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VW und Prevent Gericht erklärt Audi-Kündigung im Zulieferstreit für unwirksam

VW und die bosnische Firmengruppe Prevent überziehen sich mit Klagen. In Düsseldorf hat der Ex-Zulieferer nun Recht bekommen – aber nur in einem Fall.
05.02.2020 Update: 05.02.2020 - 15:44 Uhr Kommentieren
Bei Volkswagen hatten wegen eines Streits mit dem Zulieferer Prevent sogar kurzzeitig die Bänder stillgestanden. Quelle: Reuters
Volkswagen-Zentrale in Wolfsburg

Bei Volkswagen hatten wegen eines Streits mit dem Zulieferer Prevent sogar kurzzeitig die Bänder stillgestanden.

(Foto: Reuters)

Düsseldorf Der Volkswagen-Konzern und die Zuliefergruppe Prevent streiten seit Jahren um Lieferbedingungen – immer wieder auch vor Gericht. Im Prozess um millionenschwere VW-Verträge mit der Prevent-Tochter TWB hat die Firmengruppe nun zumindest in einem Fall Recht bekommen.

Der Kartellsenat des Düsseldorfer Oberlandesgerichts (OLG) entschied am Mittwoch zwar, dass die Kündigung durch Volkswagen rechtmäßig war. Anders sah der Senat es allerdings bei der Konzerntochter Audi. Das Hagener Unternehmen TWB ist Teil des Prevent-Firmengeflechts, das wiederum der deutsch-bosnischen Familie Hastor gehört.

TWB hatte für VW und diverse Tochtermarken wie Audi und Seat Sitzschalen gefertigt, zwischenzeitlich sogar mehr als zwei Millionen pro Jahr. Der Wolfsburger Konzern kündigte die Verträge jedoch einseitig im Frühjahr 2018 mit Wirkung zum 31. März 2019 und suchte sich andere Zulieferer. Hintergrund war der Streit mit der TWB-Mutter Prevent.

Der Zulieferer wollte das nicht akzeptieren und forderte vor dem OLG Schadenersatz. Der Vorsitzende Richter Jürgen Kühnen hat nun zwar die außerordentliche Kündigung durch die Volkswagen AG als Reaktion auf einen angedrohten Lieferstopp bestätigt. Er warf Prevent in dem Prozess unter anderem vor, die „Wehrlosigkeit“ der Wolfsburger ausgenutzt und „mit Mitteln der Erpressung“ versucht zu haben, eine 25-prozentige Preiserhöhung durchzusetzen.

Weil Audi aber, anders als VW, nur ordentlich und nicht außerordentlich kündigte, sei das Vorgehen der Konzerntochter unwirksam. Eine solche Möglichkeit zur einseitigen Beendigung der Lieferbeziehung sei in dem Vertrag mit TWB nicht vorgesehen gewesen. Deshalb kann der Zulieferer zumindest in diesem Fall auf Schadenersatzzahlung hoffen.

Eine Revision ließ das Oberlandesgericht nicht zu. VW kündigte an, eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung zu prüfen, „um den Sachverhalt vom Bundesgerichtshof klären zu lassen.“ Den gesamten Streitwert beziffert das Gericht mit zwölf Millionen Euro, eine konkrete Schadenersatzhöhe legt das Urteil aber nicht fest.

Diese müsste in einem separaten Verfahren verhandelt werden. „Da das Gericht bestätigt hat, dass TWB mit Mitteln der Erpressung agierte, dürfte dieser enorm sein. Aus unserer Sicht beträgt er 100 Prozent“, teilte ein VW-Sprecher mit.

Auch Prevent kündigte an, weitere Schritte zu prüfen. „Wir haben zu keinem Zeitpunkt einen Lieferstopp angedroht oder gar vorgenommen“, hieß es in einem Statement der Gruppe. Das Gericht sei von einer stillschweigenden Drohung ausgegangen, die aus Prevent-Sicht nicht vorgelegen habe.

Die Firmengruppe hofft nun auf eine Signalwirkung. Falls VW ähnliche Klauseln in seinen Verträgen mit anderen Zulieferern angewendet habe, heißt es in dem Statement weiter, „dürfte auch deren Wirksamkeit nach der heutigen Entscheidung zumindest fraglich sein.“ Ein VW-Sprecher hielt auf Anfrage dagegen: Das Vertragsverhältnis mit TWB habe spezifische Besonderheiten enthalten. Zudem würden die zu Grunde gelegten Vertragsdokumente seit etwa acht Jahren nicht mehr verwendet.

Prevent wirft VW Verschwörung vor

Der Streit zwischen Prevent und VW tobt schon seit Jahren. Der Kernvorwurf ist dabei auf beiden Seiten der Gleiche: Machtmissbrauch. Prevent beschuldigt den VW-Konzern, seine dominante Stellung zu nutzen, um Druck auf Lieferanten auszuüben. Die Wolfsburger hingegen sprechen von „überzogenen Forderungen“, die Prevent mit seinem Blockadepotenzial habe durchsetzen wollte.

Der Konflikt eskalierte 2016, als sich zwei Prevent-Gesellschaften weigerten, VW mit Bauteilen zu beliefern. Daraufhin kam es in sechs Werken zum Produktionsstillstand. Die Wolfsburger gaben zunächst nach, bauten aber ein Netz von Absicherungslieferanten auf. 2018 kündigte der Konzern dann alle Verträge mit TWB und anderen Prevent-Töchtern.

Einige Betriebe, darunter auch der Hagener Zulieferer, gerieten daraufhin selbst in Schwierigkeiten. VW teilte Anfang Januar mit, dass der Konzern für die Produktionsausfälle aus dem Jahr 2016 mehr als 100 Millionen Euro Schadenersatz von Prevent fordert. Eine erste Klage für die Ansprüche der Konzerntochter Skoda habe der Konzern demnach im Dezember vor dem Landgericht Braunschweig eingereicht.

Welches Gericht für die Ansprüche der anderen Marken zuständig ist, müsse zunächst das Oberlandesgericht Dresden klären. Die Lieferstopps seien vertrags- und rechtswidrig gewesen, „das wurde mittlerweile durch diverse erst- und zweitinstanzliche Urteile bestätigt“, teilte ein VW-Sprecher mit.

Ein Vertreter von Prevent hingegen betonte, dass diese Entscheidungen nur in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergingen und nicht rechtskraftfähig seien: „Prevent ist zuversichtlich, dass diese von VW vertretene Auffassung in den anstehenden Verfahren revidiert wird.“

Die Firmengruppe sieht in der VW-Klage eine Retourkutsche für die eigenen juristischen Schritte in den USA. Prevent wirft den Wolfsburgern in einem beim Bezirksgericht in Detroit eingereichten Schriftsatz Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht vor und fordert 750 Millionen US-Dollar Schadenersatz.

VW soll demnach andere Zulieferer dazu gedrängt haben, „Prevent von Bieterverfahren auszuschließen“. So habe der Konzern den Einfluss der Gruppe klein halten wollen. Ein Prevent-Vertreter sprach von einer „zivilrechtlichen Verschwörung“. Der Gruppe liege eine Liste vor, „mit allen aus Sicht von VW von möglichen Übernahmen betroffenen Unternehmen.“

Prevent-Geschäftsführer Barbaros Arslan kündigte an, dass die Firmengruppe diese Fakten in den anstehenden Auseinandersetzungen vor Gericht auf den Tisch legen wird. Dabei wird wohl es wohl auch um einen Auftrag aus dem VW-Konzern an eine Berliner Firma gehen, „Zielpersonen“ aus dem Prevent-Umfeld zu überwachen und teils auch deren Privatadresse in Erfahrung zu bringen.

Prevent-Vertreter sprechen von Spionage, VW-Vertreter von Auskünften „im Rahmen der rechtlichen Vorschriften“. Es handle sich um „Recherchen“, die nötig gewesen seien, um die Strukturen des Prevent-Netzwerks offenzulegen.

Mehr: Wer den Streit zwischen Prevent und VW verstehen will, muss ins Jahr 2016 zurückblicken. Damals eskalierte der Konflikt zwischen der deutsch-bosnischen Familie und den Wolfsburgern.

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