Im Geschäftsjahr 2012/13 fuhr Thyssen-Krupp das dritte Mal in Folge einen Nettoverlust ein. Mit einem Fehlbetrag von 1,5 Milliarden Euro fiel dieser zwar niedriger aus als die fünf Milliarden Euro Miese im Jahr zuvor. Die Aktionäre müssen jedoch erneut auf eine Dividende verzichten. Das könnte auch im neuen Geschäftsjahr 2013/14 der Fall sein. Thyssen-Krupp will zwar operativ zulegen, für einen Nettogewinn könnte es aber erneut nicht reichen. Zudem schwächelt nicht nur die amerikanische Stahlsparte, sondern auch das Geschäft mit dem Werkstoff in Europa und mit Teilen für die Automobilindustrie.
Thyssen-Krupp fuhr im Geschäftsjahr 2011/12 einen Nettoverlust von fast fünf Milliarden Euro ein. In den ersten neun Monaten des Ende September abgelaufenen Geschäftsjahres 2012/13 waren es rund 1,2 Milliarden Euro. Analysten zufolge schwächelt nicht nur die amerikanische Stahlsparte. Auch das europäische Stahlgeschäft, der Großanlagenbau, der Verkauf von Autoteilen und die Aufzugssparte hätten im Geschäftsjahr weniger verdient. Der Handel mit Werkstoffen und das Dienstleistungsgeschäft habe hingegen zugelegt.
Für Unruhe im Konzern sorgen auch die Pläne zum Abbau tausender Arbeitsplätze. In der Verwaltung sollen 3000 Jobs wegfallen. In der Stahlsparte will Thyssen-Krupp 2000 Arbeitsplätze abbauen. Weitere 1800 Stellen könnten durch Beteiligungsverkäufe aus dem Konzern fallen. „Wir bügeln damit auch die Managementfehler der Vergangenheit aus“, hatte Konzernbetriebsratschef Wilhelm Segerath in einem Reuters-Interview gesagt. Thyssen-Krupp will damit die Kosten um 500 Millionen Euro senken. Die Summe ist Teil der insgesamt geplanten Einsparungen des Konzerns bis 2014/15 von nun 2,3 Milliarden Euro. Das Unternehmen beschäftigt rund 156.000 Mitarbeiter, davon etwa 58.000 in Deutschland. Ein weiterer Stellenabbau ist nach den Worten von Personalvorstand Oliver Burkhard derzeit nicht geplant.
Nach einer langen Hängepartie konnte Thyssen-Krupp das Weiterverarbeitungswerk in den USA verkaufen. Das verlustreiche Rohstahlwerk in Brasilien hängt dem Konzern immer noch wie ein Klotz am Bein. Thyssen-Krupp muss neue Abnehmer für den Werkstoff in Nord- und Südamerika finden, da das US-Werk künftig weniger abnimmt. Die Kosten für beide Werke waren auf fast 13 Milliarden Euro explodiert, mehr als acht Milliarden entfielen auf Brasilien. Das US-Werk bleibt bis zu der erhofften Freigabe des Deals durch die Regulierungsbehörden noch für Monate in den Büchern. Thyssen-Krupp erwartet in der Sparte weitere Verluste - wenn auch niedrigere als bislang.
Dem Konzern sitzen die Ratingagenturen im Nacken. Thyssen-Krupp drücken Schulden von fünf Milliarden Euro. Das Eigenkapital schmolz zwischenzeitlich von 4,5 Milliarden auf 2,5 Milliarden Euro zusammen, durch eine im Dezember 2013 durchgezogene Kapitalerhöhung konnte es inzwischen auf 3,3 Milliarden Euro aufgebessert werden. Die Eigenkapitalquote ist einer der niedrigsten Werte eines Dax-Konzerns. Gespräche mit Banken sorgten Ende September für Erleichterung, nachdem dieser Wert über die Marke von 150 Prozent gestiegen war.
Der Mischkonzern wird immer wieder von Kartellverstößen und Korruptionsvorwürfen erschüttert. Vorstandschef Heinrich Hiesinger will eine neue Unternehmenskultur, in der für krumme Geschäfte kein Platz ist. Bei illegalen Preisabsprachen war Thyssen-Krupp ein Wiederholungstäter. Einem Aufzugskartell folgten Kungeleien mit Schienenherstellern. Hier einigte sich Thyssen-Krupp nun mit der Deutschen Bahn auf Schadensersatz. Wie ein Damoklesschwert hängt zudem der Verdacht über dem Konzern, sich auch an einem möglichen Kartell von Herstellern von Blechen für die Automobilindustrie beteiligt zu haben. Ob sich dieser Verdacht bestätigt, ist offen. Sollte dies aber der Fall sein, wären die Konsequenzen nicht abzuschätzen - die Autoindustrie gehört zu den größten Kunden von Thyssen-Krupp. Welchen Stellenwert die Aufarbeitung der Verstöße hat, zeigte sich auch auf der Hauptversammlung im Januar 2014: Dort schuf Thyssen-Krupp für den ehemaligen Metro-Manager Donatus Kaufmann einen neuen Vorstandsposten für Compliance.
Der Ruf des einst stolzen Unternehmens ist durch Pleiten, Pech und Pannen und die Korruptionsvorwürfe ramponiert. „Es herrschte offenbar bei einigen die Ansicht vor, dass Regeln, Vorschriften und Gesetze nicht für alle gelten“, hat Konzernchef Hiesinger beklagt. Er will aufräumen und eine neue Unternehmenskultur einführen, in der Seilschaften und blinde Loyalität nicht wichtiger sind als unternehmerischer Erfolg. Dafür braucht er die volle Rückendeckung vom Aufsichtsrat.
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Speich hat Recht. Wie soll ein Aufsichtsrat einen angeschlagenen Milliardenkonzern bei der Sanierung begleiten, wenn er von der Branche nichts versteht und er bei Pflichtverletzungen für Milliardenrisiken haften müsste. Das ist bei ThyssenKrupp auch keine esoterische Forderung,sondern Fakt. (Schienenkartell, Autoblechkartell, TK Americas, Rückabwicklung Inoxum, Aufzugskartell ist auch noch nicht vom Tisch...)
Wenn ThyssenKrupp fachkundige Aufseher mit Erfahrung im Stahlgeschäft und Anlagenbau im Aufsichtsrat gehabt hätte, wäre der TK Americas Schildbürgerstreich sicherlich ernsthafter geprüft und diskutiert worden.
Ein Aufsichtsrat ist keine bessere Stammtisch- oder Golfplatzrunde, sondern das höchste Kontrollorgan der AG, welches die Interessen der Aktionäre und Mitarbeiter ggü. dem Vorstand vertreten muss. s. nur ARAG-Garmenbeck Urteil.
Dasselbe gilt übrigens auch für andere Dax-Konzerne. Bei der Münchener Rück z.B. sitzen 9 Vertreter der Anteilseigner im AR, die weder über Erfahrung im Versicherungs- geschweige denn Rückversicherungsgeschäft verfügen. Da darf man sich nicht wundern, wenn der AR fachlich überhaupt nicht in der Lage sein kann, die katastrophalen Zustände bei der Ergo zu kontrollieren.
Mindestens die Hälfte der Aufsichtsratsmitglieder von der Kapitalanlegerseite sollte über einschlägige Branchenerfahrung verfügen.
Übrigens haben auch viele der Arbeitnehmervertreter auch noch nie wirklich im Unternehmen gearbeitet, in dessen Aufsichtsrat sie sitzen, sondern wurden von den Gewerkschaftszentralen dorthin beordert. Das vermindert die Einsichtsfähigkeit des Aufsichtsrates zusätzlich, wenn nicht mal die Arbeitnehmervertreter den Eingang zum Gebäude finden.
Wenn dann der Aufsichtsrat das Tagesgeschäft aus dem Ruder laufen lässt, wie bei ThyssenKrupp (oder der Münchener Rück) bluten dann die Aktionäre und Mitarbeiter - aber bestimmt nicht deren hochbezahlte AR-Vertreter oder Vorstände.
Entscheidend ist weniger ob der CEO diese oder jene Spezialkompetenz hat.
Wichtig ist, dass der CEO die richtigen Leute in kritischen Schlüsselpositionen setzt.
Dass er dazu zügig eine schlagkräftige Organisation schafft, die eine sowohl wirtschaftliche als auch technologische gute Entwicklung ermöglicht. Dies zeigt sich in einer konstruktiven Zusammenarbeit aller Ebenen und resultiert in immer besseren Entscheidungen und Ergebnissen. Dies ist dann eine nachhaltig positive Entwicklung des Unternehmens.
Wilhelm Lange
Stimmt -- oft genug kann man sich leider fragen: "Warum der und nicht ich?". Mit Nichtwissen im speziellen Fall könnte man oft locker mithalten ...
Wo kämen wir denn da hin, wenn in Aufsichtsräten von DAX-Konzernen Menschen mit Expertise sitzen würden.
Nicht dass ich den Vorschlag von Union Investment nicht mittragen würde. Ich würde mich sogar sehr freuen, wenn sie das durchziehen könnten.
Nur allein mir fehlt der Glaube. Die gesamte Vorstandschaft der DAX-Konzerne ist ein korrupter, in sich verschlossener Haufen, die sich immer gegenseitig die Aufsichtsratpöstchen zuschanzen. Eine Krähe hackt der anderen eben kein Auge aus.
In diesem Sinne: Viel Glück Union Investment bei eurem aussichtslosen Aufstand! Macht doch auch bei den anderen DAX-Konzernen Druck!