Der Abgas-Skandal bei Volkswagen dreht sich um Tricks und Täuschungen bei Tests. Umweltschützer machen allerdings schon lange darauf aufmerksam, dass in der EU Tests auch ohne Tricksereien falsche Abgaswerte liefern. Das gelte für Diesel wie Benziner.
Derzeit wird EU-weit und damit auch in Deutschland ein Testverfahren angewandt, das Neuer Europäischer Fahrzyklus (NEFZ) heißt. Dieses dient sowohl zur Ermittlung des Kraftstoffverbrauchs als auch des Ausstoßes von Kohlendioxid (CO2) und von Stickoxiden (NOx). Stickoxide sind gesundheitsschädliche Emissionen aus Dieselfahrzeugen, um die es bei der Volkswagen-Affäre geht, CO2 ist ein Klimagift, das für den Treibhauseffekt mitverantwortlich ist.
Sie messen nach Ansicht von Kritikern viel weniger Emissionen, als in Wirklichkeit auf der Straße ausgestoßen werden. Der International Council on Clean Transportation (ICCT) hat 2014 die NOx-Emissionen von 15 modernen Diesel-Pkw gemessen. Dabei stellte er fest, dass die realen Emissionen im Schnitt sieben Mal so hoch wie der gesetzliche Grenzwert lagen. Beim CO2 liegen die Testergebnisse nach Angaben des ökologischen Verkehrsclubs Deutschland (VCD) im Schnitt um 40 Prozent unter den realen Emissionen.
Die NEFZ-Tests finden unter Laborbedingungen statt. Dabei können beispielsweise die Klimaanlagen abgeschaltet werden. Auch die Batterie muss nach Angaben von Kritikern, anders als bei normalen Fahrten, nicht aufgeladen werden - das spart ebenfalls CO2-Emissionen. Für die Stickoxide hält VCD-Experte Michael Müller-Görnert für entscheidend, dass Motorleistungen „auf den Test eingestellt werden“.
In der Autoindustrie gibt es dazu die Ansicht, dass die Tests die Wirklichkeit gar nicht widerspiegeln sollten: „Es war nie die vorrangige Zielsetzung, dass man misst, was im realen Betrieb verbraucht wird“, verlautete aus Branchenkreisen gegenüber AFP. Stattdessen gehe es eher um die Vergleichbarkeit verschiedener Modelle und die Reproduzierbarkeit der Tests.
In den kommenden zwei Jahren sollen in der EU zwei neue Verfahren eingeführt werden: Die WLTP (Worldwide Harmonised Light Duty Test Procedure) und die RDE (Real Driving Emissions). WLTP wird für Benziner und Diesel die CO2-Emissionen messen, der RDE zusätzlich bei Diesel-Fahrzeugen die Stickoxide.
Der WLTP ist ein neuer Labortest, der Schwächen des NEFZ ausräumen soll. Zum Beispiel ist das Fahrprofil „dynamischer“, das heißt, es gibt weniger Leerlauf und höhere Geschwindigkeiten. Das kommt der Wirklichkeit näher, wie VCD lobt. Der RDE für Diesel ist realistischer als ein Labortest, weil er mit mobiler Ausrüstung tatsächlich auf der Straße angewandt wird.
Der RDE gilt nur für Diesel. Die CO2-Messung bleibt also im Labor - und dort könnten sich neue Schlupflöcher finden. Darüber hinaus wird derzeit auf EU-Ebene über eine Umrechnung der CO2-Höchstwerte verhandelt. Diese Grenzwerte sollen so erhöht werden, dass der neue Test den Autoherstellern keine zusätzlichen Anstrengungen abverlangt. Andererseits sollen sie nicht zu Lasten der Umwelt hinter das Erreichte zurückfallen. „Eine Abschwächung des CO2-Grenzwerts durch die Hintertür darf es nicht geben“, sagt der CDU-Umweltpolitiker Karl-Heinz Florenz.
Quelle: afp