Volkswagen Batterie-Labor für Elektroautos startet bei VW in Salzgitter

Der VW-Konzern hat dort mit der Produktion eigener Batteriezellen für Elektroautos begonnen und auch das Recycling gestartet.
Salzgitter Die ersten Bagger sind schon auf der Baustelle vorgefahren. Die Erdarbeiten haben dort begonnen, wo Volkswagen in vier Jahren in großem Stil eigenständig Batteriezellen für Elektroautos produzieren will. Das VW-Werk im niedersächsischen Salzgitter, bislang ein wichtiger Konzernstandort für die Produktion von Verbrennungsmotoren, wird das Herz der Zellfertigung von Volkswagen. Mehr als eine Milliarde Euro investiert der Wolfsburger Autohersteller dort.
Einen kleineren Fortschritt in Sachen Zellentwicklung hat es am Montag in Salzgitter gegeben: Volkswagen hat dort vier Forschungslabore eröffnet, mit denen der Konzern sein eigenes Know-how für die Zellfertigung erweitern will.
Bislang ist die Zellfertigung eine Domäne asiatischer Hersteller: Rund 95 Prozent der in Elektroautos verwendeten Batterien kommen aus China, Südkorea und Japan. Für die neuen Labore hat Volkswagen 70 Millionen Euro investiert, 250 Arbeitsplätze sind dadurch entstanden.
„Bei der Batterie stecken wir in Deutschland noch in den Anfängen“, sagte VW-Technikvorstand Thomas Schmall bei der Eröffnung der neuen Forschungsanlagen auf dem Werksgelände in Salzgitter. Volkswagen versuche, sich dem mit der eigenen Zellfertigung entgegenzustellen. „Wir müssen uns anders aufstellen, um diesen Herausforderungen gewachsen zu sein“, betonte er.
Das Beispiel Salzgitter unterstreiche, dass die Transformation gelinge. Der gesamte Konzern investiert bis 2024 mehr als 30 Milliarden Euro in den Wechsel zur Elektromobilität.
Große Hoffnung Feststoffzelle
In den neuen Laboren können Batteriezellen unter verschiedenen Klimabedingungen getestet werden, die Prüfstände simulieren die Situation am Nordkap oder in der Sahara. Volkswagen will in den Laboren auch neue Rohstoffe für die Zellfertigung ausprobieren.
Die größten Hoffnungen setzt der Konzern in die sogenannte Feststoffzelle, die möglicherweise zum Ende des Jahrzehnts einsatzbereit ist. Sie erlaubt längere Reichweiten und kürzere Ladezeiten. Zur Analyse von Batteriezellen setzt VW in den neuen Laboren Computertomografen und Elektronenmikroskope ein.
In Salzgitter entsteht eine von sechs Batteriezellfabriken („Gigafactory“), die Volkswagen bis zum Jahr 2030 in Europa bauen will. Jede dieser neuen Zellfabriken soll eine Kapazität von 40 Gigawattstunden (GWh) bekommen. Gesichert sind schon ein zusätzlicher Standort in Schweden und wahrscheinlich ein weiterer auch in Spanien.
VW-Konzernvorstand Schmall kündigte an, dass die Entscheidung über die anderen drei Standorte in den nächsten Monaten fallen werde. Diese sechs neuen Zellfabriken reichen für die Produktion von gut fünf Millionen Elektroautos jährlich. 2026 sollte eine Zellfabrik im westlichen Europa den Betrieb aufnehmen, 2027 eine in Osteuropa.
In der spanischen Provinz Katalonien gibt es weit vorangeschrittene Verhandlungen über den Bau einer Zellfabrik. Beteiligt ist daran der spanische Staat, der dafür wahrscheinlich öffentliche Gelder aus dem Corona-Rettungsprogramm der EU bereitstellen wird. Ein weiterer Verhandlungspartner außer Volkswagen ist der spanische Energiekonzern Iberdrola.
Planspiele für einen Börsengang
Die Gespräche in Spanien könnten zu einer Blaupause für Verhandlungen in Tschechien über eine osteuropäische Zellfabrik werden. Dort gibt es mit dem Energiekonzern CEZ ein Unternehmen, das bereits Interesse an dem Vorhaben signalisiert hat. Die VW-Tochter Skoda und CEZ arbeiten schon heute zusammen, etwa bei der Stromerzeugung mit Solarkraftwerken.
Finanzielle Unterstützung dürfte es zudem von der tschechischen Regierung geben. Auch in Ungarn, Polen und in der Slowakei gibt es Interesse an den Zellplänen von Volkswagen.
Der Bau von sechs Zellfabriken in den kommenden acht bis neun Jahren ist auch für den Volkswagen-Konzern kein leichtes Unterfangen. VW-Vorstandschef Herbert Diess hatte in der Vergangenheit mehrfach deutlich gemacht, dass sich außer der öffentlichen Hand auch weitere Partner an dem Investitionsprogramm für Batterien beteiligen könnten.
Für sechs Zellwerke muss Volkswagen nach Branchenschätzungen mit einem Investitionsvolumen von bis zu 15 Milliarden Euro rechnen. Diess sieht als wahrscheinlichste Kooperationspartner große Energiekonzerne. Sie verkaufen den Strom, mit dem später Elektroautos betrieben werden. Volkswagen hatte zudem wiederholt angedeutet, dass das Batteriegeschäft auch an die Börse gehen könnte.
In Börsen- und Finanzkreisen stößt der Batteriekurs von Volkswagen grundsätzlich auf Zustimmung. „Das ist der Schlüssel dafür, um eine führende Position bei der Fertigung von Elektroautos zu erreichen“, sagte Patrick Hummel, Autoanalyst bei der Schweizer UBS. Aus seiner Sicht wäre ein Börsengang der VW-Batteriesparte der beste Weg, weil damit der echte Wert dieser Fertigung sichtbar werde.
VW plant Elektroanteil von 70 Prozent
Volkswagen braucht die Fabriken, weil sieben von zehn Autos des Konzerns Ende des Jahrzehnts mit Elektroantrieb verkauft werden sollen. „E-Mobilität ist zu unserem Kerngeschäft geworden“, hatte Konzernchef Diess gesagt. Mit seinen Plänen folgt VW auch dem Rivalen Tesla. Der US-Hersteller will in Grünheide bei Berlin neben seiner neuen E-Auto-Fabrik auch die größte Zellproduktion der Welt aufbauen. Die Batterie macht etwa 40 Prozent des Werts eines E-Autos aus.
Während andere Hersteller gerade damit begonnen haben, ihre ersten Elektrofahrzeuge zu entwickeln, denkt Volkswagen schon an die nächste Elektroexpansion in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts. Die Marke Volkswagen Pkw will 2030 in Europa bei allen verkauften Autos einen Elektroanteil von 70 Prozent erreichen. Die Stuttgarter Sportwagentochter Porsche plant 2030 mit einem Elektroanteil von 80 Prozent.
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