TRW unter Verdacht Möglicher Airbag-Fehler in 12,3 Millionen Fahrzeugen – US-Behörde ermittelt gegen ZF-Tochter

Airbags in Fahrzeugen könnten wegen einer fehlerhaften Kontrolleinheit nicht ausgelöst werden, vermutet die US-Verkehrsbehörde.
Stuttgart Die US-Verkehrsbehörde NHTSA untersucht einen möglicherweise lebensgefährlichen Airbag-Defekt in rund 12,3 Millionen Fahrzeugen. Die Behörde warnte am Dienstag vor der Gefahr, dass die Airbags wegen einer elektrischen Überlastung nicht wie vorgesehen beim Aufprall auslösen.
Das Problem vermutet die Behörde in einer Kontrolleinheit, die von der US-Tochter TRW des deutschen Autozulieferers ZF Friedrichshafen stamme. Es könne auch die Gurtstraffer betreffen. TRW wurde 2015 vom drittgrößten deutschen Autozulieferer ZF übernommen und ist inzwischen komplett in das Unternehmen integriert.
Laut NHTSA geht es um Airbags in Autos von Fiat Chrysler, Hyundai, Honda, Mitsubishi, Toyota und Kia mit Baujahren von 2010 bis 2019. Der Aufsicht zufolge stehen mindestens ein Todesfall und zwei Unfälle mit Verletzten mit dem Defekt in Verbindung. Die Behörde hatte bereits 2018 begonnen zu ermitteln.
ZF teilte in einer Stellungnahme mit, sich der Fahrzeugsicherheit verpflichtet zu fühlen und bei der Untersuchung zu kooperieren. Ein Unternehmenssprecher in den USA betonte, dass ZF die Verkehrsbehörde und die betroffenen Autobauer von sich aus informiert und sich von Anfang an an der Aufklärung des „komplexen Problems“ beteiligt habe.
Generell haben die Hersteller bei Fahrzeugen die Systemverantwortung. Nach den Dokumenten der Aufsichtsbehörde haben die Kontrolleinheiten möglicherweise wegen unfallbedingter Überspannungen im System nicht funktioniert. Die Schuldfrage ist damit noch nicht geklärt. Die NHTSA hat jetzt eine intensive technische Untersuchung angekündigt und ist damit eine Schritt näher an einer kostspieligen Rückrufaktion für die Hersteller und gegebenenfalls den Zulieferer.
Spektakulärster Fall war 2016 der Rückruf von weltweit 100 Millionen Airbags aus der Produktion von Takata. Mindestens 24 Menschen starben und über 200 wurden verletzt, weil die Airbags zu heftig auslösten. Der japanische Autozulieferer musste wegen der finanziellen Folgen des Rückrufs Insolvenz anmelden. In den USA war es einer der größten Rückrufe aller Zeiten.
Die jetzige Untersuchung steht in Zusammenhang mit einem bereits bekannten Fall. Hyundai, Kia, und Fiat Chrysler hatten wegen fehlerhafter Airbags bereits 2,5 Millionen Fahrzeuge in den USA zurückgerufen. Die Aufsichtsbehörde hatte bereits im März 2017 mit einer Untersuchung begonnen.
Dieser Fall ist auch im Geschäftsbericht von ZF unter Rechtsstreitigkeiten erwähnt. „ZF vertritt die Auffassung, keine Ursache für die Rückrufe gesetzt zu haben“, heißt es dort. Der Stiftungskonzern kündigte an, sich gegen mögliche Ansprüche zu verteidigen.
Mit anderen Worten: Die betreffenden Autohersteller und damit die Kunden haben bereits intensiven Gesprächsbedarf, wenn es um die Frage der Schuld und die Beteiligung an den Kosten geht. Rückstellungen hat ZF laut Geschäftsbericht noch nicht für die Airbag-Fälle gebildet.
„Der Fall zeigt, dass die Autoindustrie sehr wenig aus dem Takata-Fall gelernt hat“, sagte Jason Levine, Chef der US-Verbraucherorganisation der NAchrichtenagentur AP. Die ersten Fälle seien bereits vor drei Jahren bekannt geworden und es habe erst noch mehr Opfer bedurft, bis Behörden und Industrie aktiv wurden. Die NHTSA hatten die Untersuchungen erst nach zwei weiteren schweren Unfällen, bei denen die Airbags nicht auslösten, ausgedehnt und verschärft.
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