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Urteil EuGH gibt Autokonzernen recht – Preise für Ersatzteile bleiben hoch

Autokonzerne müssen freien Konkurrenten nicht alle Informationen zu Ersatzteilen zukommen lassen, urteilt der EuGH. Die Freien Werkstätten geben sich aber noch nicht geschlagen.
19.09.2019 Update: 19.09.2019 - 16:52 Uhr Kommentieren
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) lehnt ein Ausweitung des Zugriffs auf elektronische Ersatzteilinformationen von Autoherstellern durch freie Werkstätten ab. Quelle: imago stock&people
Reifenlager in einer Autowerkstatt

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) lehnt ein Ausweitung des Zugriffs auf elektronische Ersatzteilinformationen von Autoherstellern durch freie Werkstätten ab.

(Foto: imago stock&people)

Düsseldorf Eigentlich hatten sich schon alle auf einen Erfolg vor Gericht eingestellt. Rechtsberater hatten die Devise ausgegeben, dass die freien Händler von Autoersatzteilen an diesem Donnerstag mit ihrer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg auf jeden Fall recht bekommen würden. Es gebe keine großen Zweifel daran, dass sich die freien Teilehändler letztlich gegen die mächtigen Autokonzerne durchsetzen würden.

Doch wider Erwarten ist alles ganz anders gekommen. Für den Gesamtverband Autoteile-Handel (GVA), die deutsche Interessenorganisation der freien Ersatzteilhändler, gab es in Luxemburg statt des erwarteten Sieges eine krachende Niederlage. Die großen Autokonzerne müssen ihre Datenbanken nicht vollständig für die freien Teilehändler und freie Werkstätten öffnen.

Die Autokonzerne seien nicht dazu verpflichtet, unabhängigen Werkstätten Zugang zu allen Reparatur- und Wartungsinformationen in elektronischer Form für jedes Fahrzeug zu gewähren, teilte das höchste europäische Gericht mit. Eine Diskriminierung von unabhängigen Ersatzteilhändlern und Werkstätten gegenüber Vertragsbetrieben liege nicht vor, befanden die Luxemburger Richter (Aktenzeichen C-527/18).

Der Gesamtverband Autoteile-Handel hatte stellvertretend gegen den südkoreanischen Autohersteller Kia geklagt. Der Verband wollte erreichen, dass damit eine Grundsatzentscheidung für die gesamte Automobilbranche getroffen wird. Die Interessenorganisation der freien Teilehändler hatte geltend gemacht, dass seine Mitglieder die Auto- und Werkstattdaten nur auslesen, aber nicht verändern oder weiterverarbeiten könnten.

Es fehle der Zugriff auf die Daten einzelner Fahrzeuge. Dadurch gebe es keine Chancengleichheit zwischen markengebundenen und freien Betrieben. Das Verfahren hatte der GVA vor sechs Jahren angestrengt und durch mehrere Instanzen geführt. Der Bundesgerichtshof hatte sich mit dem Fall an den EuGH gewandt, weil grundsätzliche europäische Rechtsfragen geklärt werden müssten.

Der GVA zeigte sich enttäuscht über die Entscheidung aus Luxemburg. „Ein positives Urteil, wie es vorinstanzlich das Landgericht Frankfurt in der Sache gefällt hatte, hätte den Wettbewerb im Kfz-Ersatzteilmarkt im Interesse der Verbraucher gestärkt“, sagte ein GVA-Sprecher.

Verbraucherschützer kritisierten den Richterspruch aus Luxemburg. „Für die Fahrzeugbesitzer ist dies ein Rückschlag. Die Hoffnung, dass durch ein positives Urteil der Zugang zu Ersatzteilen erleichtert und die Verbraucher durch sinkende Kosten direkt profitieren würden, ist leider durch den EuGH verhindert worden“, sagte Gregor Kolbe vom Verbraucherzentrale Bundesverband. Nach Angaben des GVA können Ersatzteile von freien Händlern in Einzelfällen 20 bis 30 Prozent günstiger sein als die Originalteile vom Autohersteller.

Ersatzteilgeschäft setzt in Deutschland jährlich gut 20 Milliarden Euro um

Das Ersatzteilgeschäft ist ein umkämpfter Markt. Die Automobilhersteller verdienen prächtig daran und wollen den freien Teilehändlern nur ungern etwas von den hohen Renditen abgeben. Gut 20 Milliarden Euro werden jedes Jahr in Deutschland damit umgesetzt. Mit ihren eigenen Vertriebsnetzen kommen die Autohersteller im markengebundenen Handel auf einen Anteil von etwa 60 Prozent, für die freien Händler bleiben die restlichen 40.

Die Ersatzteile kommen sehr häufig vom selben Hersteller. Unternehmen wie Bosch oder Continental produzieren ihre Ersatzteile nicht nur für die Autokonzerne, sondern auch für die freien Händler. Technisch unterscheiden sich Ersatzteile manchmal überhaupt nicht. Die sogenannten „Original Ersatzteile“ werden zusätzlich nur mit dem Markenlogo des Automobilherstellers versehen – und mit dem Logo steigt der Preis.

Im vergangenen Jahr hat etwa der Volkswagen-Konzern mit Ersatzteilen weltweit 15,9 Milliarden Euro umgesetzt. Genaue Zahlen zur Rendite nennt der Konzern nicht. „Doch die Marge ist deutlich zweistellig“, heißt es dazu aus Unternehmenskreisen.

Schon im Vorfeld der EuGH-Gerichtsentscheidung hatte VW den Vorwurf der freien Händler zurückgewiesen, dass der Konzern einen fairen Wettbewerb behindern würde. VW sei daran interessiert, „dass die Fahrzeuge seiner Kunden auch in freien Werkstätten schnell und sicher gewartet beziehungsweise repariert werden können“, so ein Sprecher. Der Wolfsburger Konzern halte sich an die geltenden gesetzlichen Vorgaben und versorge auch den freien Handel mit allen Daten.

Genau das sehen die freien Händler und ihr Dachverband anders. Die Autohersteller würden eben nicht alle verfügbaren Daten an die freien Betriebe übermitteln. Eine freie Werkstatt könne anhand der von den Autoherstellern gelieferten Daten manchmal nicht genau ermitteln, welche Ersatzteile ein einzelnes reparaturbedürftiges Fahrzeug benötigt. Deshalb werde ein Ersatzteil häufig in drei bis vier Ausfertigungen bestellt – in der Hoffnung, dass dann eine passende Variante dabei ist.

Abhilfe würde geschaffen, wenn die freien Betriebe denselben Informationsstand wie die Autohersteller bekämen. Anhand ihrer Datenbanken könnten die Autokonzerne für jedes einzelne Fahrzeug sofort ermitteln, welches Ersatzteil in welcher Ausfertigung benötigt werde.

Ganz geschlagen geben sich die Freien dann doch nicht. Im September nächsten Jahres tritt eine verschärfte Form der EU-Verordnung in Kraft, in der die Regeln zur Ersatzteilversorgung festgelegt werden. Darin steht, dass die freien Betriebe dann mit allen elektronischen Daten versorgt werden müssen. Der GVA hofft, dass spätestens dann eine einvernehmliche Regelung mit den Autoherstellern gefunden werden kann.

Mehr: Mit Ersatzteilen verdienen Autohersteller oft besser als mit der Produktion. Informationen zu Wartung und Reparatur müssen sie nicht weitergeben. Das ist falsch, meint Handelsblatt-Reporter Stefan Menzel.

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