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Thyssen-Krupp-Chef Hiesinger „Die Unsicherheit kommt aus dem Werkstoffgeschäft“

Hiesingers Plan ist der eines diversifizierten Industriekonzerns – und er sieht sich darin durch die Krise auf den Stahlmärkten bestätigt. Wie der Thyssen-Krupp-Chef die dringenden, die bedrohlichen und die unkalkulierbaren Probleme des Konzerns angeht.
28.01.2016 - 11:30 Uhr
„In einer solchen Krise müssen Sie einen Plan haben.“ Quelle: ap
Thyssen-Krupp-Chef Heinrich Hiesinger

„In einer solchen Krise müssen Sie einen Plan haben.“

(Foto: ap)

Düsseldorf Wenn Heinrich Hiesinger von Risiken spricht, greift er gern zu sprachlichen Bildern: Körben zum Beispiel. In den ersten Korb kommen die Probleme rein, auf die das Management konkret reagieren kann – mit verstärkten Sparprogrammen beispielsweise. Im zweiten liegen die Risiken, die sich zwar nicht in Zahlen fassen lassen, die man aber beschreiben kann – wie mögliche Auswirkungen der Dieselaffäre bei VW. Und im dritten Korb lagern all die Ängste und Sorgen, die verunsichern und fast Glaubensfragen gleichkommen.

Die Entwicklung der Rohstoff- und Stahlpreise lässt sich in alle drei Körbe packen. Mit Effizienz- und Sparprogrammen hat es Thyssen-Krupp bislang geschafft, den beschleunigten Preisverfall seit Frühjahr 2015 abzupuffern und trotzdem den operativen Gewinn zu steigern. Doch allmählich gerät der Konzern an seine Grenzen. „Im vergangenen Jahr haben wir die Kostenstruktur weiter in den Griff bekommen und die Leistungsfähigkeit verbessert“, sagte Konzernchef Heinrich Hiesinger dem Handelsblatt. „Das Umfeld ist aktuell aber geprägt von massiven Überkapazitäten und den anstehenden politischen Entscheidungen zum Emissionsrechtehandel und des EEG.“

Die Entwicklung der Stahlpreise hat für Thyssen-Krupp trotz aller Konzentration auf die Industriesparten noch erhebliche Auswirkungen auf den Geschäftserfolg. Wurden Anfang 2015 knapp 400 Euro für eine Tonne Warmbreitbandstahl gezahlt, waren es zwölf Monate später nur noch gut 300 Euro. Bei solchen Margen fällt es selbst effizienten Stahlkochern wie Thyssen-Krupp schwer, profitabel zu arbeiten. Es sind vor allem Chinas Stahlhütten, die die globalen Stahlmärkte durcheinanderwirbeln. Wann und ob ein Ende des Preisverfalls absehbar ist, wagt niemand vorherzusagen, auch Hiesinger nicht.

„In einer solchen Krise müssen Sie einen Plan haben“, sagte er. „Wenn Sie in einem solchen volatilen Umfeld versuchen, nur kurzfristig zu reagieren, nehmen Sie den Menschen um Sie herum die Orientierung und verstärken die Unsicherheit noch.“ Hiesingers Plan ist der eines diversifizierten Industriekonzerns – und er sieht sich darin durch die Krise auf den Stahlmärkten bestätigt. Denn es sind die Industriesparten, die in diesem Jahr für Stabilität bei Umsatz und Erträgen sorgen sollen. Ob das allerdings reichen wird, einen bereinigten operativen Gewinn wie prognostiziert zwischen 1,6 und 1,9 Milliarden Euro zu erreichen, bleibt eine offene Frage. Denn die Ebit-Spanne ließe sich nur halten, wenn sich die Werkstoffpreise erholen. „Die Unsicherheit kommt aus dem Werkstoffgeschäft“, sagte der Konzernchef. Es ist nicht nur die europäische Stahlsparte, auch die Hütte in Brasilien und der Werkstoffhandel der Handelstochter Materials Services sind unmittelbar von den Turbulenzen an den Stahl- und Rohstoffmärkten betroffen.

Weit entfernt scheinen da die zwei Milliarden Euro Ebit, die Hiesinger und sein Finanzchef Guido Kerkhoff mal als untere Messlatte angelegt hatten. „Wir haben einen klaren Plan, der trägt. Das haben die zurückliegenden Jahre gezeigt. Welche Verbesserungen wir allerdings pro Jahr erreichen können, das bestimmt das Umfeld“, sagt Hiesinger dazu.

Um die Abhängigkeit von der Stahltochter zu verringern, plädiert Hiesinger seit geraumer Zeit für eine Konsolidierung der Branche. Thyssen-Krupp mit Tata oder der Salzgitter AG – solche Szenarien werden im Umfeld des Konzerns und am Kapitalmarkt immer wieder mal durchgespielt. Hiesinger hält sich zu den Spekulationen bedeckt, erwartet eher einen Zusammenschluss zweier Unternehmen als eine Übernahme. Angesichts der dann zu erwartenden Kapazitätsreduzierungen verspricht er sich davon eine Verbesserung der Situation in Europas Stahlindustrie. Ob und wann ein solches Szenario Wirklichkeit werden könnte – der Thyssen-Krupp-Chef gibt sich zurückhaltend: „Das kann in einem Jahr, in fünf Jahren oder auch gar nicht passieren.“ Branchenexperten wie Marc Gabriel vom Bankhaus Lampe sind da skeptischer: „Wer will da angesichts des Marktumfeldes investieren?“, fragt er. „Ich wüsste niemanden, der den Mut dazu hätte.“

Wegen der höchst unsicheren Stahlentwicklung hält Hiesinger den Druck auf die Industriesparten hoch, bessere Ergebnisse abzuliefern. „Wir sind noch lange nicht fertig mit der Transformation“, sagt er, „auch wenn wir schon vier Jahre massiv daran gearbeitet haben.“ Aufzüge, Autokomponenten, Anlagenbau – alle Bereiche müssen deutlich profitabler werden, um den Konzern auf ein sicheres Fundament zu stellen. Ein wichtiges Signal an Anteilseigner wie den schwedischen Finanzinvestor Cevian, dem das Tempo der Veränderung nicht schnell genug ist.

Spekulationen über die Trennung von bestimmten Sparten wie den Aufzügen oder den Autokomponenten erteilte Hiesinger erneut eine Absage. „Wir haben die Strategie, unsere Industriegütergeschäfte weiterzuentwickeln und damit den Konzern stabiler zu machen. Warum sollten wir diese Zukunftsgeschäfte verkaufen?“, fragt er. Thyssen-Krupp spüre die positiven Auswirkungen dieser Strategie gerade im Komponenten- und Aufzugsgeschäft. Dort habe es Jahre gebraucht, um mit den richtigen Produkten jetzt auch die großen Aufträge an Land zu ziehen. „Die Realität der Industrie hat nichts mit kurzfristigen Trends am Kapitalmarkt zu tun.“

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