Wettbewerb in der Euro-Zone Wenn Fremdkapital zu teuer wird

Hersteller aus wirtschaftlich starken Ländern können einen harten Preiskampf länger durchstehen.
Frankfurt Wenn es um Wettbewerbsfähigkeit geht, dann ist meistens die Rede von Lohnkosten. Ein anderer, für große und kapitalintensive Industriebetriebe oft wichtigerer Faktor wird dabei gern vernachlässigt: die Kapitalkosten. Das mag daran liegen, dass diese in einer Währungsunion idealerweise für alle Unternehmen ohnehin gleich sind.
Doch das ist Theorie. Die Finanz- und Kreditmärkte im Euro-Raum sind immer noch stark national geprägt. Seit Ausbruch der Finanzkrise 2008 hat sich das nochmals deutlich verstärkt. Banken geben vor allem den Unternehmen im eigenen Land Kredit und kaufen bevorzugt Anleihen der eigenen Regierung und der nationalen Unternehmen. Die Folge davon ist, dass Unternehmen in verschiedenen Mitgliedsländern unterschiedlich leicht und zu abweichenden Konditionen an Kredit kommen.
Die Auswirkungen sind enorm: Wenn ein italienischer Industriekonzern mit zehn Milliarden Euro Eigenkapital und 50 Milliarden Euro verzinslichem Fremdkapital auf dieses zwei Prozentpunkte mehr Zins zahlt als ein deutsches Unternehmen, dann drückt das die Eigenkapitalrendite um zehn Prozentpunkte unter die eines ansonsten vergleichbaren deutschen Unternehmens.
Gegenteil des Ausgleichsmechanismus
„Firmen mit relativ großen finanziellen Spielräumen haben einen starken Anreiz, die Finanzkrise zu nutzen, um Marktanteile zu gewinnen“, schreiben Simon Gilchrist von der Boston University, Raphael Schoenle von der Brandeis University sowie Jae Sim und Egon Zakrajsek von der Federal Reserve in einer Studie. Denn diese können darauf bauen, dass die Konkurrenten in Krisenländern, die nur schwer und teuer an Kredit kommen, mit den Preisen nicht so weit nach unten können. Schließlich müssen sie damit rechnen, dass ihre Kapitalkosten sogar noch weiter steigen, wenn sie Verluste machen.
Diesen Mechanismus haben die vier Ökonomen in zwei Studien herausgearbeitet. Was ihn interessant macht, ist unter anderem die Konsequenz für die Preisentwicklung in den beiden Ländern. Für die Preise der entsprechenden Industrieerzeugnisse würde das nämlich heißen: In Deutschland sinken sie, in Italien nicht oder weniger stark.
Das ist das Gegenteil dessen, was sich die wirtschaftspolitischen Entscheidungsträger des Euro-Raums als Ausgleichsmechanismus vorstellen, wenn ein Land seine Wettbewerbsfähigkeit verliert und in eine Krise gerät. Dann, so die Hoffnung, entwickeln sich Löhne und Preise in den prosperierenden Ländern der Währungsunion kräftiger, so dass sich die Wettbewerbsfähigkeit mit der Zeit wieder ausgleicht.
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