Thyssen-Krupp Alte Korruptionssünden, neue Probleme

Taufe für das erste Brennstoffzellen-U-Boot für den Export auf den Namen „HS Papanikolis“ im April 2004. Beim Verkauf wurden Beamte bestochen.
Essen/Frankfurt Krupp-Patron Berthold Beitz wollte vom Militärgeschäft nichts mehr wissen. Als sein Konzern zur Jahrtausendwende mit Thyssen fusionierte, verfügte er: Waffen solle das neue Unternehmen nicht mehr bauen. Die Manager verkauften daraufhin hastig etliches Rüstungsgeschäft. Bei Thyssen-Krupp verblieb die Fertigung von Kriegsschiffen, später kam der Kieler U-Boot-Bauer Howaldtswerke Deutsche Werft (HDW) hinzu. Thyssen-Krupp Marine Systems ist eine Marktgröße.

Quelle: Unternehmen
Dieses Erbe bereitet aber nun dem Essener Mutterkonzern und seinem Vorstandschef Heinrich Hiesinger Probleme. Beim Verkauf von U-Booten und Schiffen ist dem Unternehmen offenbar jedes Mittel recht gewesen – das belegen Unterlagen, die dem Handelsblatt vorliegen. Vor Gericht sind bereits Schmiergeldzahlungen für einen Deal mit Griechenland festgestellt worden – auch andere Geschäfte sind im Zwielicht.
Der Konzernableger Marine Force International (MFI) nutzte demnach etliche Offshore-Gesellschaften, um Gelder zu dubiosen Beratern zu lotsen, die wiederum Aufträge sicherten. Nach diesem Schema eroberte Thyssen-Krupp die Türkei, Griechenland und Südkorea. Allein mit diesen lukrativen Aufträgen setzte der deutsche Konzern sieben Milliarden Euro um. An der in London angesiedelten MFI war zwar auch Ferrostaal beteiligt. In den Unterlagen werden indes vor allem Mitarbeiter von Thyssen-Krupp belastet.
Nicht immer kam der Branchenprimus zum Zug. Dem Staat Pakistan zum Beispiel ging schlicht das Geld für teure U-Boote aus. Immer aber spielte Korruption eine Rolle. In Indonesien waren die Schmiergeldforderungen so dreist, dass ein Abschluss scheiterte. In der Branche ist Bakschisch üblich. Auch Rüstungsfirmen wie Rheinmetall, Airbus und Krauss-Maffei Wegmann gerieten wegen Korruption in die Kritik. Bei Thyssen-Krupp aber sollte ein anderer Wind wehen, das versprach Vorstandschef Hiesinger.
Zum Entree hatte der von Siemens gewechselte Manager 2011 harte Sanktionen gegen kriminelle Akte und Verstöße gegen eine saubere Unternehmensführung eingeführt. Mitarbeiter, die schmieren oder bei Kartellen mitmachen, müssen gehen. Thyssen-Krupp war oft durch krumme Machenschaften aufgefallen.
Das korrupte Treiben im Schiffbau blieb den konzerneigenen Ermittlern nicht verborgen. Ihnen fielen etliche Verstöße gegen interne Richtlinien auf. Auch der Bereichsvorstand war umfassend über das Treiben informiert. Konsequenzen aber unterblieben. Noch heute arbeitet einer der Hauptverantwortlichen der auffälligen Tochter MFI bei Thyssen-Krupp. Grund für die Passivität der Konzernermittler könnte Beitz’ altes Versprechen sein. Anführer Hiesinger will die Rüstungssparte tatsächlich verkaufen – zu viel Trubel über alte Sünden stört da.
Thyssen-Krupp äußerte sich nicht konkret zu den Vorwürfen. Ein Sprecher betonte jedoch, der Marinevertrieb sei bereits organisatorisch und personell völlig neu geordnet worden.
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