Unkrautvernichter Prüfbehörden stützen EU-Neuzulassung von Glyphosat – Bayer begrüßt Ergebnis, Umweltschützer sind entsetzt

Das Unkrautvernichtungsmittel Roundup wird von Bayer vertrieben.
Düsseldorf Im laufenden Verfahren für eine erneute EU-Zulassung des Unkrautvernichters Glyphosat haben die Hersteller einen wichtigen Fortschritt erzielt. In einer jetzt veröffentlichten Studie kommen mehrere europäische Zulassungsbehörden zu dem Schluss, dass das Pflanzenschutzmittel kein Risiko für Verbraucher darstellt und alle Zulassungskriterien erfüllt.
Die Untersuchung ist ein erster, aber richtungsweisender Schritt im aktuellen Verfahren der Europäischen Union. Die Lizenz für den Einsatz von Glyphosat innerhalb der EU läuft Ende 2022 nach fünf Jahren aus. Mehrere Agrarchemiefirmen, unter anderem die Bayer AG, haben eine neue Zulassung des umstrittenen Mittels bei der EU-Kommission beantragt.
Nun bekommen sie mit dem Urteil der Risikobewerter Rückenwind. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hatte vier Prüfbehörden aus EU-Ländern um eine wissenschaftlich orientierte Bewertung der Sicherheit von Glyphosat gebeten – aus Frankreich, Schweden, Ungarn und den Niederlanden.
Diese sogenannte Assessment Group on Glyphosate (AGG) kommt übereinstimmend zu dem Schluss, dass das Mittel nicht krebserregend ist und auch nicht das menschliche Erbgut schädigt. Es sei „kein chronisches oder akutes Risiko für den Verbraucher durch die Behandlung von Nutzpflanzen mit Glyphosat“ erkennbar.
Die AGG stützt sich dabei auf vorliegende wissenschaftliche Untersuchungen, epidemiologische Studien und statistische Analysen. Insgesamt wurden 1.500 Studien und 12.000 wissenschaftliche Artikel ausgewertet.
Umweltschützer sind empört – Bayer begrüßt Ergebnis
Ihr Urteil hat politische Brisanz. Europäische Umweltschützer kämpfen seit Jahren gegen den Einsatz von Glyphosat in der Landwirtschaft. Sie machen die massenweise Verwendung für den Verlust von Biodiversität verantwortlich und warnen vor gesundheitlichen Risiken. Die Krebsagentur der Weltgesundheitsbehörde IARC hatte Glyphosat im Jahr 2015 als „potenziell krebserregend“ eingestuft.

Der Einsatz von Glyphosat zu Unkrautbekämpfung ist umstritten.
Glyphosat-Gegner zeigten sich von dem Urteil der nationalen Prüfbehörden entsetzt und kritisieren, dass deren Betrachtung auf veralteten und von der Industrie erstellten Studien beruhe: „Es müssen endlich unabhängige Studien zum Krebsverdacht herangezogen werden“, sagte der Grünen-Europaabgeordnete Martin Häusling dem Handelsblatt. Zudem müsse „die katastrophale Wirkung auf die Artenvielfalt für die kommende Bewertung von Glyphosat mitberücksichtigt werden“, ergänzte er.
Bayer begrüßte die Ergebnisse des Bewertungsberichts in einer Stellungnahme. Der Leverkusener Konzern gehört zu den größten Herstellern glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel und macht damit mehrere Milliarden Euro Umsatz.
Allerdings läuft das Geschäft zum überwiegenden Teil außerhalb Europas ab: vor allem in den USA, Mexiko und Brasilien. Bayer kämpft in den USA seit Jahren mit Schadensersatzklagen. Private Nutzer sind an Non-Hodgkin-Lymphdrüsenkrebs (NHL) erkrankt und machen dafür den glyphosathaltigen Unkrautvernichter Roundup verantwortlich, den Bayer im Zuge der Monsanto-Übernahme erworben hat.
Die Kontrahenten im Glyphosat-Streit haben nun bis September Zeit, sich zu der Einstufung der vier Prüfbehörden zu äußern. Danach wird sich die EFSA und die Europäische Chemikalienbehörde der Untersuchung annehmen und der EU-Kommission im Sommer 2022 eine Bewertung geben.
Experten halten es für gut möglich, dass die EU-Behörden auf Basis der aktuellen Studie keine grundlegenden Bedenken gegen eine neue fünfjährige Lizenz für Glyphosat äußern werden. Die Behörden geben an, sich streng an vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen zu orientieren.
Bleibt der Unkrautvernichter Glyphosat also doch noch am Markt?
Am Ende des Verfahrens entscheiden die 27 EU-Mitgliedstaaten mit qualifizierter Mehrheit über eine weitere Zulassung. Mindestens 14 Staaten müssen also für oder gegen die Zulassung stimmen, damit eine Entscheidung fällt. Lange Zeit galt es als sicher, dass Länder wie Frankreich, Deutschland, Italien und Österreich sich gegen eine neue Lizenzvergabe an die Agrarchemieunternehmen stemmen werden.
Doch in der Praxis tun sich die Regierungen schon auf nationaler Ebene mit Verboten schwer. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron rief schon 2017 das Ziel aus, das Land werde binnen drei Jahren den Einsatz von Glyphosat in der Landwirtschaft verbieten. Macron scheiterte mit dem Vorhaben aber im Parlament und mit Blick auf die massiven Proteste der Bauern.
Österreich hat im Mai 2021 ein weitreichendes Verbot von Glyphosat beschlossen – es gilt jedoch nur für die private Verwendung in Hausgärten und für den Einsatz in öffentlichen Grünflächen. In der Landwirtschaft darf der Unkrautvernichter weiter eingesetzt werden.

Umweltschützer und Politiker demonstrieren seit Jahren gegen Glyphosat wie hier 2016 vor dem Reichstagsgebäude .
Die Bauern fürchten um ihre Ernten, wenn sie ihre Felder vor der Aussaat nicht mehr mit Glyphosat behandeln dürfen. Das Mittel ist im Kampf gegen Unkraut auf dem Acker noch immer die erste Wahl. Jedes Jahr werden Tausende Tonnen auf europäischen Feldern versprüht.
In Deutschland ist der Glyphosat-Ausstieg längst beschlossene Sache – eigentlich. Nach zähem Ringen hatte sich die Bundesregierung im Februar auf ein Gesetz geeinigt. Es sieht ab 2023 zunächst eine Begrenzung und ab 2024 ein komplettes Verbot vor. Ausnahmen gibt es für den Anbau von Gemüse, Obst, Hopfen und Wein.
EU-Insider hält Verlängerung der Lizenz für ausgeschlossen
Doch das Gesetz ist noch immer nicht rechtskräftig. Vor der Sitzung des Bundesrats im Mai wurde das Thema auf Wunsch der CDU/CSU-geführten Länder von der Tagesordnung genommen. Umweltverbände vermuten, dass im Hintergrund um weitere Ausnahmen und Entschädigungen gerungen wird. Ob das Gesetz in der nächsten Sitzung Ende Juni beschlossen wird, ist offen.
Die Hersteller setzen bei der anstehenden Lizenzvergabe auf einen wissenschaftlich orientierten Prozess und wollen die Politik so argumentativ unter Druck setzen, wenn es Ende 2022 zu einer Entscheidung kommt.
Schon 2017 war der Beschluss über eine Fünf-Jahres-Lizenz in der EU in letzter Sekunde für Glyphosat gefallen – dank der plötzlichen Zustimmung Deutschlands, die innerhalb der Großen Koalition nicht abgestimmt war und in Berlin eine handfeste Regierungskrise auslöste. Bis Ende 2021 kann es zudem dauern, bis klar ist, welche Parteien in der nächsten Bundesregierung vertreten sind und sie führen werden. Im September findet die Bundestagswahl statt.
Dass sich dies 2022 wiederholt, halten Beobachter für ausgeschlossen. „Ich glaube nicht, dass es eine ernsthafte Chance für eine Verlängerung der Glyphosat-Lizenz gibt“, sagt ein Insider, der auf EU-Ebene das Verfahren begleitet. „Dafür ist die politische Stimmung gegen das Mittel zu aufgeheizt.“
Mehr: Abschrecken und locken – wie Bayer eine neue Glyphosat-Klagewelle verhindern will
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Reicht es nicht langsam, es wird nur noch von Umweltschützern gesprochen.
Umweltschützer hier und gegen das da. Wozu das führt haben wir in München gesehen.
Haben die Journalisten keine eigene Meinung mehr ?
Oder wollen die Medien sich zum Sprachrohr der GRÜNEN erklären ?? Traurig das auch das
HB auf diesen Zug aufspringt, ohne nachzudenken welche Konsequenzen das Ganze letztlich hat. Aber mit Hilfe der sogenannten Umweltschützer wird Deutschland schon die Welt retten. Hoffentlich geht der Schuss nicht wieder nach hinten los.
Ich denke es wäre an der Zeit, dass die Politik einem deutschen Konzern (Bayer), der wegen dieses Mittels in den USA unter heftigem juristischen Beschuss ist, zumindest moralisch bespringen, statt sich von den linksgrünen Desinformationen verängstigen zu lassen.
Das Glyphosat als Erntehelfer großflächig eingesetzt wird ist doch nur wenigen bekannt.
Damit wird ein Reifeprozeß angestoßen, um auf diese Weise fortgesetztes Ernten mit den Maschinen zu erreichen.
Glyphosatrückstände im Getreide und damit auch im Mehl wird hingenommen.
Und das alles wegen der Rendite.
Es erscheint mir fraglich, ob die demagogische Ablehnung von Glyphosat auch nur im Ansatz hilft. Wenn ich sehe, wie sogenannte Biolandwirte Schwermetall in Form von Kupfer ausbringen, so ist mir (und sicherlich auch der Natur) der Einsatz des spezialisierten Mittels Glyphosat 10 mal lieber