Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Untreue-Prozess Vier angeklagte VW-Manager im Strafprozess um Betriebsratsgehälter freigesprochen

Kernpunkt des Verfahrens war die Vergütung von leitenden Betriebsräten beim größten europäischen Autobauer. Die angeklagten Personalmanager von VW wurden nun freigesprochen.
28.09.2021 Update: 28.09.2021 - 12:41 Uhr Kommentieren
Die Freisprüche für die VW-Personalmanager sind aufgehoben. Sie müssen doch wieder eine strafrechtliche Verfolgung befürchten. Quelle: dpa
Horst Neumann (l). und Karlheinz Blessing

Die Freisprüche für die VW-Personalmanager sind aufgehoben. Sie müssen doch wieder eine strafrechtliche Verfolgung befürchten.

(Foto: dpa)

Braunschweig Im Untreueprozess um die jahrelange Genehmigung hoher Gehälter für leitende Betriebsräte bei Volkswagen hat das Landgericht Braunschweig die vier angeklagten Personalmanager freigesprochen. Die zuständige Kammer verkündete am Dienstag ihr Urteil in dem Strafverfahren.

„Bei keinem der Angeklagten ist der Vorsatz der Untreue festzustellen“, begründete der Vorsitzende Richter Bohle Behrendt die Freisprüche. Bei Untreuestraftaten gehe es häufig um persönliche Bereicherung. Die könne den vier VW-Personalmanagern nicht vorgehalten werden. Fahrlässigkeit sei ebenfalls kein Grund für eine Verurteilung. „Fahrlässige Untreue ist nicht strafbar“, sagte Behrendt.

Gleichwohl beklagte der Richter die rechtliche Unklarheit. Im Betriebsverfassungsgesetz sei nicht eindeutig geregelt, was Betriebsräte verdienen dürften. „Der Gesetzgeber wäre zu einer Neuregelung aufgefordert“, so Behrendt. Das Betriebsverfassungsgesetz stammt aus dem Jahr 1972. Darin wird nicht darauf eingegangen, dass Betriebsräte großer Unternehmen innerhalb der Arbeitnehmervertretung Karriere machen und näher an das Management eines Unternehmens heranrücken – und damit besser bezahlt werden können.

Die Freisprüche hatten sich bereits während der vergangenen Verhandlungstage abgezeichnet. Ursprünglich sollte der Prozess, der Anfang September begonnen hatte, bis Ende Oktober dauern. Doch die Strafkammer des Landgerichts Braunschweig drückte aufs Tempo und schloss die Beweisaufnahme viel früher als erwartet ab. Zusätzliche Zeugen wurden nicht mehr gehört.

Prozessbeobachter werteten das schon als Vorentscheidung dafür, dass das Verfahren mit Freisprüchen für die vier Angeklagten enden würde. Als Richter Behrendt in der vergangenen Woche für diesen Dienstag die Urteile und damit auch das schnelle Ende des Prozesses avisierte, waren die größten Zweifel an den Freisprüchen für die vier ehemaligen VW-Personalverantwortlichen beseitigt.

Die Anklage der Staatsanwaltschaft war von Beginn an zum Scheitern verurteilt. „Die Staatsanwaltschaft hat sich völlig verrannt und sich nie mit den Argumenten der Verteidigung auseinandergesetzt. Das hat nun erstmals das Landgericht gemacht und völlig zu Recht freigesprochen“, kommentierte Niklas Auffermann, Verteidiger des früheren VW-Personalleiters Martin Rosik.

Hanns Feigen, Verteidiger von Ex-Personalvorstand Karlheinz Blessing, resümierte: „Eine erfreuliche Entscheidung, die klarstellt, dass entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft die Vergütung der Betriebsräte bei VW strafrechtlich nicht zu beanstanden ist.“ Feigen appellierte zugleich an die Politik, für klare Vorgaben zu sorgen. „Es fehlt eine klare gesetzliche Regelung“, sagte er.

Volkswagen begrüßte die Entscheidung des Braunschweiger Gerichts. Im aktuellen Verfahren habe „kein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten der Angeklagten“ vorgelegen, sagte eine Konzernsprecherin. Das Unternehmen habe das Vergütungssystem für Betriebsratsmitglieder zusammen mit Rechtsexperten ausgearbeitet.

„Die Entscheidung des Landgerichts Braunschweig sendet nun hoffentlich ein klares Signal an den Gesetzgeber“, sagte ein Sprecher des VW-Betriebsrates. Das Betriebsverfassungsgesetz sei bald 50 Jahre alt und reformbedürftig bei der Bezahlung von Betriebsräten. „Die Konkretisierung ist dringend notwendig.“

Osterlohs Aussage hatte wesentlichen Einfluss

In der vergangenen Woche hatte der ehemalige Konzernbetriebsratsvorsitzende Bernd Osterloh als Zeuge ausgesagt. Vor Gericht bestätigte er, dass ihm mehrfach Positionen im Topmanagement des VW-Konzerns angeboten worden seien – bis hinauf zum Chef des Personalressorts im Konzernvorstand mit jährlichen Millionenbezügen.

In der Vergangenheit hatte der 65-Jährige solche Angebote stets abgelehnt, weil er seinen Platz aufseiten der Belegschaft sah. Im Mai entschied er sich jedoch anders und wurde Personalvorstand bei der VW-Lastwagentochter Traton – mit einem geschätzten Jahresgehalt von rund zwei Millionen Euro. Zu seinen besten Betriebsratszeiten verdiente Osterloh bis zu 750.000 Euro im Jahr.

Osterlohs Aussage hatte einen wesentlichen Einfluss auf die Freisprüche der vier VW-Manager. Bei der Bezahlung eines freigestellten Betriebsrates spielt die Vergleichbarkeit mit anderen Mitarbeitern eine ganz zentrale Rolle. Da Osterloh mehrfach Toppositionen angeboten worden waren, ist er mit dem Management im Konzern vergleichbar – und darf entsprechend gut verdienen. Richter Behrendt teilte diese Auffassung. „Das waren reale Stellenangebote“, sagte er in der Urteilsbegründung.

Die Staatsanwaltschaft in Braunschweig ließ sich von diesen Argumenten nicht umstimmen und blieb bei ihrer Linie. Staatsanwältin Sonja Walther hielt am Montag in ihrem Plädoyer am Untreuevorwurf für die früheren Volkswagen-Personalvorstände Horst Neumann und Karlheinz Blessing sowie zwei ehemalige VW-Personalleiter fest.

Unmittelbar nach der Urteilsverkündung lehnte Staatsanwältin Walther eine Stellungnahme ab. Die Ermittler werden wahrscheinlich erst die schriftliche Urteilsverkündung abwarten, bevor sie über eine Revision in der nächsthöheren Instanz entscheiden.

Die Angeklagten haben dem VW-Konzern aus Sicht der Staatsanwaltschaft „pflichtwidrig und vorsätzlich“ schweren Schaden zugefügt, weil sie führenden Arbeitnehmervertretern – wie dem ehemaligen Konzernbetriebsratschef Osterloh – überzogene Gehälter zugebilligt hätten. Die Topmanager hätten sich damit das Wohlwollen der Betriebsräte sichern wollen. Die Anklagevertreter bezifferten den Schaden für das Unternehmen auf mehr als fünf Millionen Euro.

Staatsanwältin Walther forderte für Ex-Vorstand Neumann eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten sowie eine Geldauflage von 1,5 Millionen Euro, die er für einen gemeinnützigen Zweck zahlen solle. Für Neumanns Nachfolger Blessing forderte Walther zehn Monate auf Bewährung und 200.000 Euro Geldbuße. Die größere Zahl von Gesetzesverstößen habe es in der Amtszeit von Neumann gegeben, bei Blessing seien es weniger Fälle gewesen.

Auch für die anderen beiden VW-Personalmanager verlangte die Staatsanwaltschaft Bewährungs- und Geldstrafen. In dem einen Fall waren es zwei Jahre auf Bewährung und 750.000 Euro, im zweiten Fall sechs Monate und 30.000 Euro.

Wahrscheinlich keine weitere strafrechtliche Verfolgung Osterlohs

Mit den Freisprüchen für die vier VW-Personalmanager muss wahrscheinlich auch Ex-Betriebsratschef Osterloh keine weitere strafrechtliche Verfolgung befürchten. Gegen ihn hatte die Staatsanwaltschaft ein zweites Verfahren wegen Beihilfe zur Untreue angestrengt.

Osterloh war Mitglied einer Konzernkommission bei Volkswagen, in der die Bezahlung führender Betriebsräte festgelegt wurde. Da das Verfahren gegen die Hauptverantwortlichen aus dem Personalmanagement nun seinem Ende zugeht, dürfte das diesem Prozess untergeordnete Beihilfeverfahren gegen Osterloh absehbar eingestellt werden.

Mehr: Ex-VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh: „Die Angebote waren klar, ich hätte nur Ja sagen müssen“

Startseite
Mehr zu: Untreue-Prozess - Vier angeklagte VW-Manager im Strafprozess um Betriebsratsgehälter freigesprochen
0 Kommentare zu "Untreue-Prozess: Vier angeklagte VW-Manager im Strafprozess um Betriebsratsgehälter freigesprochen"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%