Umstrittener Deal 380 Opel-Ingenieuren droht Zwangsversetzung zu Segula

Hunderte Mitarbeiter weigern sich, zum Dienstleister Segula zu wechseln.
München Im Opel-Entwicklungszentrum (ITEZ) in Rüsselsheim stehen die Zeichen auf Eskalation. Das technologische Herzstück des Autobauers leidet unter hohen Überkapazitäten. Um sie abzubauen, stellte das Management um Markenchef Michael Lohscheller 2030 von 6500 ITEZ-Beschäftigten seit Anfang April vor die Wahl: Entweder sie verlassen das Unternehmen über Abfindungen, Altersteilzeit sowie Vorruhestand oder sie wechseln zum französischen Dienstleister Segula, der in Rüsselsheim einen Engineering-Campus errichten will.
Ein mehrstufiger Prozess wurde aufgesetzt. In den ersten zwei von drei Phasen votierten mehr als 1.340 ITEZ-Beschäftigte gegen Segula und entschieden sich dafür, Opel auf eine andere Art Adieu zu sagen. Nun steht die dritte Stufe des Prozesses unmittelbar bevor. Am 20. Juli endete die Frist für einen freiwilligen Wechsel zu Segula. Aber nur 310 Angestellte des Autobauers haben sich dazu bereit erklärt, einen Vertrag bei dem Dienstleister zu unterschreiben.
„Um die 380 Beschäftigte haben einen freiwilligen Wechsel erneut abgelehnt“, heißt es in einem Flugblatt des Opel-Betriebsrats, das dem Handelsblatt vorliegt. Die Folge: Den 380 Beschäftigten droht nun die Zwangsversetzung zu Segula. Denn Opel und das französische Ingenieursbüro wollen unter allen Umständen an ihrer bereits im Herbst 2018 vereinbarten strategischen Partnerschaft festhalten. Ende August soll das Closing erfolgen. Die Zeit des Verhandelns ist vorbei.
Am Stammsitz von Opel in Rüsselsheim dürften nun hitzige Wochen bevorstehen. Der Betriebsrat hat die avisierte Partnerschaft mit Segula stets abgelehnt und könnte im Namen der Beschäftigten Versetzungen widersprechen. Langwierige rechtliche Auseinandersetzungen drohen. Dabei wollte die Opel-Geschäftsführung genau das tunlichst vermeiden. In Versammlungen, persönlichen Gesprächen und mehreren Info-Mails appellierten die Manager an die ITEZ-Truppe, aus freien Stücken zu Segula zu wechseln.
Zuletzt sollte ein Doppelinterview im Intranet Mitte Juli die Wende bringen. Christian Müller, Geschäftsführer für Engineering bei Opel, und Martin Lange, Deutschlandchef von Segula, hoben noch einmal die Vorteile des Deals hervor. „Ich bin überzeugt, dass die Perspektiven für alle Kolleginnen und Kollegen sehr gut sein werden“, erklärte Müller.
„Alles bleibt, wie es auch bei Opel ist“, assistierte Lange. Die Jobs der Wechselnden seien bis 2023 sicher, die Arbeitsbedingungen identisch. Doch die warmen Worte zeigten wenig Wirkung. Bei vielen Opelanern ist Segula regelrecht verhasst, sie fühlen sich verraten und verkauft.
„Das Projekt wird sehr schnell Fahrt aufnehmen“
Insgesamt sollen dennoch 690 Personen zu Segula wechseln. „310 davon haben bereits einen Arbeitsvertrag mit dem Partner unterzeichnet, zudem gibt es rund 240 Bewerbungen, die sich noch im Prozess befinden“, erklärte ein Opel-Sprecher. Sollte keiner der weiteren Bewerber einen Vertrag mit Segula abschließen, dürften am Ende 380 ITEZ-Mitarbeiter zwangsversetzt werden.
„In unserer strategischen Engineering-Partnerschaft mit Segula Technologies beginnt nun die Phase 3. Das bedeutet: Die konkrete Umsetzung des Betriebsübergangs“, heißt es in einer Mitarbeiterbotschaft von Opel-Personalchef Ralph Wangemann und seinem Geschäftsführerkollegen Müller, die dem Handelsblatt vorliegt.
An diesem Freitag sollen die 690 Wechselnden im Zuge einer Informationsveranstaltung über alle Details des weiteren Ablaufs unterrichtet werden. „Das offizielle Closing der Partnerschaft ist für Ende August geplant, dann wird das Projekt sehr schnell Fahrt aufnehmen“, schreiben Müller und Wangemann.
Segula erhält aber nicht nur Personal von Opel, sondern auch zahlreiche Assets. Nach Handelsblatt-Informationen sollen die Franzosen mehr als 20 Gebäude auf dem Opel-Konzerngelände bekommen sowie 120 Motoren- und Rollenprüfstände. Darüber hinaus erhält Segula das gesamte Opel-Testgelände in Dudenhofen und wird mit Garantieaufträgen sowie einer Mitgift im niedrigen dreistelligen Millionenbereich ausgestattet.
Das Familienunternehmen mit Sitz in Nanterre bei Paris will in Rüsselsheim Facelifts und Derivate von Fahrzeugmodellen auf bestehenden Plattformen durchführen, also etwa aus einer Limousine einen SUV formen. Segula will den kompletten Entwicklungszyklus abdecken von Fahrzeug und Antriebsstrang.
Die Firma ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen, beschäftigt in 30 Ländern fast 12.000 Mitarbeiter. Aber ausgerechnet in Deutschland, dem wichtigsten Automarkt Europas, ist Segula bisher ein weitgehend unbekannter Zwerg. Durch die Partnerschaft mit Opel soll sich das ändern – wenngleich der Umfang des Deals mit 690 statt 2030 Mitarbeitern nun weit geringer ausfällt als ursprünglich vorgesehen.
Mehr: Michael Lohscheller hat Opel im Eiltempo auf Vordermann gebracht. Der Autobauer glänzt mit einem Rekordergebnis – strategische Defizite bleiben jedoch.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.
Sehr interessant ....Immer wenn Opel im Aufwind ist kommen wieder irgendwelche Negativberichterstattung die jeder schin seit gefühlten 3 Monaten kennt .Was sind 300 Ingenieure die versetzt werden gegen 20000 Menschen die bei der deutschen Bank durch die Hintertür rasugeworfen werden .