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Untreue-Prozess Ex-VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh: „Die Angebote waren klar, ich hätte nur Ja sagen müssen“

Der frühere Arbeitnehmervertreter musste in Braunschweig im Prozess gegen zwei Ex-VW-Personalvorstände als Zeuge aussagen. Durfte er wie ein Manager bezahlt werden?
20.09.2021 - 17:43 Uhr Kommentieren
Aus Sicht der Strafermittler spielt der frühere VW-Betriebsratschef, der als Zeuge gehört wurde, eine entscheidende Rolle im Braunschweiger Verfahren. Quelle: via REUTERS
Bernd Osterloh

Aus Sicht der Strafermittler spielt der frühere VW-Betriebsratschef, der als Zeuge gehört wurde, eine entscheidende Rolle im Braunschweiger Verfahren.

(Foto: via REUTERS)

Braunschweig Eigentlich arbeitet Bernd Osterloh jetzt in München. Seit Mai ist er Personalvorstand bei Traton, der Lastwagen-Tochter des Volkswagen-Konzerns. Doch an diesem Montag hat Osterloh noch einmal die eigene Vergangenheit als mächtiger VW-Betriebsratschef eingeholt.

Der 65-Jährige musste als Zeuge vor Gericht aussagen. In Braunschweig läuft seit zwei Wochen ein Strafprozess gegen die beiden ehemaligen Volkswagen-Personalvorstände Horst Neumann und Karlheinz Blessing sowie zwei weitere frühere VW-Personalleiter. Ihnen wirft die Staatsanwaltschaft Braunschweig Untreue vor. Über viele Jahre hinweg hätten sie einer ganzen Reihe von Betriebsräten zu hohe Gehälter bewilligt, wahrscheinlich um sich das Wohlwollen der Arbeitnehmervertreter zu erkaufen. Auf gut fünf Millionen Euro belaufe sich der Schaden, schreiben die Staatsanwälte in ihrer Anklage.

Aus Sicht der Strafermittler spielt Osterloh eine entscheidende Rolle in diesem Verfahren. Deshalb ist er am Montagvormittag als einer der wichtigsten Zeugen zu diesem Strafprozess geladen. Der frühere Betriebsratschef gehört nicht zu den Angeklagten.

Ganz ohne Risiko ist der Prozess jedoch auch für den jetzigen Traton-Vorstand nicht. Gegen ihn wird wegen möglicher Beihilfe zur Untreue ermittelt. Aber erst wollen die Staatsanwälte das Verfahren gegen die Hauptverantwortlichen zu Ende bringen – und das sind aus ihrer Sicht die vier ehemaligen angeklagten VW-Manager.

Osterloh hat als Betriebsratschef über die Jahre hinweg Millionen verdient. In Spitzenjahren mit hohen Erfolgsboni gab es für ihn mehr als 700.000 Euro jährlich. Deutlich mehr als das, was bei Volkswagen ein Werker am Band verdient, und ungefähr das, was Topmanager unterhalb des Vorstands in aller Regel mit nach Hause bringen.

Die Staatsanwaltschaft hat ihre Anklage auf einem Gehaltsvergleich zu den VW-Beschäftigten aufgebaut, mit denen Osterloh vor mehr als 40 Jahren seine Karriere beim Wolfsburger Autohersteller begonnen hatte. Damals war er in der Fahrzeugfertigung tätig, als sogenannter „Beanstandungsbeheber“. Osterloh sorgte dafür, dass die letzten Mängel von fabrikneuen Autos beseitigt wurden und dass sie voll funktionsfähig bei den Kunden ankamen.

Osterlohs völlig andere Sichtweise

Das Gehalt eines Betriebsrats dürfe nicht ins Unermessliche wachsen, so die Braunschweiger Staatsanwälte in ihrer Anklage. Gehaltserhöhungen müssten sich an dem orientieren, was ein Betriebsrat an seinem letzten regulären Arbeitsplatz wahrscheinlich an Lohnsteigerungen erreicht hätte. Im Falle von Bernd Osterloh hätte das Jahresgehalt demnach wohl kaum über 100.000 Euro hinausgehen dürfen.

Bei seiner Vernehmung durch die Braunschweiger Strafkammer sah Bernd Osterloh das völlig anders. Eine gute Stunde dauerte sein Auftritt vor Gericht. Minutiös schilderte er seinen beruflichen Aufstieg vom Bandwerker bis an die Spitze der Arbeitnehmervertretung. Als oberster Konzernbetriebsrat traf er sich mit der Bundeskanzlerin, mit Ministerpräsidenten und wie selbstverständlich regelmäßig mit der Porsche-Piëch-Familie, die als wichtigste Eignerin rund 53 Prozent der VW-Stimmrechte hält. Eine Welt, die nur noch sehr begrenzt mit dem Alltag am Band zu tun hatte.

Wiederholt sind Osterloh Managementposten im Konzern angeboten worden. Erst sollte er VW-Personalchef für Deutschland werden, später sogar das gesamte Personalressort im Konzernvorstand übernehmen. Staatsanwältin Sonja Walther äußerte Zweifel, dass das ernsthaft gemeinte Angebote waren. Es fehlten die schriftlichen Nachweise, dass es diese Jobofferten tatsächlich gegeben habe.

Idee des Aufsichtsratsvorsitzenden Ferdinand Piëch

Bernd Osterloh wies diese Vermutung zurück. „Die Angebote waren klar. Ich hätte nur Ja sagen müssen, dann wäre das umgesetzt worden“, sagte er vor Gericht. Die Idee, ihn zum Konzernvorstand zu machen, sei erstmals vom damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Ferdinand Piëch aufgebracht worden. 2015 hätte er dann wechseln können. Doch wegen der aufkommenden Dieselaffäre habe er sich entschieden, auf der Arbeitnehmerseite zu bleiben, um die Belegschaft vor drohenden Belastungen aus der Affäre zu schützen.

Das Gericht unter seinem Vorsitzenden Bohle Behrendt schien den Erklärungen von Bernd Osterloh zu glauben. Für den Ausgang des Verfahrens ist das extrem wichtig: Denn wenn Bernd Osterloh bei seiner Gehaltsentwicklung mit Vorständen und Managern und eben nicht mehr mit den früheren Kollegen aus Bandzeiten verglichen wird, dürfte die Anklage gegen die vier VW-Manager kaum zu halten sein. Zumal Osterloh mit seinem Wechsel zu Traton inzwischen tatsächlich Vorstand geworden ist.

Für das gesamte Verfahren sind insgesamt elf Prozesstage angesetzt worden. Die Urteilsverkündung ist bislang für Ende Oktober geplant.

Mehr: VW zieht arbeitsrechtlich Schlussstrich und einigt sich in Affäre um zu hohe Gehälter mit 15 Betriebsräten vor Gericht

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