Volkswagen VW-Betriebsratschef Osterloh unterstützt den Elektrokurs des Konzerns

Der VW-Betriebsrat stellt sich hinter die Elektrostrategie des Vorstandsvorsitzenden Herbert Diess.
Wolfsburg Der einflussreiche Volkswagen-Betriebsrat sieht keine Alternative dazu, dass der Wolfsburger Autohersteller weiterhin seine eingeschlagene Elektrostrategie verfolgt. „Das ist der richtige Weg“, sagte Betriebsratschef Bernd Osterloh am Freitag auf einer Pressekonferenz in Wolfsburg.
Eine Umkehr könne sich der Konzern nicht mehr erlauben, weil die ersten größeren Milliardenbeträge bereits in die Elektromobilität investiert worden seien. Bis zum Jahr 2024 will Volkswagen rund 33 Milliarden Euro für den Aufbau seiner Elektroflotte ausgeben.
Der Betriebsrat stützt damit im Wesentlichen den Kurs von Konzernchef Herbert Diess. Der Vorstandsvorsitzende hatte vor einer Woche in einer Brandrede vor 120 Topmanagern des Unternehmens mehr Tempo bei der Transformation angemahnt. Volkswagen sei im Unterschied zu wichtigen Wettbewerbern wie dem US-Hersteller Tesla noch zu langsam unterwegs. Zur Not müssten auch „heilige Kühe“ geschlachtet werden, hatte Diess gesagt.
Der Betriebsratsvorsitzende Osterloh äußerte sich optimistisch, dass Volkswagen in diesem Jahr die verschärften Emissionsziele innerhalb der Europäischen Union einhalten werde. Im Durchschnitt darf jeder verkaufte Neuwagen von 2020 an nur 95 Gramm Kohlendioxid je gefahrenen Kilometer an die Umwelt abgeben. „Ich glaube, dass wir keine Strafen zahlen werden“, sagte der Betriebsratschef. Der Kunde müsse die neuen Elektroautos allerdings auch kaufen.
Würde der Wolfsburger Autokonzern seinen aktuellen Durchschnittswert bei den Kohlendioxid-Emissionen nicht reduzieren, könnten Volkswagen Geldbußen von mehr als vier Milliarden Euro drohen.
Volkswagen kann die eigenen Emissionswerte nur mit den neuen Elektrofahrzeugen entscheidend drücken. Eine Schlüsselrolle spielt dabei das Modell ID.3, von dem in diesem Jahr etwa 100.000 Exemplare im VW-Werk in Zwickau von den Bändern laufen sollen. Doch die Produktion dieses E-Autos im Golf-Format bereitet Probleme. Die Software des Fahrzeugs, die etwa auch Updates „over the air“ wie bei einem Smartphone möglich machen soll, ist immer noch nicht fertig.
Bernd Osterloh sagte dazu, er gehe davon aus, dass in Zwickau alles rechtzeitig fertig werde. „Ich hoffe, dass wir das hinbekommen. Für alle im Konzern ist das eine riesige Herausforderung“, meinte der Betriebsratschef. Die ersten Exemplare des ID.3 sollen im Sommer an die Kunden ausgeliefert werden. Wann genau das sein wird, ist im Moment noch unklar. Möglicherweise werden sich die ersten Auslieferungen bis in den Spätsommer hinziehen. Angeblich ist in Wolfsburg jetzt von August die Rede.
Der neue ID.3 steht für eine Generation von Autos, die ein deutlich größeres digitales Angebot enthalten. Daran hapert es bei Volkswagen aber noch. Der Konzern hatte sich lange Zeit nur als ein reiner Autohersteller gesehen und die wachsende Bedeutung von IT und Software im Fahrzeug zu spät erkannt.
Unternehmen muss auf Arbeitnehmervertretung zukommen
Auch für den Betriebsratschef steht unwiderruflich fest, dass Volkswagen auf diesem Feld noch deutlich mehr zu tun hat. „Wir müssen gucken, dass wir mit der Software in Gang kommen“, betonte er. Das gelte nicht nur für den ID.3, sondern auch für alle folgenden Modelle.
Der Konzern will dafür eine eigene Software-Einheit mit bis zu 10.000 IT-Entwicklern schaffen, mit der das eigene interne Software-Know-how in den kommenden Jahren deutlich gesteigert werden soll. Doch die Verhandlungen zur Gründung dieser neuen konzerneigenen Tochter und über einen neuen Tarifvertrag mit dem Betriebsrat sind noch nicht abgeschlossen. Das Problem dabei: In der neuen Tochter sollen Mitarbeiter von Volkswagen, Porsche und Audi arbeiten. Sie bringen ihre alten Arbeitsverträge mit. Der Betriebsrat drängt darauf, dass ihre angestammten Rechte erhalten bleiben.
„Wir sind nicht die Blockierer“, sagte dazu Daniela Cavallo, die Stellvertreterin von Osterloh. Der Betriebsrat wolle das Projekt der „Car.Software.Org“ zügig durchziehen. Das Unternehmen müsse nur auf die Arbeitnehmervertretung zukommen. Bis Ende März könnte ein neuer Tarifvertrag fertig sein.
Konzernchef Diess hatte in seiner Brandrede vor Topmanagern vor einer Woche seinen Unmut über die schleppenden Verhandlungen zur Gründung der neuen Software-Einheit durchblicken lassen. „Die Car.Software.Org ist jetzt gestartet“, hatte Diess auf dem Berliner Treffen gesagt. Die neue Tochter müsse jetzt operativ tätig werden. „Wir dürfen nicht warten, bis alle organisatorische Fragen bis ins Letzte geklärt werden, sondern müssen loslegen“, ergänzte er. Der Erfolg der neuen Einheit entscheide über die Zukunft des gesamten Konzerns.
Die Rede von Diess vor dem eigenen Topmanagement war vielfach als Weckruf für das eigene Unternehmen und die Beschäftigten verstanden worden. Der Konzernchef hatte darin auch darauf hingewiesen, dass das Unternehmen weitere Produktivitätsfortschritte machen müsse. Besonders in den deutschen VW-Fabriken gebe es noch Potenzial, deutlich effizienter zu produzieren. Diess ließ offen, ob das auch einen weiteren Beschäftigungsabbau bedeuten könnte, was wiederum den Betriebsrat auf den Plan gerufen hätte.
Osterloh vermeidet Anspielungen auf Diess-Rede
Bernd Osterloh wollte sich nicht direkt zu den Anmerkungen des Konzernchefs äußern. Er wisse nicht, was Herbert Diess mit den „heiligen Kühen“ gemeint haben könnte. Der Betriebsratschef ließ aber erkennen, dass er einen Weckruf für den Konzern nicht für nötig halte. „Wenn wir strukturiert in diesem Unternehmen vorgehen und nicht jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf treiben, dann brauchen wir auch keinen Weckruf“, sagte er.
Der Betriebsratschef vermied jede weitere Anspielung auf die Diess-Rede. In Unternehmenskreisen wurde das als bewusste Entscheidung von Osterloh gewertet, keinen neuen Konflikt im Konzern loszubrechen. Die unternehmerischen Herausforderungen mit Elektrifizierung und Digitalisierung seien so groß, dass nicht noch zusätzliche interne Auseinandersetzungen geschürt werden müssten, hieß es in Wolfsburg.
Vor einem knappen Jahr hatte es den letzten größeren Streit zwischen Diess und Osterloh gegeben. Damals wurde darüber gestritten, wie viele Arbeitsplätze vor allem noch in der Verwaltung gestrichen werden sollten. Am Ende einigten sich beide Seiten darauf, dass 4000 Stellen aufgegeben werden. Zugleich werden aber 2000 neue Jobs vor allem in der IT geschaffen.
Bernd Osterloh sagte dazu ergänzend an diesem Freitag, dass im Zuge der Elektrifizierung an den deutschen Standorten voraussichtlich bis zu 20.000 Arbeitsplätze gestrichen würden. Dieser Arbeitsplatzabbau lasse sich aber „sozialverträglich“ abwickeln.
Unternehmen und Arbeitnehmerseite sind sich einig darüber, dass Volkswagen die Stellenstreichungen vor allem durch Altersteilzeit bei den geburtenstarken Jahrgängen erreichen kann. Bislang sind die Jahrgänge bis 1962 dafür freigegeben. Nach den Worten Osterlohs kommen die Jahrgänge bis 1967 noch dazu. VW hat in Deutschland gut 100.000 Beschäftigte.
Von der Politik verlangte der VW-Betriebsratschef eine nachhaltige Unterstützung beim weiteren Ausbau der Elektromobilität. „Wir brauchen die Infrastruktur, damit wir unsere Produkte verkaufen können“, sagte er. Osterloh zielte dabei vor allem auf Lücken beim Ladenetz ab. Der Staat könne außerdem bei der Umschulung von Mitarbeitern helfen, um sie auf Digitalisierung und Elektrifizierung vorzubereiten.
Mehr: VW-Markenvorstand Thomas Ulbrich und BDEW-Chefin Kerstin Andreae bekennen sich zur Elektromobilität. Sie fordern eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Auto- und Energiewirtschaft.
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Herr Osterloh macht gute Miene zum bösen Stil. Er möchte nicht sein exorbitantes Einkommen gefährden.