Thyssenkrupp-Stahlsparte: Fusion mit Tata nimmt Form an
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Trotz Arbeitnehmer-ProtestenFusion zwischen Thyssenkrupp-Stahlsparte und Tata nimmt Form an
Die Verhandlungen für eine Fusion der Thyssenkrupp-Stahlsparte mit dem Konkurrenten Tata sind auf der Zielgeraden. Noch in diesem Monat könnte der Deal zum Abschluss kommen – auch gegen Widerstand der Arbeitnehmer.
Können sich die Vertreter der Anteilseigner im Aufsichtsrat nicht mit den Arbeitnehmervertreter einigen, muss Chefaufseher Ulrich Lehner von seinem doppelten Stimmrecht Gebrauch machen.
Düsseldorf, Frankfurt Thyssenkrupp sieht trotz des Widerstands der Arbeitnehmervertreter große Chancen für eine Stahlfusion mit dem Konkurrenten Tata Steel. Die Verhandlungen seien auf der Zielgeraden, sagte ein Sprecher am Montag. Eine Einigung auf eine Absichtserklärung (MoU) für ein Joint Venture könne es noch in diesem Monat geben. Man erwarte dafür die Zustimmung der Gremien. Die Arbeitnehmervertreter kündigten umgehend Widerstand dagegen an. Da auch noch nicht von einer Prüfung der Bücher (Due Diligence) – dem wichtigsten Teil von Verhandlungen – die Rede war, dürften bis zum Abschluss der Fusion noch Monate vergehen. Auch die Kartellbehörden müssen zustimmen.
Eine für Dienstag geplante Aufsichtsratssitzung des Konzerns wurde auf das Wochenende 23./24. September verschoben. „Der Vorstand befindet sich aktuell in Gesprächen über strategische Optionen. Thyssenkrupp verschiebt deshalb die für den 12. September 2017 vorgesehene Sitzung des Aufsichtsrats, um den Aufsichtsrat über den Stand dieser Gespräche adäquat informieren zu können“, teilte der Konzern mit.
Die größten Stahlproduzenten in Deutschland
Der Stahlproduzent aus dem sächsischen Riesa wurde 1992 gegründet und produziert unter anderem Stranggussknüppel, Betonstabstahl und Walzdraht. 2016 produzierte Feralpi eine Million Tonnen Stahl.
Quelle: Wirtschaftsvereinigung Stahl
1970 wurde das Stahlwerk im bayrischen Meitingen gegründet. Das Unternehmen hat sich auf Betonstahl spezialisiert. Lech produzierte 2016 1,2 Millionen Tonnen Stahl.
1,3 Millionen Tonnen Stahl produzierte das Stahlwerk 2016. Georgsmarienhütte wurde 1856 in der gleichnamigen Stadt in Osnabrück gegründet. Das Unternehmen produziert Stabstahl, Halbzeug und Blankstahl.
Der italienische Stahlkonzern hat mehrere Werke in Deutschland. 1954 wurde das Unternehmen von den Brüdern Emilio und Adriano Riva in Mailand gegründet. 2016 produzierte Riva in Deutschland 1,8 Millionen Tonnen Stahl.
Das Hüttenwerk (Anlage zur Erzeug von Stahl und Eisen aus Erzen) mit Sitz im saarländischen Dillingen produzierte 2016 2,2 Millionen Tonnen Stahl. Das Unternehmen wurde bereits 1685 gegründet.
Der Stahlhersteller wurde 1955 im baden-württembergischen Kehl gegründet und produziert hauptsächlich für die Bauindustrie. 2016 konnte das Unternehmen 2,4 Millionen Tonnen Stahl produzieren.
1989 wurde der Stahlproduzent im saarländischen Völklingen gegründet. 2016 produzierte er 2,5 Millionen Tonnen Stahl.
Die Wurzeln der 1998 im niedersächsischen Salzgitter gegründeten Salzgitter AG gehen ins Jahr 1858 zurück. Rund sieben Millionen Tonnen Stahl produzierte das Unternehmen 2016.
Der Konzern ging 2007 aus der Fusion der niederländischen Mittal und Arcelor aus Luxemburg hervor. Der Konzern hat mehrere Standorte in Deutschland und produzierte 2016 hierzulande 7,8 Millionen Tonnen Stahl.
1999 wurden die Ruhrgebietskonzerne Krupp-Hoesch und Thyssen zusammengelegt. Deutschlandweit ist das Unternehmen mit Sitz in Essen der größte Stahlproduzent. Allein 2016 fertigte er 12,1 Millionen Tonnen Stahl.
Die Arbeitnehmervertreter gingen umgehend auf die Barrikaden. „Wir lehnen eine Fusion mit Tata ab“, sagte der Chef der IG Metall Duisburg-Dinslaken, Dieter Lieske, der Nachrichtenagentur Reuters. „Ich habe keine Anzeichen von unseren Vertretern im Aufsichtsrat, dass sie einer Fusion zustimmen werden. Wir werden auch keinem MoU zustimmen.“ Notfalls müsse Aufsichtsratschef Ulrich Lehner von seinem in Pattsituationen doppelten Stimmrecht Gebrauch machen. Die Arbeitnehmervertreter befürchten, dass Tausende Stellen gestrichen und Standorte geschlossen werden könnten.
Thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger verhandelt seit anderthalb Jahren über einen Zusammenschluss der Stahlgeschäfte. Zusammen würden sie den zweitgrößten europäischen Stahlkonzern nach ArcelorMittal schmieden. Hiesinger will damit dem Problem der Überkapazitäten in der Schwerindustrie begegnen. Er hat dieses Modell anderen vorgezogen. Diskutiert wird auch über eine Abspaltung der Stahlsparte oder eine Deutsche Stahl AG unter Beteiligung von Thyssenkrupp, Salzgitter und Georgsmarienhütte. Salzgitter lehnt dies jedoch ab.
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Wichtigste Anteilseigner von Thyssenkrupp sind die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung mit rund 23 Prozent und der schwedische Finanzinvestor Cevian mit etwa 15 Prozent. Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete, Cevian sei gegen ein Joint Venture, weil dies nicht ausreichend Synergien ermögliche. Stattdessen seien die Schweden für eine Aufspaltung des Konzerns. Bei einer gemeinsamen Ablehnung mit den Arbeitnehmervertretern wären die Pläne Hiesingers gefährdet. Cevian und Thyssenkrupp wollten den Bericht nicht kommentieren.
Thyssenkrupp Steel Europe mit Hauptsitz in Duisburg beschäftigt rund 27.000 Mitarbeiter. Bei Tata Steel sind es 21.500. Ein großes Hindernis für die Fusion waren die 15 Milliarden Euro schweren Pensionslasten von Tata in Großbritannien. Tata hatte hierfür aber kürzlich eine Einigung mit dem Pensionsfonds erzielt. Die Pensionslasten seien nun vom Unternehmen abgetrennt worden, teilte Tata am Montag mit. Die Aktien von Thyssenkrupp legten zeitweise um 3,4 Prozent zu.
Ein Scheitern der Fusion wäre eine Niederlage für Hiesinger. Der ehemalige Siemens-Manager hatte 2011 die Führung des Mischkonzerns übernommen. Er drängt seitdem die Bedeutung des konjunkturanfälligen Stahlgeschäfts zurück und setzt stattdessen auf die stabileren Technologiegeschäfte mit Aufzügen, Anlagen, Autoteilen oder U-Booten. Hiesinger habe an dem Deal mit Tata lange gearbeitet, hatte der Portfolio-Manager von Union Investment, Ingo Speich, Reuters gesagt. „Bisher ist der große Paukenschlag bei Thyssenkrupp ausgeblieben, was die Restrukturierung und die Transformation hin zum Technologiekonzern betrifft. Das ist ein zwingender Schritt, den wir jetzt sehen müssen.“
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