Vorstand erweitert Siemens erfindet sich noch einmal neu

Siemens-Chef Peter Löscher baut seinen Konzern um.
Der bisherige Strategiechef, Roland Busch, zieht neu in das Führungsgremium ein. Der 46-jährige Physiker übernimmt die Leitung des neuen Sektors "Infrastructure and Cities" mit einem Umsatz von etwa 20 Milliarden Euro, erfuhr das Handelsblatt aus dem Umfeld des Aufsichtsrats. Der Vertraute von Konzernchef Löscher galt schon lange als Kandidat für höhere Weihen.
Ebenfalls neu in den Vorstand kommt Michael Süß als Chef des Energieesektors. Der 47-Jährige leitete bislang das fossile Energiegeschäft von Siemens. Er tritt die Nachfolge von Wolfgang Dehen ein, der CEO des Börsenkandidaten Osram wird. Außerdem wird es künftig im Siemens-Vorstand auch wieder einen eigenen Technologie-Vorstand geben. Diese Aufgabe übernimmt Klaus Helmrich. Der 52-Jährige führt derzeit die Antriebssparte im Industrie-Sektor. Damit gibt es künftig zehn Vorstände - bislang waren es acht.
Unterdessen laufen die Vorbereitungen für den Umbau der Konzernzentrale im Herzen von München auf Hochtouren. Die berühmte rosafarbene, klassizistische Fassade am Wittelsbacher Platz bleibt zwar, doch hinter dem Ludwig-Ferdinand-Palais mit dem Haupteingang bleibt kaum ein Stein auf dem anderen. Einen dreistelligen Millionenbetrag lässt sich Vorstandschef Peter Löscher den Umbau des riesigen Geländes bis 2015 kosten.
Der Aufsichtsrat entscheidet heute über den geplanten Börsengang der Lichttochter Osram, zudem soll der vierte Sektor "Infrastructure and Cities" geschaffen werden, dessen Chef Busch werden soll. Mit größerem Widerstand ist im Kontrollgremium nicht zu rechnen.
Die Arbeitnehmer holt Löscher mit ins Boot, in dem Siemens auch nach dem Börsengang bei Osram beteiligt bleiben will. Siemens werde auf absehbare Zeit die Mehrheit abgeben, aber "ein stabiler Ankeraktionär bleiben", heißt es in Unternehmenskreisen. Wenn der Konzern "25 plus X" behält, dürfte die Zustimmung der Arbeitnehmerseite deutlich einfacher zu bekommen sein. Zudem hat Siemens durchaus ein Eigeninteresse, mit der profitablen Tochter verbunden zu bleiben.
Der Börsengang ist frühestens im Herbst, aber noch für dieses Jahr geplant. Vermutlich wird Siemens zunächst noch die Mehrheit behalten. "So ein Trumm kann man nicht in einem Schritt an die Börse bringen, das geht in diesen Größenordnungen nicht", heißt es in Branchenkreisen. Die Analysten von Unicredit schätzen den Börsenwert von Osram auf etwa fünf Milliarden Euro.
Zweiter Tagesordnungspunkt bei der Aufsichtsratssitzung ist die Schaffung des vierten Sektors. Bislang ist der Technologiekonzern in die Bereiche Industrie, Energie und Medizintechnik aufgeteilt. Die neue Einheit soll vor allem die Geschäfte mit den rasch wachsenden Megacities dieser Welt bündeln. Hier sieht sich Siemens mit seinen Produkten - von der U-Bahn über intelligente Stromnetze bis zur Gebäudetechnik - als weltweiter Marktführer.
"Im Moment wursteln aber alle etwas vor sich hin", sagte ein Konzerninsider. Sinnvoll sei zum Beispiel die Verbindung von Elektromobilität und Smart Grid-Anwendungen für intelligente Stromnetze.
Auch Vorstand soll erweitert werden.
Im vierten Sektor werden zum einen die Gebäude- und Verkehrstechnik aus dem bisherigen Industriebereich übertragen. Hinzu kommt die Stromverteilung aus dem Energie-Bereich. Als Ergebnis entsteht eine Einheit mit einem Umsatz von knapp 20 Milliarden Euro. Für den Chef der neuen Sparte - er ist noch nicht bekannt - wird der bislang achtköpfige Siemens-Vorstand nach Handelsblatt-Informationen um einen Posten erweitert. Siemens wollte sich zu dem geplanten Umbau gestern nicht äußern.
Durch die Neuordnung wird der Industriesektor mit seinen rund 35 Milliarden Euro Umsatz verkleinert. "Der Sektor war supergroß und dadurch etwas unübersichtlich", heißt es in Branchenkreisen.
Zwar wird die etablierte Logik des Konzernaufbaus durchbrochen: Bisher war das Geschäft nach Branchen unterteilt. Der vierte Sektor definiert sich nun über die Kundschaft. Dennoch ist der von Löscher betriebene Umbau bei Arbeitnehmern wie den unteren Führungsebenen weitgehend unumstritten.
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