Thomas Kremer Telekom-Vorstand mit Vergangenheit

Harte Vorwürfe gegen den Manager.
Bonn Der Aufsichtsrat der Deutschen Telekom hat sich in den vergangenen Wochen intensiv mit dem Vorstandstableau beschäftigt. Einige Veränderungen nahmen die Kontrolleure bereits vor. So beriefen sie den Inder Srini Gopalan zum neuen Europa-Chef. Er folgt Claudia Nemat, die künftig das Ressort Innovation im Vorstand betreut. So weit, so bekannt.
Über eine Personalie haben Aufsichtsräte besonders intensiv diskutiert – sich öffentlich aber ausgeschwiegen. Es handelt sich um Thomas Kremer, Vorstand für Datenschutz, Recht und Compliance. Der promovierte Jurist ist in dieser Funktion der oberste Saubermann des Bonner Konzerns.
Eigentlich hätte sein Mitte 2017 auslaufender Vertrag auf der Aufsichtsratssitzung Ende Juni verlängert werden sollen. Das ist nicht passiert. Einige Mitglieder des Gremiums haben Zweifel, ob dies überhaupt noch möglich ist.
Genährt werden die Zweifel von einem Verfahren der Staatsanwaltschaft Bremen. Die Ermittler haben gegen Kremer ein Verfahren eingeleitet, weil er bei seinem früheren Arbeitgeber Thyssen-Krupp Bestechung nicht unterbunden haben soll. Die Aktenlage scheint eindeutig. Unstrittig ist nach diesen, dass Mitarbeiter der Krupp-Tochter Atlas Elektronik über externe Berater Bestechungsgelder an einen hochrangigen türkischen Militär gezahlt haben. Bei internen Kontrollen wurde der Fall im April 2007 auch aufgedeckt.
Kremer war just in dem Monat zum Chef Compliance Officer von Thyssen-Krupp ernannt worden. Er sollte also im Konzern die Instrumente bereit halten, damit bei den Geschäften die Gesetze eingehalten werden.
Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft griffen diese Instrumente auch. Die Bestechung der Atlas-Mitarbeiter bei dem Geschäft mit der Türkei wurde entdeckt. Allerdings wurde diese nicht gestoppt. In den Jahren 2011 bis 2014 floss noch Geld an die Berater, die damit weiter türkische Amtsträger geschmiert haben könnten.
Kremer selbst war nicht direkt an der Aufklärungsarbeit seiner Compliance-Mitarbeiter beteiligt. Allerdings soll er über den Fortgang informiert gewesen sein, so die vorläufige Analyse der Bremer Ermittler. Ihn und andere Mitarbeiter verdächtigt die Staatsanwaltschaft daher der Bestechung in Tateinheit mit Beihilfe zur Steuerhinterziehung – begangen durch Unterlassung.
Es ist ein harter Vorwurf, den die Fahnder aus der Hansestadt noch erhärten müssen. Die Staatsanwaltschaft und die Telekom äußerten sich nicht dazu.
Kremer selbst weist die Anschuldigungen vehement zurück: „Die von der Staatsanwaltschaft Bremen erhobenen Vorwürfe sind schlicht nicht nachvollziehbar“, erklärte er. Eine Grundlage für einen Anfangsverdacht gebe es nicht, geschweige denn für eine Straftat.
In einem Blogeintrag schildert Kremer den Telekom-Mitarbeitern seine persönliche Sicht. „Der Vorwurf hat mich ziemlich umgehauen“, schrieb er im März, nachdem die Ermittlungen gegen ihn bekannt geworden waren. Gesetzesverstöße dulde er nicht, und er tue alles dafür, sie zu verhindern beziehungsweise aufzuklären.
Gelungen ist dies nicht immer. Thyssen-Krupp sah sich in den vergangenen Jahren vor allem mit seiner Werftensparte immer wieder dem Verdacht von Schmiergeldzahlungen ausgesetzt. Die Ermittlungen gegen Atlas Elektronik passen da ins Bild.
Hinzu kommt die Beteiligung von Thyssen-Krupp an Kartellen. Schlagzeilen machte vor allem das Schienenkartell, an dem der Konzern federführend beteiligt war. Als Kremer kürzlich in dem Prozess gegen zwei Kartellbrüder als Zeuge aussagte, musste er die Begrenztheit der Systeme einräumen. „Da hilft auch kein Schönreden“, hatte er gesagt.
Die Aufsichtsräte bei der Telekom verfolgen die Ermittlungen gegen Kremer mit immer größerer Sorge. Die Vorwürfe gegen Kremer könnten im Verlauf der Ermittlungen fallen gelassen werden, sagte ein Aufsichtsrat. Dies werde sich aber erst in Monaten, wenn nicht Jahren zeigen.
So viel Zeit haben die Kontrolleure nicht. Bald werden sie eine Entscheidung über die Vertragsverlängerung fällen müssen. Denn je länger sie warten, desto größer werden die Zweifel an Kremer.