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Innovationweek

Markus Steilemann im Interview Covestro-Chef: „Wir müssen entscheiden, ob wir Hightech-Standort oder Industriemuseum werden wollen“

Der Covestro-Chef übt heftige Kritik am überregulierten Forschungsstandort Deutschland. Ausgerechnet bei den erneuerbaren Energien „steht die Politik auf der Bremse“, klagt er.
03.05.2021 - 16:54 Uhr 1 Kommentar
Covestro forscht vor allem in Deutschland, aber auch in China, dann folgen die USA Quelle: Reuters
Covestro-Logo

Covestro forscht vor allem in Deutschland, aber auch in China, dann folgen die USA

(Foto: Reuters)

Berlin Der Chef des Chemiekonzerns Covestro, Markus Steilemann, übt heftige Kritik am Forschungsstandort Deutschland: „Wir müssen endlich die Überregulierung stoppen und brauchen mehr Mut zum Risiko“, warnt er im Gespräch mit dem Handelsblatt.

Zum Beispiel müsse ein Unternehmen wie Covestro „allein für den Bau einer Mini-Anlage im Labor einen riesigen Papierberg einreichen“, und das habe in wenigen Jahren auch noch enorm zugenommen.

„Wir müssen uns in Deutschland entscheiden, ob wir Hightech-Standort oder Industriemuseum werden wollen“, warnt Steilemann, der auch im Vorstand des Stifterverbandes der Wirtschaft für die Wissenschaft aktiv ist.

Gerade die Chemiebranche lege die Basis für Innovationen in vielen anderen Branchen – und damit auch für den Umbau zu CO2-freier Produktion. „Wir können aber heute nur in neue Technologie investieren, wenn die auch lange laufen darf“, mahnt er.

Und obwohl etwa Wasserstoff heute mit enormen Hoffnungen verbunden werde, „ist unklar, mit welcher Elektrolysetechnik wir den erzeugen dürfen“, kritisiert er die Politik. „Dafür wiederum brauchen wir riesige Mengen Grünstrom, ohne dass ersichtlich ist, wann die bereitstehen und ob überhaupt.“

Die Chemieindustrie könnte heute schon viele Prozesse komplett elektrifizieren und damit nachhaltig produzieren, versichert Steilemann, „wenn die Politik nicht bei den erneuerbaren Energien auf der Bremse stünde“.

Lesen Sie hier das komplette Interview:

Herr Steilemann, der Covestro-Umsatz ist 2020 auf 10,7 Milliarden eingebrochen, das Forschungsbudget bleibt aber konstant bei rund 270 Millionen Euro. Warum?

1200 unserer 18.000 Mitarbeiter forschen vor allem in Leverkusen, Pittsburgh und Schanghai an Themen, die uns hoffentlich langfristig weiterbringen. Da fährt man nicht kurzfristig Projekte runter, nur weil der Umsatz mal niedriger ist. Deshalb halten wir unser Forschungsbudget in etwa konstant.

Sie wollen weg vom Öl – woran forschen Sie vor allem?
Zum Beispiel daran, dass man aus alten Weichschaummatratzen, die aus Rohöl gefertigt sind, neue machen kann – heute werden sie zumeist deponiert oder verbrannt. Das hätte enorme Bedeutung für die Umwelt, denn jährlich werden 200 bis 300 Millionen produziert. Bis 2025 wollen wir 80 Prozent unserer Forschungsausgaben in Projekte investieren, die zu den UN-Nachhaltigkeitszielen beitragen; aktuell sind es gut 50 Prozent.

Wo forscht Covestro?
Vor allem in Deutschland, aber auch in China, dann folgen die USA. Das wird sich aber voraussichtlich Richtung Asien verschieben, weil dort der größte Markt für Polymere ist, der extrem schnell wächst.

Mit wem kooperieren Sie dabei?
In Deutschland hauptsächlich mit der Hochschule RWTH Aachen und dem Karlsruher Institut für Technologie, in China mit der Tongji-Universität und in den USA mit der privaten Carnegie Mellon University. Weit überwiegend findet bei uns die Forschung und Entwicklung aber intern statt. 

Was ist die größte Herausforderung?
Das Schwierigste ist die Verteilung der Gelder – denn das sind ja alles Risikoprojekte. Projekte anschieben ist leicht, schwer ist, sie, falls nötig, rechtzeitig zu beenden  Man muss aufpassen, nicht viel zu lang ‚ewige Talente‘ zu finanzieren, die doch nie den Durchbruch schaffen. Und auf der anderen Seite tunlichst darauf achten, nicht den nächsten Blockbuster zu killen.

Was haben Sie zuletzt gekillt?
Vor Jahren ein Projekt mit Nano-Röhrchen, von dem wir uns ein leichtes, festes Wundermaterial versprochen hatten, das sogar Stahl ablösen sollte. Das mussten wir beenden, obwohl wir schon eine Produktionsanlage hatten, weil es keinen rechten Markt gab. Neuere Beispiele verrate ich nicht (lacht).

Und sonst?
Extrem wichtig ist auch die regionale Verteilung der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten mit Blick auf die Entwicklung in den Branchen, die wir beliefern. In der Autoindustrie zum Beispiel gibt es im Moment enorme Umbrüche – da sind etwa die klassischen deutschen Premiumanbieter, da sind Newcomer wie Tesla, die trotz viel Marketing noch relativ klein sind, und da sind chinesische Autobauer, die anderswo kaum einer kennt, aber die gigantische Stückzahlen produzieren. In dieser Gemengelage gilt es, die richtigen Entscheidungen zu treffen, wo man mit wem kooperiert.

Laut Steilemann legt die Chemiebranche die Basis für Innovationen in vielen anderen Branchen – und damit auch für den Umbau zu CO2-freier Produktion. Quelle: dpa
Covestro-Chef Markus Steilemann

Laut Steilemann legt die Chemiebranche die Basis für Innovationen in vielen anderen Branchen – und damit auch für den Umbau zu CO2-freier Produktion.

(Foto: dpa)

Wie bewerten Sie den Forschungsstandort Deutschland insgesamt?
Die Hochschulen sind gut, vor allem die Kooperation der anwendungsorientierten Forscher mit der Industrie. Zusammen mit anderen ist uns so zuletzt gelungen, CO2 in einen Rohstoff für Kunststoffe umzuwandeln, der unter anderem bereits in Autohimmeln verbaut wird.

Das klingt nicht gerade begeistert ...
Nun, ich sehe auch erhebliche Defizite hinsichtlich der Forschung in Deutschland. Wir müssen endlich die Überregulierung stoppen, Planungssicherheit schaffen und brauchen mehr Mut zum Risiko. Beispiel: Allein für eine Mini-Anlage im Labor müssen wir einen riesigen Papierberg einreichen. Das hat in wenigen Jahren enorm zugenommen. Wir müssen uns in Deutschland entscheiden, ob wir Hightech-Standort oder Industriemuseum werden wollen. Organisationen wie der Stifterverband sind dabei enorm wichtig: Er vernetzt Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft und ist somit ein gefragter Partner, wenn es um die Zukunftsfähigkeit unseres Landes geht.

Wie viel Planungssicherheit wollen Sie denn?
Die Chemie ist die Mutter aller Industrien – sie legt die Basis für Innovationen in vielen anderen Branchen. Wir können aber heute nur in neue Technologie investieren, wenn die auch lange laufen darf. Wasserstoff etwa ist die große Hoffnung, unklar ist aber, mit welcher Elektrolysetechnik wir den erzeugen dürfen. Und dafür wiederum brauchen wir riesige Mengen Grünstrom, ohne dass ersichtlich ist, wann die bereitstehen und ob überhaupt. Die Chemieindustrie könnte heute schon viele Prozesse komplett elektrifizieren und damit nachhaltig produzieren, wenn die Politik nicht bei den erneuerbaren Energien auf der Bremse stünde.

Und wer ist risikoscheu?
Wir müssen bei neuen Technologien Chancen und Risiken vernünftig abwägen. Stattdessen schürt die Politik Ängste, indem man rein abstrakte Gefahren heraufbeschwört – wie in der Chemikalienregulierung der EU, die eine „toxic-free enviroment“ will.

Hilft der neue Steuerbonus für Forschung? Covestro bringt er gerade mal eine Million Euro im Jahr ...
Richtig – und dafür müssen wir auch noch einen enormen Aufwand treiben. Aber auf jeden Fall ist das neue Instrument dringend nötig für den Mittelstand. Auch den High-Tech Gründerfonds sollte der Bund kräftig aufstocken.

Mehr: Lesen Sie hier, warum Deutschlands Innovationsausgaben auf eine Rekordhöhe steigen

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1 Kommentar zu "Markus Steilemann im Interview : Covestro-Chef: „Wir müssen entscheiden, ob wir Hightech-Standort oder Industriemuseum werden wollen“"

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  • Deutschland muss sich für den industriellen Wandel und technologischen Fortschritt öffnen, sonst wird sieht es nach Industriemuseum aus...Die neueste Ära der Energienutzung von Emissionsfreier Neutrino-Energy steht an und die in Deutschland positionierte Berliner Neutrino Energy Group bietet Patente und Lizenzen zur globalen Nutzung. Die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften hatte bereits im Januar 2021 in einer  von Daimler Benz beauftragten Studie die Effizienz der Technologie und  die im Patent deklarierten Eigenschaften der Neutrino-Voltaik bestätigt. Es ist also ua. möglich mit einem selbstladenden PICar eine saubere und ehrliche Elektromobilität, ohne Stopps an Ladesäulen zu erschaffen.  Auch der einstige BundesVerkehrsminister a.D., Prof. KRAUSE veröffentlichte dazu kürzlich: "Das ewige Licht - Der Beginn eines neuen Zeitalters"  Er begründet eindringlich, die günstigste und sauberste Variante der Energienutzung basiert auf Neutrino Technologie. Eine mobile und dezentrale Energienutzung über die Neutrinovoltaic kann jetzt möglich werden, denn sie kann auch in vollkommener Dunkelheit Energie wandeln. Die Einführung der Neutrinovoltaik zur Gewinnung von elektrischem Strom unter dem Einfluss verschiedener elektromagnetischer Strahlung, einschließlich hochenergetischer kosmischer Neutrinos basiert auf neueste Forschungsergebnisse, welche jetzt in den industriellen Standard überführt werden müssen. Indien, Russland und China haben sich darauf bereits jetzt mit Investitionen vorbereitet.

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