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Travel Ban aufgehoben USA beenden Einreisesperre für geimpfte Europäer – Was nun gilt, wer profitiert, welche Hürden bleiben

Ab November werden US-Reisen einfacher. Airlines erwarten einen Ansturm, Konzerne feiern die neuen Möglichkeiten.
21.09.2021 - 18:00 Uhr Kommentieren
Passagiere aus der EU müssen eine vollständige Impfung und einen negativen Corona-Test vorlegen. Quelle: Reuters
Passagiere am Denver Airport

Passagiere aus der EU müssen eine vollständige Impfung und einen negativen Corona-Test vorlegen.

(Foto: Reuters)

München, Frankfurt, Düsseldorf Fluggesellschaften und Reiseveranstalter richten sich auf eine stark steigende Nachfrage nach Flügen in die USA ein. Allein die Lufthansa meldete am Vormittag 40 Prozent mehr Buchungsanfragen für US-Ziele. Auch Deutschlands größter Reisekonzern Tui verspürte am Dienstagmorgen deutlich mehr Nachfrage für Ziele in den USA.

„Wir gehen davon aus, dass sich die Lockerungen auch kurzfristig in den Buchungen widerspiegeln werden“, sagte ein Tui-Sprecher dem Handelsblatt. Alle führenden Airlines prüfen, ob sie ihre Kapazitäten auf den Nordatlantikrouten in den kommenden Monaten deutlich aufstocken.

Auslöser für den Buchungsansturm ist die Ankündigung der US-Regierung von Montagabend, ab November geimpfte Reisende aus Europa ohne größere Restriktionen wieder einreisen zu lassen. Nicht nur Touristen warten seit Monaten sehnsüchtig auf die Öffnung. Die Vereinigten Staaten sind der wichtigste Investitionsmarkt für deutsche Unternehmen, sie beschäftigen rund 900.000 Menschen vor Ort.

Seit März 2020 belastet der sogenannte „Travel Ban“ die deutsch-amerikanischen Wirtschaftsbeziehungen. So werden beispielsweise weniger Maschinen und Anlagen exportiert als üblich, weil Experten für die Installation und Wartung nur mit speziellen Genehmigungen nach Übersee fliegen dürfen.

Travel-Ban sorgte für Milliardenschäden in der deutschen Industrie

In Summe dürfte die US-Einreisesperre bei der deutschen Industrie zusätzliche Kosten in Milliardenhöhe verursacht haben. Nun zeichnet sich aber eine allmähliche Rückkehr zur Normalität ab. „Die Aufhebung des Travel Ban ist eine sehr gute Nachricht für Investitionen, Innovationen und natürlich den persönlichen Austausch, der gerade bei den transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen von elementarer Bedeutung ist“, sagte Autoverbands-Präsidentin Hildegard Müller dem Handelsblatt.

Die oberste Lobbyistin der deutschen Automobilindustrie geht davon aus, dass der Geschäftsverkehr nun wieder anzieht und der Handel einen „zusätzlichen Schub“ erfährt. Die USA sind neben China der wichtigste Absatz- und Produktionsstandort außerhalb Europas, Daimler, BMW und Volkswagen und ihre Zulieferer produzieren im Süden der USA.

Auch der Maschinenbauer Trumpf, der in den USA jährlich rund eine halbe Milliarde Euro Umsatz erzielt, hofft auf zusätzlichen Rückenwind durch die Aufhebung der Reisesperre. „Unser Amerika-Geschäft hat durch Corona und den Travel Ban vorübergehend gelitten, was Ausreisemöglichkeiten für einzelne spezialisierte Service- oder Schulungsmitarbeiter für Trainings, aber auch das Aussetzen von Messen und so weiter angeht“, erklärte ein Sprecher auf Anfrage. „Wir sehen die jetzige Ankündigung der Reiseerleichterung darum sehr positiv.“

Erleichtert zeigte sich auch Ulrich Ackermann, Abteilungsleiter Außenwirtschaft beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA): „Endlich fallen die amerikanischen Einreisebeschränkungen für Geschäftsreisende aus den Schengen-Ländern weg. Damit wird ab November die aktuell größte Hürde im bilateralen Handel beseitigt“, betonte der VDMA-Experte.

Besonders erfreut auf das Ende des Travel Ban reagierte Lufthansa-Chef Carsten Spohr. „Die heute angekündigte Rücknahme von Reiserestriktionen in die USA stellt nicht nur für unsere Airlines einen großen Schritt aus der Krise dar, sondern sie ist auch eine hervorragende Nachricht für die transatlantische Partnerschaft“, erklärte der Topmanager.

Reisekonzerne hoffen auf Ticketboom in die USA

Für Deutschlands größte Fluggesellschaft sind alle Routen über den Atlantik elementar wichtig. Der Grund: Die Nordamerikastrecken waren bis zu Beginn der Pandemie die profitabelsten überhaupt im Angebot der Lufthansa. Nicht nur bei Geschäftsreisenden, auch bei Touristen sind die USA ein sehr beliebtes Reiseziel. Konzernchef Spohr hatte eigentlich gehofft, dass dieser wichtige Markt schon im September wieder zugänglich sein würde. Die grassierende Delta-Variante hatte diese Planungen aber durchkreuzt.

Beim Reisekonzern Tui rechnet man mit einer wachsenden Nachfrage, sobald die Details der Einreisebestimmungen feststehen. Die zurückliegenden Monate hätten gezeigt, dass die Menschen sehr kurzfristig buchen würden, sobald ein Land die Grenzen wieder öffne, sagte ein Sprecher. Die USA zählten traditionell zu den Top-Ten-Destinationen des Unternehmens.

Tui will deshalb sein Angebot in den nächsten Wochen aufstocken. Aus Deutschland heraus nutzt das Unternehmen auch externe Flieger wie etwa die der Lufthansa. Aus Großbritannien gibt es dagegen Direktflüge mit dem Dreamliner (Boeing 787). Auch hier werde das Angebot sukzessive aufgestockt, sagte der Sprecher. Zudem würden die gelockerten Einreisebestimmungen bei der Planung des nächsten Sommerurlaubs für Sicherheit sorgen. Tui geht deshalb davon aus, dass sich viele Kunden im Januar, wenn traditionell der Sommertrip geplant wird, für die USA entscheiden werden.

Die deutsche Airline rechnet nun mit deutlich mehr Buchungen in die USA. Quelle: dpa
Lufthansa-Chef Carsten Spohr

Die deutsche Airline rechnet nun mit deutlich mehr Buchungen in die USA.

(Foto: dpa)

Auch Abwickler von Geschäftsreisen wie American Express Global Business Travel (GBT) hoffen auf anziehende Ticketverkäufe. „Unter unseren Kunden gibt es einen großen Nachholbedarf für transatlantische Geschäftsreisen. Wir erwarten einen anhaltenden Anstieg der Buchungszahlen“, erklärte Andrew Crawley, Chief Commercial Officer von GBT. Der Manager bezeichnete die Öffnung der US-Grenzen nach 550 Tagen Sperre als einen „Schritt vorwärts für die weltweite wirtschaftliche Erholung“.

Derzeit dürfen nur US-Bürger, Besitzer einer Greencard oder bestimmte Ausnahmegruppen in existenziellen Berufen aus der EU oder Großbritannien in die USA reisen. Die Regelung wurde noch unter dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump beschlossen.

Einreise ab November möglich, doch viele Details sind unklar

Sein Nachfolger Joe Biden ließ den Beschluss lange unangetastet, jetzt lockert er aber die Vorgaben. Demnach müssen Reisende in die USA vollständig geimpft sein und benötigen einen negativen Corona-Test, der maximal drei Tage alt sein darf. Ab November soll es möglich sein.

Genaue Vorgaben, wie diese Nachverfolgung ablaufen soll, würden zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, am Montag in Washington. Offen ist, wie mit Kindern verfahren wird, die sich aktuell noch nicht impfen lassen können, aber mitreisen möchten. Und unklar ist ebenfalls, ob für den verpflichtenden Nachweis eines negativen Corona-Tests ein PCR- oder ein Antigentest benötigt wird.

Besonders heikel ist aber die Frage, welche Impfstoffe von den USA für den Nachweis einer vollständigen Impfung akzeptiert werden. Denn dort sind bislang nur drei Impfstoffe zugelassen: die Präparate von Pfizer/Biontech, Moderna sowie Johnson & Johnson. Der Impfstoff von Astra-Zeneca hat in den USA aktuell noch keine Notzulassung erhalten, wurde aber in Großbritannien und Deutschland häufig verimpft.

Während milliardenschwere Dax-Konzerne wie Siemens oder Daimler, die Zehntausende Menschen in den USA beschäftigen, die Auswirkungen des Travel Ban vergleichsweise gut wegstecken konnten, kämpften viele Mittelständler mit gravierenden Problemen. DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier schätzt, dass den deutschen Unternehmen in den USA dadurch ein Schaden in zweistelliger Milliardenhöhe entstanden ist.

Haribo kann in den USA expandieren

Für den Süßwarenhersteller Haribo war der Travel Ban besonders heikel, baut der Mittelständler doch gerade ein neues Werk im US-Staat Wisconsin. „Wir freuen uns sehr, dass wir mit den USA wieder einen unserer wichtigsten Wachstumsmärkte besuchen können“, betont deshalb ein Haribo-Sprecher. Zwar seien regelmäßige Videokonferenzen eine gute Möglichkeit gewesen, um mit den Kolleginnen und Kollegen vor Ort in Kontakt zu bleiben. „Dennoch kann das den persönlichen Austausch vor Ort nicht völlig ersetzen“, sagt er.

Kalifornien gilt als attraktives Reiseziel. Veranstalter hoffen darum auf eine Aufhebung des Travel Ban in die USA. Quelle: Reuters
Flughafen Los Angeles

Kalifornien gilt als attraktives Reiseziel. Veranstalter hoffen darum auf eine Aufhebung des Travel Ban in die USA.

(Foto: Reuters)

Der Bau ist seit 2017 geplant, es hatte in der Vergangenheit schon einige Verzögerungen gegeben. Jetzt aber liege das Unternehmen im Zeitplan, heißt es. Das habe auch an einem pragmatischen Umgang mit dem Travel Ban gelegen. „Fachleute und Manager, die für den Neubau des Werkes wichtig sind, haben in den vergangenen Monaten Sondergenehmigungen zur Einreise von der US-Regierung erhalten“, erklärt der Haribo-Sprecher. Einige hätten auch ein Visum und arbeiteten direkt vor Ort. Das Unternehmen geht davon aus, den Bau Ende kommenden Jahres fertigzustellen und 2023 mit der Hochlaufphase zu beginnen. Haribo schafft in den USA dadurch etwa 400 Arbeitsplätze.

Thomas Fischer, Aufsichtsratschef des Filterspezialisten Mann+Hummel zeigt sich ebenfalls erfreut über das Ende des Travel Bans, der ein Hindernis für das Unternehmen war. „Nur dank des sehr großen Einsatzes und immenser Anstrengungen aller Beteiligten war es unserem US-amerikanischen CEO Kurk Wilks und dem Management möglich, während der Pandemie zu reisen“, sagt Fischer. Aus seiner Sicht hätte der Travel Ban schon viel früher aufgehoben werden müssen. „Europa hat bereits im Juni die Einreisebeschränkungen für US-Bürger aufgehoben – für Reisende sollten vergleichbare Regeln in beide Richtungen gelten“.

Videokonferenzen können nicht alles ersetzen

Zwar wollen die meisten Firmen in Zukunft weniger reisen als vor der Pandemie, da viele Themen auch per Videokonferenz geklärt werden können. Aber zahlreiche Prozesse und Ideen „lassen sich nur live vor Ort diskutieren und anstoßen“, bekundet Hansgrohe-Chef Christophe Gourlan.

Sein Unternehmen produziert in der Nähe von Atlanta im Bundesstaat Georgia Armaturen für Küchen und Bäder. „Um unsere Projekte gemeinsam mit den US-Kolleginnen und Kollegin umzusetzen, bedarf es selbstverständlich auch wieder des persönlichen Austausches und vermehrter Reisen der Experten-Teams nach Atlanta“, sagte Gourlan.

Dass Reisende in die Vereinigten Staaten auch künftig einen negativen Coronatest benötigen, sieht VDMA-Außenwirtschaftsexperte Ackermann nicht als Bürde. Im Gegenteil. Vielleicht ermuntere diese den einen oder anderen ja, sich „endlich impfen zu lassen“.

Einreise nach China weiterhin problematisch

Mit der Lockerung der Einreise in die USA steigt nun auch der Druck auf China. Die Volksrepublik fahre nach wie vor eine „rigide Einreisepolitik“, kritisiert Ackermann. Doch der Handelsexperte rechnet in Fernost mit keiner schnellen Lösung. Frühestens 2023 dürfte sich China bewegen, glaubt Ackermann. Während dies für Großkonzerne kein echtes Problem darstelle, seien viele Mittelständler „echt gekniffen“, sagte Ackermann dem Handelsblatt.

Gerade in China basiere das Geschäftsleben auf persönlichen Beziehungen. Dieser Austausch sei aber durch die Restriktionen kaum möglich. Viele kleinere Unternehmen fürchten daher, dass ihnen in den kommenden Jahren noch mehr Umsatz in Fernost wegbricht.

Mehr: Indopazifik – EU stärkt Frankreich im U-Boot-Streit den Rücken

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