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Volkswagen Dieselskandal abgehakt? VW will Vorstandsposten für Compliance abschaffen

Rechtsvorständin Hiltrud Werner droht Opfer ihres Erfolgs bei der Aufarbeitung des Dieselskandals zu werden. Doch womöglich kommt der Schritt zu früh.
09.06.2021 - 14:31 Uhr 1 Kommentar
Die 55-Jährige hat eine beachtliche Karriere hingelegt. Quelle: AFP
VW-Compliance-Vorständin Hiltrud Werner

Die 55-Jährige hat eine beachtliche Karriere hingelegt.

(Foto: AFP)

Düsseldorf, Frankfurt Sechs Jahre nach dem Bekanntwerden des Dieselskandals hat das Thema Compliance für den Autohersteller Volkswagen offenbar nicht mehr höchste Priorität. Die Aufräumarbeiten seien weitgehend abgeschlossen und die Mitarbeiter entsprechend sensibilisiert, sodass es keine Gefahr einer Wiederholung gebe, hieß es in Konzernkreisen.

Daher werde geprüft, ob das Vorstandsressort Integrität und Recht abgeschafft werden könnte. Leidtragende wäre Hiltrud Werner, die den Posten im Februar 2017 von der ehemaligen Verfassungsrichterin Christine Hohmann-Dennhardt übernommen hatte.

Über die Zukunft von Werner wird VW-intern schon länger spekuliert. Ihr bis Februar kommenden Jahres laufender Vertrag hätte schon längst verlängert werden können. In der Regel werden die Kontrakte von Vorständen ein Jahr vor Ablauf erneuert. Bei Werner lässt sich der Aufsichtsrat Zeit, da ihre Aufgabe wohl aus Sicht der Topetage bewältigt ist. Werner würde damit Opfer ihres eigenen Erfolgs.

Volkswagen musste im September 2015 einräumen, bei den Zulassungstests für Dieselmodelle betrogen zu haben. Bei weltweit über elf Millionen Fahrzeugen waren die Motoren so eingestellt, dass diese nur auf dem Teststand die Grenzwerte einhalten konnten. Über 32 Milliarden Euro hat VW seitdem für Bußgelder, Schadensersatz und technische Nachrüstungen aufbringen müssen.

Auch um ein Zeichen zu setzen, dass es Volkswagen ernst mit der Aufarbeitung der Affäre meint, schuf der Aufsichtsrat den Vorstandsposten für Compliance. Nachdem sich der Konzern nach nur einem Jahr wieder von der Juristin Hohmann-Dennhardt trennte, übernahm Werner die Position.

Zwar laufen noch immer Verfahren gegen den Hersteller, aber der Aufsichtsrat will das Kapitel „Dieselgate“ nun abschließen; zumindest ein Stück weit. Am vergangenen Wochenende hat das Kontrollgremium Entschädigungszahlungen für den Dieselskandal abgesegnet, auf die sich VW zuvor mit dem früheren Vorstandschef Martin Winterkorn verständigt hatte.

Aufsichtsrat hat noch nicht entschieden

Der Ex-Manager soll 11,2 Millionen Euro zahlen, wie am Mittwoch bekannt wurde. Auch fünf weitere frühere Vorstände werden mit Millionenbeträgen für festgestellte Pflichtverletzungen zur Kasse gebeten. Insgesamt wurde ein Betrag von knapp 288 Millionen Euro vereinbart, der vor allem auf Haftpflichtversicherungen entfällt.

Das Vorstandsressort „Integrität und Recht“ könne daher nun aufgelöst werden. „Werners Aufgaben würden anderen Vorstandsbereichen zugeschlagen“, hieß es in der Führungsetage. Eine Entscheidung gebe es allerdings noch nicht, betonten mehrere mit den Vorgängen vertraute Personen. Das Unternehmen lehnte einen Kommentar ab. Zu Personalspekulationen äußere sich der Konzern nicht, sagte ein Sprecher des Aufsichtsrats.

Eine vorschnelle Entscheidung will der Aufsichtsrat nicht fällen. Gerade beim Thema Dieselaffäre kocht die öffentliche Meinung schnell hoch. So klagte am Mittwoch die Staatsanwaltschaft Berlin Winterkorn an, weil der ehemalige Vorstandschef aus Sicht der Ermittler vor dem Abgas-Untersuchungsausschuss des Bundestags falsche Angaben gemacht haben soll.

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Mahnende Stimmen im Konzern halten den Zeitpunkt für eine Auflösung von Werners Ressort daher für deutlich zu früh und auch für kein gutes Signal nach außen. Denn die Strafprozesse gegen Ex-Manager wegen des Dieselskandals beginnen erst, auch die französische Justiz hat ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Zudem werden zivilrechtliche Prozesse den Konzern auf Jahre hinaus beschäftigen.

Auch der US-Monitor Larry Thompson hatte empfohlen, ein Compliance-Ressort im Konzernvorstand beizubehalten. Thompson hatte VW im Auftrag des US-Justizministeriums nach dem Dieselskandal drei Jahre lang kontrolliert. Im vergangenen September beendete er seine Arbeit.

Thompson hatte die Arbeit von Werner explizit gelobt. Die 55-Jährige hat eine beachtliche Karriere hingelegt. Nach ihrer Ausbildung zur Facharbeiterin für Textiltechnik machte sie ein Diplom in Ökonomie und war dann über Stationen bei BMW, MAN und dem Zulieferer ZF zu Volkswagen gekommen.

„Eine Geschichte, die wir nicht vergessen dürfen“

An der Aufarbeitung der Abgasaffäre hat sie aus Sicht von Mitarbeitern einen entscheidenden Anteil. Abgeschlossen ist das Thema für Werner damit nicht. In ihrem kürzlich vorgestellten Buch „Neue Leitplanken für Volkswagen“ schreibt sie, dass die Geschehnisse rund um den manipulierten Dieselmotor für immer Teil der Unternehmensgeschichte seien – „einer Geschichte, die wir nicht vergessen dürfen.“

Für einige Zeit dürfte Werner dem Vorstand erhalten bleiben. Problematisch für den Konzern ist nämlich, dass sie die einzige Frau in dem Gremium ist. Ein rein männlich besetzter Vorstand sei heute der Öffentlichkeit und den eigenen Mitarbeitern nicht mehr zu vermitteln, hieß es in hochrangigen Kreisen. Abhilfe will der Aufsichtsrat mit der Berufung eines IT-Vorstands schaffen.

Das Ressort will VW auf Drängen von Vorstandschef Herbert Diess neu schaffen. Aus der Taufe gehoben werden soll die Funktion bereits zum Juli. Für das Amt sei eine Frau vorgesehen, hieß es. Allerdings hätten bislang alle Angesprochenen abgesagt oder sie erfüllten die Ansprüche des Aufsichtsrats nicht. Vor dem Hintergrund könnte Werner noch einige Monate im Amt bleiben.

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1 Kommentar zu "Volkswagen: Dieselskandal abgehakt? VW will Vorstandsposten für Compliance abschaffen"

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  • Woran bemisst sich denn der Erfolg von Frau Werner? Nachdem Frau Hohmann-Dennhardt bei Daimler einen sehr guten Job gemacht hat, war sie den VW-Herrschaften zu unbequem. Sie war auch völlig unabhängig von Karriere-Ambitionen und ließ sich nicht vor den Karren spannen.
    Man hat danach keine Volljuristin von diesem Kaliber geholt und nun braucht man selbst diese nicht mehr.

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