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VW-Führung in der Krise „Voller Eitelkeit und restlosem Realitätsverlust“

Manuel Theisen hält das Führungssystem bei VW für katastrophal. Der renommierte Experte für Corporate Governance fordert im Interview den sofortigen Rückzug von Martin Winterkorn aus allen Gremien – auch beim FC Bayern.
13.10.2015 - 14:22 Uhr 56 Kommentare
Der ehemalige Volkswagen-Chef führt weiterhin die Porsche-Holding und den Aufsichtsrat von Audi. Quelle: dpa
Martin Winterkorn

Der ehemalige Volkswagen-Chef führt weiterhin die Porsche-Holding und den Aufsichtsrat von Audi.

(Foto: dpa)

Düsseldorf Manuel Theisen ist einer der profiliertesten deutschen Experten für gute Unternehmensführung (Corporate Governance). Der BWL-Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München nimmt bei der Bewertung der Führungskultur deutscher Unternehmen kein Blatt vor den Mund. Auch in der Frage, ob Martin Winterkorn weiterhin noch wichtige Posten im VW-Reich besetzen darf, findet er eindeutige Worte.

Herr Theisen, Martin Winterkorn ist bislang auf vielen Positionen innerhalb des VW-Konzerns im Amt geblieben, etwas als Aufsichtsrats-Chef von Tochtergesellschaften oder als Chef der Holding Porsche SE. Jetzt soll er alle Posten bei Volkswagen aufgeben, so die Forderungen. Käme ein solcher Schritt nicht viel zu spät?

Der BWL-Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München ist Experte für gute Unternehmensführung und Herausgeber der Fachzeitschrift „Der Aufsichtsrat“. Quelle: Pressefoto
Manuel Theisen

Der BWL-Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München ist Experte für gute Unternehmensführung und Herausgeber der Fachzeitschrift „Der Aufsichtsrat“.

(Foto: Pressefoto)

Es ist nicht nachvollziehbar, warum Herr Winterkorn nicht sofort und bezogen auf alle VW-bedingten beziehungsweise – bezogenen Mandate alle seine Ämter ohne Wenn und Aber niedergelegt hat. Alle diese Mandate sind erstens allein durch die Position als Vorstandsvorsitzender bedingt und begründet und zudem nur als Verbund sinnstiftend. Zudem ist der Familienkonzern so verflochten, dass verschiedenen Hierarchieebenen mit denselben Managern, auch Winterkorn, besetzt sind, um möglichst effizient durchregieren zu können.

Was aus Sicht der Mehrheitseigner doch sinnvoll ist.
Sicher, aber im Rücktrittsfall wird das eine einzige Katastrophe, denn mit einem Rücktritt werden dann auch entsprechend alle weiteren verbundenen Positionen frei. Das ist jedenfalls der Zusammenhang. Ansonsten könnte Winterkorn sogar den eigenen Nachfolger Müller über ein Mandat in der Porsche-Holding „kontrollieren“. Eine perverse Idee.

Welches Licht wirft dies auf das Unternehmen und die Unternehmensführung? Viele werfen VW auch im personellen Neuanfang eine Art „Scheibchentaktik“ vor.
Von „guter Unternehmensführung“ beziehungsweise den damit verbundenen Forderungen an eine ordentliche Führungs- und Überwachungsstruktur ist VW ja offensichtlich so weit entfernt wie der Mond von der Erde. Ich würde noch nicht einmal von einer (kalkulierten) „Scheibchentaktik“ ausgehen, denn da müsste ja zumindest ein planvolles Vorgehen unterstellt werden. Nein, dieser Riesenkonzern ist ein Lehrbuchbeispiel für einen vollkommen personen- beziehungsweise eignerkonzentrierten monokratischen Führungsstil, dessen Funktionieren nur auf der Macht weniger basiert. Oder wie ich schon vor Jahren im Handelsblatt sagte: „Piëch führt den Laden wie seine eigene Würstchenbude.“

Ein sofortiger Rücktritt Winterkorns von allen Positionen hätte aber dazu geführt, dass der neue VW-Chef Matthias Müller zumindest in einige dieser Positionen nachrücken müsste. Der aber hat derzeit an der VW-Spitze genug Arbeit. Mit Blick darauf wäre ein schrittweiser und länger angelegter Rückzug Winterkorns doch vertretbar?
Wie schon angesprochen, die mangelnde „Qualität“ des Führungssystems zeigt sich eben besonders in der Krise. Selbstverständlich wäre eine weitere Vernetzung sinnstiftend, wenn das System eingespielt ist. Jetzt ist jeder, nicht nur der Nachfolger Müller, weit überfordert, dieses Machtvakuum aus dem Stand zu füllen. Dennoch kann momentan meines Erachtens eine Vielheit von Führungspersönlichkeiten kaum helfen. Die konzentrierte Macht muss wohl eher Stück für Stück und Position für Position auf mehrerer fähige (vor allem auch externe) Führungspersönlichkeiten verteilt werden, die durch den neuen Vorstandsvorsitzenden dann zu koordinieren und zu leiten sein werden.

„Das letzte Zeichen von Hybris“
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56 Kommentare zu "VW-Führung in der Krise: „Voller Eitelkeit und restlosem Realitätsverlust“"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Ich kann Herrn Theisen nur zustimmen. Leider ist diese Hybris nicht nur im VW-Konzern zu beobachten. Sobald eine Organisation eine bestimmte Größe erreicht hat, können sich von ihrer "Belegschaft" getragene "Potentaten" aufwerfen, die sich mit Speichelleckern umgeben und dann als absolute Herrscher auftreten. Diese Leute glauben zu führen, in Wahrheit verbreiten sie nur Angst und Schrecken, wirken demotivierend auf jenen "Rest", der nicht den "Günstlingsstatus" hat und HEMMEN die Entwicklung. Machen wir uns da nichts vor: Fast überall wird das "management by fear" zelebriert. Und oft ist die wirkliche Sachkenntnis solcher "Manager" mehr als bescheiden (mag auf Herrn Prof. Winterkorn vielleicht nicht zutreffen); es sind vielerorts so genannte "Seiteneinsteiger", die es meistens fertig bringen. die Dinge an die Wand zu fahren. Fürchten müssen sie kaum etwas: Denken wir an Herrn Zumwinkel, der fröhlich Millionen Abfindung in Italien auf eigenem Schloss verzehrt.
    Armes Deutschland. Wenn es so weiter geht, dann ist der technologische Vorsprung (sowieso) und der Qualitätsanspruch (made in Germanyx) futsch, so schnell können wir heute gar nicht zusehen....

  • ..........wie wird nun hier und woanders der Knüppel geschwungen.. und auf VW drauf gehauen.....es ist nicht zu fassen.....anstatt sich einmal Gedanken zu machen, wie dieser Fall zustand kam?
    ....müssen wir doch vielmehr sehen, daß der Flugzeugträger VW einfach zu groß war, um ihn alleine zu steuern.....hätte man frühzeitig eine unterteilte Verantwortung eingeführt mit einzeln verantwortlichen Managern, wäre dieser Zustand nicht eingetreten wie er eingetreten ist.....hat also der Aufsichtsrat versagt?...ja, so meine ich.....hätte er doch erkennen müssen einen derartig großen Laden nicht nur von einer Person steuern zu lassen...ja, so ist es......und so konnten sich still und geheim Eigengewächse entwickeln, die zu dem führten, was nachfolgend passiert ist...wie geht´s nun weiter?.....VW wird seine Technik-Truppe in Reih und Glied aufstellen.....und das vorhandene Ingenieur-Wissen einsetzen.....um den Diesel sauberer zu machen als er jetzt ist.....und sie werden es tun, davon gehe ich aus....einfach die Diesel-Technologie so kaputt machen und der einfallslosen Elektro-Fortbewegung (die jeder Ingenieur mit etwas Fachwissen installieren kann) den Vorzug geben....geht nicht....natürlich brauchen wir Elektrofahrzeuge...aber bis zum Auslauf der fossilen Brennstoffe muß ....DAS BESTE ODER NICHTS......in die Diesel-Technologie investiert werden.....und das wird VW machen......vielleicht ist er auch heilsam...dieser Skandal....um jetzt aufzustehen und Neuentwicklungen durchzuführen....der Diesel ist eine deutsche Erfindung....und deutsche Spitzenkräfte werden es sein, die den Diesel zu neuem Leben erwecken......ich bin mir ganz sicher......

  • Das trifft doch nicht ausschließlich auf Herrn Winterkorn zu.

    Schauen Sie sich doch nur Gerhard Schröder, Angela Merkel, Sigmar Gabriel an.

    Der einzige für den das nicht zutrifft ist Bundesinnenminister de Maiziere. Der war schon immer so wie einige behaupten.

    Trifft der Vorwurf nicht auf alle zu, die sich nicht mit kritischen Leuten umgeben?

  • Filz und Korruption, das war bei VW schon immer sehr stark im Vordergrund.
    Herr Winterkorn als "Technikversteher" mit einem Millionensalär will unschuldig sein und von
    nichts gewußt haben? Eine Schande!
    VW sollte technologisch was bewegen, in und für die Zukunft, sonst ist es bald aus mit
    diesem Konzern.
    Herr Winterkorn und seine korrptren Vorstandskolleten müssen weg, ganz und ohne Abfindung
    und Pensionsansprüche!

  • Der VW-Mann gehört nicht nur aus allen Gremien entfernt, sondern auch für alle seine Missetaten zur Rechenschaft gezogen.
    Wenn man ihm das nachweisen kann, was alle vermuten, muß er für ein Jahrzehnt gehoenesst werden, ohne Millionenabfindung versteht sich, denn die wird gebraucht, um den 50-100 €-Milliardenschaden zu finanzieren.

  • Erstaunlich ist, daß Herr Theisen bei seiner Kritik an der Führungsstruktur des VW Konzerns kein Wort über die dort in besonderer Weise verankerte Macht der Gewerkschaften und ihrer Vertreter verliert.

  • Herr Thesen meldet sich natürlich wieder einmal hinterher. Das sind die typischen Theoretiker. Warum hat er das nicht kund getan, als Winterkorn noch CEO war? Feiger Wissenschaftler und Opportunist ist er!
    'Hinterher will jeder wissen, wie mans hätte machen müssen' wusste schon W.Busch

  • realitätsverlust auf allen wegen
    vor 27 und vor 72 Jahren gab es schon einmal alteherrenriegen, duckmeuser und speichellecker die vollkommen abgehoben und fern jeder realität an der macht festhielten, obgleich sie nichts nachhaltiges dem volke zu geben vermochten
    beendet dieses sterben, macht sie arbeitslos, kein mitleid mit diesen ............
    sie können ja immernoch den kleinen handwerksbetrieb kosten frei beraten die pensionen sind ausreichend

    im übrigen ist das was hier gerade geschiet ein hinweis darauf
    das rente mit 67 und später doch nicht das non plus ultra darstellen.

  • der chef ist schuld,
    wenn er ein klima zulässt,
    das solche dingels möglich sind
    die bilanz ist ist nämlich nicht kurzfristig gut
    sondern
    nachhaltig schlecht bis gestört ,
    von solchen Typen hat die deutsche wirtschaft genug
    ertragen müssen
    (feldbursche, sommerwein und euch fallen garantiert noch mehr ein)

    jagt sie fort wie einst jasen mcCort

  • << Was glauben Sie ist bezüglich Werksspionage wahrscheinlicher?
    Dass der BND GM ausspioniert, oder dass die NSA VW ausspioniert? >>

    Schwer zu sagen, Herr Metz. Um das rauszufinden, müßte ich wohl einen dritten Geheimdienst damit beauftragen. Oder sollte Ihre Frage bloß ein Seitenhieb auf GM sein? Dann stimme ich Ihnen zu. Bei VW dürfte es mehr zu entdecken geben als bei GM, und das nicht nur beim Thema Manipulationen.

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