Vorstandsumbau bei Siemens Ein Digitalisierungsspezialist für die wichtigste Siemens-Sparte

Der Siemens-Vorstand übernimmt eine Schlüsselposition im Team des künftigen Vorstandschefs Roland Busch.
München Als Cedrik Neike vor knapp vier Jahren ein Jobangebot von Siemens bekam, zögerte er nicht lange. „Wenn Sie 16 Jahre für eine amerikanische Firma im Silicon Valley gearbeitet haben und Sie bekommen die Chance, eine europäische Industrieikone mit in die Zukunft zu begleiten, überlegen Sie nicht dreimal“, sagte er kürzlich im Gespräch mit dem Handelsblatt.
Nun rückt der 47-Jährige bei Siemens weiter auf: Der Aufsichtsrat berief ihn zum Industrievorstand. Ab dem kommenden März soll er die Digitalen Industrien mit der Automatisierungstechnik und der Industriesoftware führen. Damit übernimmt er eine Schlüsselrolle im Führungsteam des künftigen Konzernchefs Roland Busch (55). Langfristig ist er damit automatisch auch einer der möglichen Kandidaten für den Vorstandsvorsitz bei dem Traditionskonzern.
Neike galt bei seiner Rückkehr als Idealbesetzung: Er ist vergleichsweise jung und Digitalisierungsexperte, hat internationale Erfahrung auch bei anderen Unternehmen und ist dennoch bei Siemens verwurzelt. Zudem steht er für einen modernen Führungsstil. Neike ist immer ansprechbar, auch mit Untergebenen duzt er sich schnell. Sein Hauptbüro hat er in Berlin, wo er auch für das Megaprojekt Siemensstadt 2.0 verantwortlich ist.
Manche im Konzern waren vom weiteren Aufstieg Neikes etwas überrascht. Er konnte bei Smart Infrastructure nur wenige, nach außen sichtbare Zeichen setzen. Und so ganz hundertprozentig sei er bei der Einheit nicht angekommen, meint einer. Herzstück ist die Gebäudetechnik in der Schweiz, von Berlin aus sei die Einheit nicht leicht zu führen.
Doch im Umfeld des Aufsichtsrats sieht man das anders. „Er kann das“, heißt es. Neike könne eine digitale Perspektive ins Industriegeschäft einbringen. Er versteht etwas von der Plattform-Ökonomie und kann die Themen gut erklären. Amtsinhaber Klaus Helmrich dagegen gilt zwar als Fachmann mit noch mehr Detailkenntnis, ist aber kommunikativ eher sperrig. „Neike ist in der Lage, eine Vision zu formulieren und klare Ziele vorzugeben.“
Keine Waschmaschinen bei der Rückkehr
Für die Fachthemen habe man ja auch noch die operativ Verantwortlichen. Bei Smart Infrastructure war das der Chief Operating Officer Matthias Rebellius, der nun konsequenterweise in den Vorstand aufrückt.
Neike hat seinen MBA in der französischen Kaderschmiede Insead gemacht, zudem einen Bachelor in London. Nach der Ausbildung bei Siemens arbeitete er vier Jahre lang im Bereich drahtloses Internet, ehe es ihn 2001 zu Cisco zog. Für den IT-Konzern arbeitete er in verschiedenen Funktionen in den USA und Deutschland.
Als seine Rückkehr zu Siemens bekannt wurde, fragten ihnen einige Cisco-Kollegen, ob er ihnen denn nun günstiger eine Waschmaschine besorgen könne. Sie hatten nicht mitbekommen, dass Siemens die Beteiligung an Bosch Siemens Hausgeräte schon längst an den Partner in Stuttgart verkauft hatte.
Nicht nur deshalb habe der Siemens-Konzen bei seiner Rückkehr ganz anders ausgesehen, sagt Neike. Den Kommunikationsteil, den er lange Jahre zuvor verlassen hatte, gab es nicht mehr. Auch das Industriegeschäft verändere sich vor allem mit dem Internet der Dinge dramatisch. Im Industriebereich habe Europa dabei eine Chance im Wettbewerb mit den IT-Konzernen aus dem Silicon Valley. Sein „europäisches Herz“ schlage höher, wenn er dabei helfen könnte, die Führung zu behaupten und auszubauen.
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