Verkaufszahlen Volkswagen erreicht trotz schwacher Märkte einen Auslieferungsrekord

Der VW-Vertriebsvorstand hat 2019 ein weiteres Absatzplus geschafft.
Düsseldorf Die Marke Volkswagen (VW) hat im gerade beendeten Jahr 2019 wieder einen Auslieferungsrekord geschafft. „Im Vergleich zum Vorjahr haben wir das Volumen um mehrere 10.000 Einheiten gesteigert“, sagte Vertriebsvorstand Jürgen Stackmann im Gespräch mit dem Handelsblatt. 2018 hatte die Marke VW weltweit gut 6,2 Millionen Fahrzeuge absetzen können.
Da auch die anderen Konzerntöchter Audi und Seat bereits gestiegene Verkaufszahlen für 2019 gemeldet haben, dürfte der Volkswagen-Konzern das vierte Jahre in Folge weltgrößter Automobilhersteller sein.
Die genauen Zahlen werden am Dienstag veröffentlicht. Der japanische Dauerrivale Toyota hat den Wolfsburger Konkurrenten wahrscheinlich wieder nicht überholen können. Der VW-Konzern bewegt sich auf 10,9 Millionen ausgelieferte Fahrzeuge zu, bei Toyota sind es nach eigenen Angaben gut 10,7 Millionen Vehikel.
Die Marke Volkswagen steht für gut die Hälfte des gesamten Konzernabsatzes. Vertriebsvorstand Stackmann äußerte sich zufrieden über den Verlauf des vergangenen Jahres. VW habe seine Verkaufszahlen trotz weltweit schwächerer Automärkte weiter steigern können. 2019 sind die Verkäufe weltweit im Vorjahresvergleich um vier Prozent gefallen. Am deutlichsten waren die Rückgänge in China zu spüren; dort beträgt das Jahresminus sogar sechs Prozent. Der VW-Konzern ist Marktführer in der Volksrepublik.
Dass seine Marke ihre Verkaufszahlen gesteigert hat, ist aus Sicht von Stackmann zwar ein erfreuliches Ergebnis, stehe bei VW aber längst nicht mehr im Mittelpunkt. „Wir haben die Ertragsstärke klar in den Fokus gerückt“, betonte der Vertriebsvorstand. Konkrete Zahlen nannte Stackmann nicht und verwies auf die Bilanzpressekonferenz im März.
Volkswagen habe in den letzten drei Monaten des vergangenen Jahres an die Entwicklung in den Vorquartalen anknüpfen können. „Bis zum Jahresende haben wir das Momentum gut durchgehalten“, sagte er. Nach neun Monaten lag die operative Rendite bei 4,8 Prozent, allerdings ohne Sonderlasten wie die Dieselaffäre. Für das gesamte Jahr 2019 hat die Marke Volkswagen als Ziel eine Renditespanne zwischen vier und fünf Prozent ausgegeben.
Dass die Marke VW die Schwäche auf den Weltautomärkten umschiffen konnte, geht nach den Worten Stackmanns besonders auf die weiter steigenden Verkaufszahlen bei den SUVs zurück. Die sportlichen Geländewagen können zu höheren Preisen als konventionelle Pkws verkauft werden.
„Unser SUV-Anteil liegt nun bei 30 Prozent“, betonte Stackmann. Gegenüber 2018 sei das eine Steigerung von etwa zehn Prozentpunkten. Bis zum Jahr 2025 will der gesamte Volkswagen-Konzern etwa die Hälfte seiner Verkäufe allein mit den SUVs bestreiten. Stackmann ergänzte, dass Volkswagen vor allem kleinere und kompakte SUVs wie den T-Cross und den T-Roc verkaufe. Diese Modelle emittierten ähnlich große Kohlendioxidmengen wie gewöhnliche Pkws.
Unter allen verkauften SUVs kämen die kleineren und mittelgroßen Modelle auf einen Anteil von 87 Prozent. „Diese Autos schlagen sich prima, damit treffen wir den Nerv der Kunden“, sagte der VW-Manager. Große SUVs sind wegen ihres Gewichts und wegen ihrer höheren Kraftstoffverbräuche in die Kritik geraten.
„Weltweit haben wir unseren Marktanteil 2019 auf knapp acht Prozent steigern können“, ergänzte der VW-Vertriebsvorstand. Gegenüber 2018 sei das eine signifikante Steigerung. In den USA wurde der Marktanteil ausgebaut, Europa ist aus VW-Sicht stabil geblieben. „Deutschland hat sich sehr erfreulich entwickelt“, sagte Stackmann. Das für Volkswagen ebenfalls wichtige Südamerikageschäft entwickelt sich gegenläufig: Der Erholung in Brasilien steht die Wirtschaftskrise in Argentinien gegenüber.
In China hat Volkswagen im vergangenen Jahr zusammen mit der neuen Zweitmarke Jetta etwa 3,16 Millionen Fahrzeuge verkaufen können, gegenüber 2018 ist das ein Plus von 1,7 Prozent. „Das ist auch für uns überraschend“, sagte Stackmann mit Blick auf den deutlich schwächeren chinesischen Markt, der im zweiten Jahr in Folge geschrumpft war. VW habe augenscheinlich von seiner eigenen Markenstärke in der Volksrepublik profitiert.
Das Thema Elektrifizierung hat auch schon im alten Jahr wachsende Bedeutung bekommen. In den Büchern von Volkswagen stehen für 2019 rund 80.000 verkaufte Elektroautos, je zur Hälfte rein batteriebetriebene Modelle und Plug-in-Hybride. Das meist verkaufte Elektroauto der Marke VW ist der E-Golf.
100.000 Exemplare aus der ID-Familie
2020 werden die Elektro-Verkaufszahlen vor allem in Europa wohl deutlich nach oben gehen. Allein von der neuen ID-Familie sollen im neuen Jahr 100.000 Exemplare produziert und verkauft werden. Andere VW-Modelle wie der Golf und das Mittelklasse-Modell Arteon bekommen in diesem Jahr zusätzliche Varianten als Plug-in-Hybrid. Wegen der innerhalb der EU verschärften Emissionsgrenzen müssen alle Hersteller deutlich mehr E-Autos verkaufen. Wenn nicht, drohen den Konzernen Geldbußen in Milliardenhöhe.
Bei VW bekommt die neue ID-Familie dabei eine Schlüsselrolle. Schon in drei Jahren will die Marke davon jährlich eine Million Fahrzeuge verkaufen. Die VW-Fabrik in Zwickau ist die erste Produktionsstätte des Konzerns, die komplett auf die E-Fertigung umgerüstet wird. Als erstes Auto wird dort der ID.3 gefertigt, ein Elektroauto ungefähr im Golf-Format. In der zweiten Jahreshälfte kommt dort der erste E-SUV dazu.
Volkswagen räumt ein, dass der Start der ID-Serienfertigung alles andere als einfach ist. Insbesondere mit der Software gibt es Probleme. Die neue ID-Modellfamilie wird mit deutlich mehr Software ausgestattet. Wie bei einem Smartphone sollen künftig auch Softwareupdates möglich sein. Volkswagen will sich dadurch viel stärker zu einem Anbieter fahrzeugbezogener Software entwickeln.
„Das ist alles nicht trivial“, sagt Stackmann mit Blick auf die neue Softwareausstattung der ID-Reihe, „und es bleibt eine anspruchsvolle Aufgabe.“ Der VW-Vertriebsvorstand gab sich allerdings zuversichtlich, dass das Unternehmen seinen eigenen Fahrplan einhalten könne. Die ersten Autos sollen danach im Sommer ausgeliefert werden. Volkswagen legt sich allerdings nicht fest, wann genau das im Sommer sein wird. Das Unternehmen verschafft sich damit einen gewissen zeitlichen Spielraum.
„Volkswagen muss seinen Anlaufplan beim ID unbedingt einhalten, sonst drohen empfindliche Strafen“, warnt Arndt Ellinghorst, Automobilexperte beim Investmenthaus Evercore ISI. Als größtem Hersteller drohten VW auch die höchsten Geldbußen. Volkswagen habe sich bislang immer positiv zu den Erwartungen für 2020 geäußert. „Wir hoffen, dass diese Grundhaltung im neuen Jahr erhalten bleibt“, ergänzte er.
Moderater Optimismus
In Investorenkreisen halte sich bislang die Überzeugung, dass Volkswagen keine Strafen wegen der verschärften Emissionsgrenzen zahlen müsse und den Start der neuen E-Autos aus der ID-Familie rechtzeitig in den Griff bekomme. Schafft VW die Elektroziele nicht, drohen empfindliche Rückschläge an der Börse.
Vertriebsvorstand Stackmann äußerte sich vorsichtig über die zu erwartende Absatzentwicklung im neuen Jahr. „Ich bin moderat optimistisch“, sagte er über 2020. Es sei nicht ganz einfach abzuschätzen, wie sich einzelne Regionen in der Welt entwickeln würden. Nordamerika sollte sich ähnlich wie Europa vergleichsweise stabil halten.
Weitergehende Auswirkungen des Brexits ließen sich allerdings nicht vorhersehen. Es sei auch unklar, wie sich andere internationale Konflikte entwickelten. China sollte sich nach zwei schlechten Jahren wieder etwas stabilisieren, für Südamerika seien Vorhersagen immer schwierig.
Grundsätzlich sei Volkswagen mit der stärkeren Betonung des Ertrags auf dem richtigen Weg. Der Autohersteller erreiche damit eine höhere Nachhaltigkeit; allein mit höheren Absatzzahlen sei dieses Ziel nicht zu erreichen. Die Nachhaltigkeit der Erträge werde sich künftig auch in der Börsenbewertung niederschlagen. „Wir sind da jetzt ein Stück weitergekommen“, sagte Stackmann.
Der gesamte VW-Konzern will innerhalb von etwa zehn Jahren seinen Börsenwert verdoppeln und das Niveau von Toyota erreichen. Der japanische Autohersteller gilt als Vorbild in Sachen Effizienz und Synergien.
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