Vorstandschef: „Miteinander reden, nicht so viel übereinander reden.“

Das war ein frommer Wunsch. Denn es gibt bei Siemens derzeit viele Themen, über die sich trefflich tuscheln lässt. Bei keinem anderen Dax-Konzern sind so viele Führungsfragen ungeklärt. „Das ist derzeit lähmend für die Organisation“, sagt ein Insider.

Kurzfristig geklärt werden muss die Zukunft von Personalchefin Janina Kugel, ihr Vertrag läuft im Januar aus, üblicherweise regelt Siemens die Verlängerung bei einfachen Vorständen ein halbes Jahr vorher. Nach Informationen des Handelsblatts aus Aufsichtsratskreisen wird der Vertrag überraschend nicht verlängert. Zum einen suche Kugel eine neue Herausforderung, zum anderen gebe es in dem Kontrollgremium, das am Mittwoch tagt, auch kritische Stimmen über Kugels Arbeit. Damit steht eine der prominentesten Siemens-Führungskräfte vor dem Absprung.

Die Personalie Kugel ist nur eine von vielen spannenden bei Siemens. Weitere Verträge stehen zur Verlängerung an, manche Posten werden durch Kaesers radikalen Umbau überflüssig. Für den Energiekonzern, der im nächsten Jahr abgespalten wird, muss ein Chef gefunden werden.

Viele Personalfragen sind miteinander verquickt, und über allem schwebt die Frage, wie lange Kaeser wirklich noch weitermacht. Sein Vertrag läuft noch bis Anfang 2021, bislang hat er offengelassen, ob er früher aufhört oder womöglich gar verlängert. „Kaeser überrascht gern und will bis zuletzt die Kontrolle behalten“, sagt ein Insider. Die offene Frage führe aber zu Unruhe im Konzern.

Konzernumbau verändert auch den Vorstand

Überraschend kommt das nicht. „Wenn eine so gestaltende und dominierende Führungsfigur wie Joe Kaeser schrittweise die Macht abgibt, entsteht immer ein Interregnum mit einem Machtvakuum“, sagt Andreas Föller, in München gut vernetzter Gründer der Personalberatung Comites. Durch den starken Umbau müsse zudem auch die Rolle des Headquarters neu definiert werden: „Um zwei operative Geschäfte in einer Holding zu managen, braucht man keine acht Vorstände.“

Im Umfeld von Kaeser und Aufsichtsratschef Jim Hagemann Snabe wird betont, man liege im Zeitplan. Es habe immer die Reihenfolge „Strategie-Struktur-Personal“ gegolten. Die ersten beiden Punkte seien geklärt. Nun würden in den nächsten Wochen die Personalien für den neuen Energiekonzern – intern Powerhouse genannt – und das Digitalgeschäft bestimmt, das künftig den Kern von Siemens bildet.

In Industriekreisen wird dabei mit der Verlängerung des Vertrags von Cedrik Neike gerechnet, dessen Vertrag kurz nach dem Kugels ausläuft. Siemens wollte die Personalthemen nicht kommentieren.

Kugel gilt im Siemens-Vorstand als eine Art Popstar. Die Managerin tritt – gerne in Lederjacke – auf zahlreichen Podien auf. Bei Themen wie Diversity und Employer Branding, also bei der Stärkung der Marke Siemens bei Mitarbeitern und Bewerbern, habe sie eindeutig Erfolge erzielt, heißt es in Aufsichtsratskreisen. Auch habe sie ihren Teil dazu beigetragen, dass der Stellenabbau, den es bei Siemens immer wieder gibt, am Ende immer halbwegs einvernehmlich über die Bühne gebracht wurde.

Auch die Arbeitnehmer wissen sie durchaus als zwar harte, aber verlässliche Verhandlerin zu schätzen. Gewerkschaft und Betriebsrat könnten durchaus weiter mit ihr leben, heißt es in Arbeitnehmerkreisen. Manche Siemens-Manager sehen allerdings ihre vielen Auftritte kritisch.

Kritik an Kugel aus dem Aufsichtsrat

Zudem gibt es auf der Kapitalseite im Aufsichtsrat auch Kritik, bei den eigentlichen Kernaufgaben im Personalmanagement gebe es Schwächen. „Inhaltlich ist sie bei manchen Themen nicht ganz so tief drin“, sagt ein Berater. Es seien auch wegen Kugel qualifizierte Kräfte in der Personalabteilung gegangen, bei einer Verlängerung drohten weitere Konflikte.

Die Managerin hat sich eine vergleichsweise unabhängige Position im Konzern erarbeitet. „Sie kann auch gut ohne Siemens leben“, heißt es in Industriekreisen. Eine Verlängerung würde für Kugel nur „dasselbe noch mal“ bedeuten. Die Managerin werde keine Schwierigkeiten haben, anderswo unterzukommen. Womöglich sei ihr Siemens ja auch zu klein geworden – durch die Abspaltung der Energiesparte wird der Konzern deutlich schrumpfen. Eine Anfrage von Adidas soll es schon einmal gegeben haben.
Womöglich haben bei dem Abgang auch die nicht immer konfliktfreie Zusammenarbeit mit Kaeser und dessen ungewisse Zukunft eine Rolle gespielt, wird im Unternehmen gemunkelt.

Die beiden arbeiten zwar durchaus professionell zusammen, das Verhältnis sei aber distanziert und nicht spannungsfrei. Viele im Haus registrierten aufmerksam, dass Kugel vor einigen Wochen an einem Townhall-Meeting in der Siemens-Zentrale im Gegensatz zu anderen Vorständen nicht teilnahm, obwohl sie an diesem Tag im Haus war.

Die Wege von Kugel und Siemens werden sich voraussichtlich also trennen. „Das ist für das Haus schon ein Riesenverlust“, meint ein intimer Kenner der Führungsriege. Siemens habe von der Strahlkraft der Managerin profitiert. „Das wird hohe Wellen schlagen.“

Doch auch mit einem neuen Personalvorstand wären die wichtigsten Personalfragen noch ungelöst. Über allem steht die Frage, wer Chef des neuen Energiekonzerns wird, der immerhin für 40 Prozent der Umsätze steht. Formal wäre dafür Vorstand Lisa Davis zuständig. Ihr Vertrag läuft bis Oktober 2020 mit einer Option auf ein weiteres Jahr. „Davis wird das Powerhouse nicht führen, das will keiner“, heißt es in Aufsichtsratskreisen. Die Managerin erledige ihren Job als Energiechefin ordentlich, darum habe man auch verlängert. Doch brauche man für die Abspaltung mit anschließendem Börsengang jemanden mit einem anderen Profil und einer längerfristigen Perspektive.

Führung von neuem Energiekonzern ist noch ungeklärt

Der Carve-out könnte im kommenden Frühjahr über die Bühne gehen. Doch die Führungsfrage muss vorher geklärt werden, schließlich müssen die Kapitalmärkte auf den Schritt vorbereitet werden. Einer der Kandidaten für den CEO-Posten ist Michael Sen. Der Manager ist im Siemens-Vorstand für Siemens Gamesa, die Healthineers und die Global Business Services verantwortlich. In der neuen Struktur ist Siemens eher eine operative Holding. Sens Posten verliere an Gewicht, wenn Siemens Gamesa zum Energiekonzern wandere und dieser abgespalten werde.

Sen gilt auch als möglicher Chefkandidat, weil er als früherer Eon-Vorstand die Energiebranche aus Kundensicht kennt, und mit Siemens Gamesa und den Healthineers schon Erfahrungen mit dem Börsengang von Teilbereichen hat. „Womöglich lösen sich ja viele Knoten auf, wenn die Personalentscheidung für das Powerhouse gefallen ist“, sagt ein Insider.

Denn Sen werden auch Ambitionen auf die Nachfolge von Joe Kaeser nachgesagt. Der frühere Finanzvorstand der Medizintechnik-Sparte ähnelt dem Siemens-Chef. Beide galten früh als Finanzer mit tiefem Verständnis auch für strategische Themen. Und beide gelten auch als ein wenig eitel. Sollte Sen Chef von Powerhouse werden, was keineswegs gesichert ist, würden die Chancen von Roland Busch steigen. Der Chief Operating Officer und Technologievorstand gilt derzeit, knapp vor Sen, als Favorit, falls die Kaeser-Nachfolge intern geregelt wird.

Doch die Chancen der beiden hängen auch davon ab, wie lange Kaeser weitermacht. Sein Vertrag läuft bis zur Hauptversammlung Anfang 2021. „Vertragslaufzeiten kann man verkürzen, einhalten oder verlängern. Jedenfalls würde ich spätestens dann aufhören, wenn ich glaubte, dass ich unersetzlich sei“, sagte er Anfang des Jahres dem Handelsblatt.

In den kommenden anderthalb Jahren zu einer „Lame Duck“ zu werden könne nicht das Interesse Kaesers sein, meint ein Insider. Daher sei zum einen eine Verlängerung möglich, falls der Aufsichtsrat da mitspielt. Begründen könnte Kaeser dies mit dem zunehmend schwierigeren Umfeld und damit, dass er die Neuaufstellung noch etwas länger begleiten wolle, bis das neue Konstrukt stabil ist. Doch manche halten es auch für möglich, dass Kaeser irgendwann in den kommenden Monaten einen vorzeitigen Abgang verkündet. Schließlich steht die neue Strategie ja weitgehend. Und mit seinen Tweets zu politischen Themen hat Kaeser ja in den vergangenen Monaten auch gezeigt, dass es für ihn nicht nur Siemens gibt.

Spekulationen um mögliche Kaeser-Nachfolge

Schon wird in den Siemens-Fluren auch spekuliert, wie es dann mit Kaeser weitergeht. Ursprünglich hatten viele damit gerechnet, dass er nach der zweijährigen Abkühlphase Aufsichtsratsvorsitzender werden könnte. Der amtierende Chefkontrolleur Jim Hagemann Snabe ist bis Anfang 2023 gewählt, das würde theoretisch passen. Doch hat Snabe Gefallen an dem Job gefunden, viele halten ihn mit seiner Digitalexpertise für den richtigen Mann an der Spitze des Aufsichtsrats.

„Snabe arbeitet geräuschlos und wird von allen geschätzt“, heißt es in Industriekreisen. Es müsse ja auch noch der Aufsichtsratsvorsitz des neuen Powerhouse besetzt werden, meint ein Insider. Auch da sei Kaeser vorstellbar, der in den vergangenen Jahren unermüdlich um die Welt gereist war, um Aufträge für Gasturbinen und Kraftwerke zu gewinnen.

Noch ist vieles offen, für Gesprächsstoff ist bei Siemens in den kommenden Monaten gesorgt. „Wenn einmal nichts los ist“, sagte Kaeser beim Sommerfest, „sorgen wir dafür, dass was los ist.“

Mehr: In Sachsen errichten der Konzern und die Fraunhofer-Gesellschaft einen Innovationscampus. Der Fokus liegt auf dem Thema Wasserstoff. Sachsen unterstützt das Projekt.

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