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Umbruch in Ingolstadt Die Audi-Revolution

Konzernchef Stadler plant den größten Umbruch der Firmengeschichte: Milliarden sollen in Elektroautos, autonomes Fahren und neue Dienstleistungen fließen. Dafür wird es Einschnitte bei den klassischen Autos geben.
18.07.2016 - 18:34 Uhr Kommentieren

Audi setzt ab jetzt auf Elektroautos

München, Frankfurt Für die 2800 Manager der Audi-Gruppe hat Konzernchef Rupert Stadler an diesem Mittwoch eine größere Überraschung vorbereitet. Unter dem Namen „Speed up!“ wird Stadler seinen wichtigsten Führungskräften ein radikales Umbauprogramm vorstellen. Bis zum Jahr 2025 soll aus der VW-Tochter eine „Digital Car Company“ werden, die dann Software und Elektroantriebe ebenso beherrscht wie heute Nockenwellen und Turbolader, erfuhr das Handelsblatt aus Konzernkreisen.

Stadlers Geheimplan ist ambitioniert. Bis zu ein Drittel des Entwicklungsetats, der im vergangenen Jahr 4,2 Milliarden Euro ausmachte, soll künftig in die Entwicklung von Software und digitalen Diensten fließen. Im Gegenzug wird im konventionellen Autobau entsprechend gespart. Rund ein Drittel aller Modell- und Motorenvarianten steht zur Disposition, hieß es in den Kreisen weiter. Das eingesparte Geld soll in Zukunftsprojekte wie die Entwicklung des autonomen Fahrens und die Brennstoffzellen-Technik fließen.

Das ehrgeizige Ziel: In zehn Jahren soll ein Viertel der verkauften Audis voll elektrisch fahren. Ein Teil der dafür nötigen Technologie soll in Zusammenarbeit mit IT-Unternehmen außerhalb der Konzernstrukturen entwickelt werden. Audi wollte die Pläne auf Nachfrage nicht kommentieren.

Stadler reagiert mit seinem Plan nicht nur auf die VW-Abgasaffäre, die die Dieseltechnik in Misskredit gebracht hat. Vielmehr will er sich wappnen für den Wettbewerb mit Technologieriesen wie Google, Uber und Apple, die in das Geschäft mit Mobilität drängen.

Das A3-Cabrio ist ein Schmuckstück der Audi-Modellpalette. Lange feilten die Ingenieure daran, dass sich das Verdeck bei Tempo 50 elektrisch öffnen lässt. Ein netter Gimmick für die Sonnentage im Jahr. Ganze 19.292 Kunden weltweit wussten den Aufwand 2015 zu schätzen und kauften das automobile Kleinod.

Zu wenig Ertrag für die enormen Kosten, sagt Audi-Chef Rupert Stadler heute. Und so wird das A3 Cabrio ebenso wie das dreitürige A3 Einstiegsmodell bei der Neuauflage der Baureihe wohl gestrichen. Übrig bleiben der Sportback und die Limousine, die sich jeweils zehnmal mehr verkaufen. Das Streichkonzert soll zum Prinzip erhoben werden. Insgesamt stehen bis zur einem Drittel aller Audi-Modell- und Motorenvarianten zur Disposition, erfuhr das Handelsblatt aus Unternehmenskreisen.

Es ist eine radikale Kehrtwende: War bislang kein Aufwand zu groß, um jede noch so kleine Nische im Kampf um Stückzahlen gegen Mercedes und BMW zu besetzen, so wird jetzt in Ingolstadt kräftig der Rotstift angesetzt. Denn mit der Abgasaffäre und mit dem Aufkommen neuer Technologien wie der Elektroantriebe und des autonomen Fahrens muss Audi neue Schwerpunkte setzen, um im Kampf um die Mobilität der Zukunft nicht den Anschluss zu verlieren. Die Abgasaffäre, die Audi und den Mutterkonzern viel Reputation und Milliarden kostet, soll nun als Katalysator für den Kurswechsel genutzt werden.

„Speed up!“ heißt das Programm, das Audi-Chef Stadler am Mittwoch in der Halle C der Münchener Messe seinen 2800 Führungskräften präsentieren wird. Audi mit seinen Töchtern Lamborghini und Ducati soll bis 2025 zu einer „Digital Car Company“ umgebaut werden. Im Kern geht es darum, rund ein Drittel des zuletzt 4,2 Milliarden Euro schweren Entwicklungsetats aus dem konventionellen Autogeschäft in die Entwicklung von alternativen Antrieben, autonomem Fahren und digitalen Serviceangeboten umzuschichten.

Am Ende steht die Vision eines Unternehmens, das mit seinen 82.000 Beschäftigten nicht nur Autos baut, sondern auch Dienstleistungen verkauft. „Unsere Aufgabe muss es sein, dass wir beide Welten beherrschen. Wir werden eines Tages wohl die Hälfte unseres Umsatzes in diesen neuen Feldern erwirtschaften“, sagte Stadler bereits im Interview mit dem Handelsblatt. „Das können wir nicht den Googles, Ubers und Apples dieser Welt überlassen.“

Für Stadler geht es auch um seine Position im VW-Konzern. Audi ist mit Abstand der höchste Gewinnbringer im Verbund, eine erfolgreiche Neuausrichtung der Premiumtochter ist zentral für den Neustart im Konzern. Der 53-Jährige, der seit 2007 Audi führt, will die vom Dieselskandal ausgelöste Krise nutzen, um seine Vorstellungen von der Zukunft vom Autogeschäft durchzusetzen. Das war bislang für den Betriebswirt eher schwierig. Bis vor einem Jahr musste sich Stadler meist nach den Wünschen von Volkswagen-Chef Martin Winterkorn und Audi-Entwicklungschef Ulrich Hackenberg richten, die sich mehr für durchzugsstarke Motoren interessierten als für digitale Geschäftsfelder.

Jetzt stellt sich Audi auf eine Zukunft ein, in der die Autos nicht nur elektrisch fahren, sondern zunehmend auch ohne Fahrer. Geld wird dann weniger mit der „Hardware“ Auto verdient, sondern mit Dienstleistungen wie dem Betrieb von autonom fahrenden Fahrzeugflotten. Es ist die Welt von Fahrdienstvermittlern wie Uber, die heute schon mit Margen von 20 bis 25 Prozent operieren, während selbst eine Edelmarke wie Audi mit Mühe auf eine Rendite von zehn Prozent kommt. Allerdings ist Audi selbst zu den deutschen Wettbewerbern im Rückstand. Im Gegensatz zu Daimler oder BMW hat Audi bislang keine Erfahrung mit Carsharing-Modellen wie „Car2go“ oder „Drive now“.

Um das Tempo der neuen Konkurrenten aufnehmen zu können, favorisiert Stadler das Konzept der „schnellen Brüter“. In diesen ausgelagerten Entwicklungseinheiten sollen Innovationen schneller als bisher zur Serienreife gebracht werden. Als Blaupause gilt die E-Solutions GmbH, ein Joint Venture, das Audi gemeinsam mit der Conti-Tochter Elektrobit betreibt. Das Unternehmen mit 600 Beschäftigten entwickelt die Elektronik für Entertainment und Navigation für Audi. Eine Innovation ist das „Virtual Cockpit“, das Audi nun in alle Modelle einführt. Tachometer, Drehzahlmesser und Navigation sind jetzt in einem Display vereint.

Das hohe Tempo der Entwicklung ist aber nur möglich, weil Audi an „E-Solutions“ nur zu 49 Prozent beteiligt ist. Die im VW-Konzern üblichen Regeln zu Mitbestimmung und Personalführung gelten hier ebenso wenig wie der relativ teure Metalltarifvertrag. Die von Stadler favorisierten „schnellen Brüter“ sind daher aus Sicht der starken Betriebsräte für den Betriebsfrieden tendenziell eine Risikotechnologie. Dass für die deutschen Audi-Beschäftigten bis 2018 eine Beschäftigungsgarantie gilt, entspannt die Lage.

Neu geregelt wird auch das Zusammenspiel zwischen Audi und der Konzernmutter in Wolfsburg. Unangenehm aus Sicht von Stadler ist der Plan, die Motorenfertigung im Audi-Werk in Györ in die neue Zuliefererstruktur von VW einzugliedern. Denn die Motorenlieferung aus Ungarn an die Schwestermarken galt bislang als sehr profitables Geschäft für Audi. Im Gegenzug bekommt Audi besondere technologische Kompetenzen. So wird die Motorenentwicklung in Neckarsulm künftig auch den Einsatz der Brennstoffzelle für alle Konzernmarken vorbereiten. Auch die Technik für das autonome Fahren wird künftig von Audi für alle VW-Marken entwickelt. Dazu zählt die Sensortechnik ebenso wie die Software, die bis hin zur künstlichen Intelligenz vorangetrieben wird.

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