VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh „Der Zukunftspakt wird hart verhandelt“

„Die Arbeitsplätze der VW-Beschäftigten sind sicher.“
Wolfsburg Bernd Osterloh hat schon viele Kämpfe ausgefochten. Seit 2005 leitet er Volkswagens Gesamtbetriebsrat und sitzt auch im Aufsichtsrat. Nach dem Dieselskandal muss er nun ein großes Umbauprogramm mit auf den Weg bringen.
Herr Osterloh, der Betriebsrat verhandelt mit der VW-Führung gerade über einen Zukunftspakt. Worum geht es konkret?
Zum einen geht es um die Transformation hin zur Elektromobilität. Volkswagen will und wird da an der Spitze der Automobilindustrie mitspielen. Und wir unterstützen das, weil sich nur so langfristig die Arbeitsplätze absichern lassen. Gleichzeitig geht es um die Verbesserung des Ergebnisses der Marke Volkswagen, weil wir die Zukunftsinvestitionen – von E-Mobilität über Digitalisierung bis zum autonomen Fahren – nur dann wirklich tätigen können.
Wo ist das größte Sparpotenzial?
Der Vorstand sieht das größte Sparpotenzial in Europa, speziell in Deutschland. Wir sagen: Allein eine Veränderung hier wird nicht helfen. Wir brauchen etwa überzeugende Strategien für Nord- und Südamerika, um auch dort eine Ergebnisverbesserung und endlich wieder sichere Arbeitsplätze zu erreichen.
Was heißt das für die Mitarbeiter?
Ich habe mehrfach gesagt: Es wird mit mir keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Wir werden schauen, ob wir entlang der demografischen Kurve einerseits Personal abbauen und andererseits für Zukunftsfelder Personal aufbauen. Und da wird der Trend wahrscheinlich so sein, dass mehr Menschen das Unternehmen verlassen werden, als wir neu einstellen. Diese verdienten Kolleginnen und Kollegen werden in den Ruhestand gehen. Wir haben den Riesenvorteil, dass wir jetzt auf die sogenannten Baby-Boomer-Jahrgänge zulaufen, das bedeutet, dass viele Mitarbeiter in die Rente gehen. Kombiniert mit unserer guten Altersteilzeit, die wir als IG Metall bis zum Jahrgang 1967 abgeschlossen haben, gibt es also genügend Möglichkeiten, um die Transformation zur Elektromobilität zu gestalten. Deshalb können wir auch sagen: Die Arbeitsplätze der VW-Beschäftigten sind sicher.
Zuletzt war über einen Abbau von 30.000 Mitarbeitern diskutiert worden.
Die Zahl ist aber nicht vom Betriebsrat. Und auch nicht vom Vorstand. Denn sie ist deutlich zu hoch.
Gibt es eine Zahl vom Betriebsrat?
Entlang der demografischen Kurve. Das können 1500 im Jahr sein, oder auch 2500 – je nachdem, wie viele Menschen die Altersteilzeit in Anspruch nehmen, und das auf zehn Jahre gesehen. Aber es gibt natürlich auch den gegenläufigen Trend, dass wir weiterhin Personal aufbauen werden. Etwa für Softwareentwicklung oder Mobilitätsdienstleistungen. Uns geht es im Zukunftspakt darum, dass wir Volkswagen auf das Zeitalter der Elektromobilität ausrichten, dass wir die Arbeitsplätze auch langfristig sichern und dass unsere Standorte Zukunftsprodukte bekommen. Kurz gesagt: Wir wollen Sicherheit für unsere Kolleginnen und Kollegen, wir wollen festen Boden unter die Füßen bekommen. In der Belegschaft gibt es Verunsicherung – bis hin zu Angst. Spekulationen helfen da gar nicht. Deshalb wollen wir mit dem Zukunftspakt eine klare Ausrichtung vorgeben.
Wie ist denn das Klima bei den Verhandlungen?
Wir sind auf einem guten Weg, aber es wird hart verhandelt.
Und die Verhandlungen werden Ende des Monats abgeschlossen sein?
Das kann ich nicht sagen. Das kommt auf uns an, das kommt aber auch auf das Unternehmen an. Wenn ich versuche, überzogene Ziele auf dem Rücken der Belegschaften durchzusetzen, dann wird es eher schwierig.
Auch von Umschulungen war bereits die Rede.
Teil des Zukunftspakts werden auch Qualifizierungspakete für Kolleginnen und Kollegen sein, die den Arbeitsplatz in Zukunft wechseln sollen. Das ist klar. Aber wir werden nicht jeden umschulen können. Das muss auch mal klar gesagt werden. Und das ist auch nicht notwendig, weil wir über einen langfristigen Umbauprozess sprechen. Das Unternehmen tut manchmal so, als ob wir in drei Jahren nur noch E-Fahrzeuge verkaufen würden. Das ist falsch. Der Trend – so wie es im Moment aussieht – zeigt, dass der Anteil von Batteriefahrzeugen bis 2025 bei etwa 25 Prozent liegen wird. Von zehn Millionen Fahrzeugen sind das 2,5 Millionen. Ich finde es gut, dass man einen Imagewandel will. Und wir als Betriebsrat setzen stark auf Elektromobilität. Aber unsere bewährten Fahrzeuge werden noch lange eine tragende Rolle spielen.
Herr Osterloh, vielen Dank für das Interview.