Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke
Innovationweek

Nachhaltigkeit Green City Bonds: Wie Städte über Anleihen den Klimaschutz finanzieren

München will eine Klimaschutz-Anleihe begeben wie Göteborg oder Paris. Das Modell gilt als hochattraktiv. Aber die Voraussetzungen müssen stimmen.
03.05.2021 - 11:09 Uhr Kommentieren
Die Stadt will mithilfe neuer Anleihen den Verkehr klimaschonender gestalten. Quelle: dpa
Der Englische Garten in München

Die Stadt will mithilfe neuer Anleihen den Verkehr klimaschonender gestalten.

(Foto: dpa)

Frankfurt Öffentliche Busse, die mit Elektroantrieb den Nahverkehr nachhaltiger gestalten, und Bildungsprojekte, die den Klimaschutz in Schulen thematisieren. Oder etwa energieeffiziente Gebäude, die CO2-armen Wohnraum ermöglichen: Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, müssen auch die deutschen Städte nachhaltiger werden.

Das Problem aber ist global. Öffentliche Verwaltungen auf der ganzen Welt arbeiten derzeit an der Verwirklichung von Nachhaltigkeitsprojekten. Um sie zu finanzieren, setzen die Städte sogenannte Green City Bonds ein - grüne Städte-Anleihen oder Klimaschutzanleihen.

Sie funktionieren wie herkömmliche Anleihen, nur dass die Projekte, die mit dem eingenommenen Geld finanziert werden, nachhaltig sein müssen. Das Versprechen: Die Städte erhalten günstiges Fremdkapital, um unkompliziert einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten.

Befürworter des Konzepts argumentieren, dass auf diese Weise langfristig der Umbau von Städten und Kommunen hin zur Klimaneutralität gelingen kann. Das Ziel ist, Entwicklungen zu finanzieren, die den CO2-Ausstoß reduzieren und Städte in ihrer Resilienz gegenüber der Klimakrise stärken. Die Vorbilder dafür sind schon jetzt: Göteborg, Paris oder Johannesburg.

Als einer der ersten Städte weltweit begab Göteborg beispielsweise grüne Anleihen. Innerhalb von fünf Jahren sammelte die Stadt über 2,5 Milliarden Dollar ein, finanzierte die Elektrifizierung der städtischen Busflotte, einen Eisenbahntunnel und die Reparatur einer Tram-Brücke.

Lohnend: ein Volumen von mindestens 100 Millionen Euro

In Deutschland hat sich die Form der Finanzierung noch nicht durchgesetzt - Beispiele sind rar. So begab die Stadt Hannover 2018 eine „grüne und soziale Anleihe“, nahm damit rund 100 Millionen Euro ein. In dieser Größenordnung soll sich nun auch die geplante Münchener Stadtanleihe bewegen, wie Christian Frey, der Kämmerer der Stadt München, erklärt.

Mit dem Geld sollen unter anderem die Energiestandards städtischer Gebäude verbessert und soll die Finanzierung der Verkehrswende unterstützt werden.

Laut Fritzi Köhler-Geib, Chefökonomin der Förderbank KfW, ist die Größenordnung sinnvoll: „Damit sich eine grüne Stadt-Anleihe lohnt, sollte das Volumen mindestens 100 Millionen Euro betragen.“

Anleihen sind mit zusätzlichen Kosten verbunden

Das Problem: Zunächst müssten Städte für die Green City Bonds erst einmal selbst Geld ausgeben, sagt Köhler-Geib: „Eine Anleihebegebung erfordert Investitionen vonseiten der Kommunen. Langfristig werden so natürlich Kapazitäten und Fähigkeiten aufgebaut, kurzfristig ist es aber erst mal ein Kraftakt.“

Das erlebt auch Kämmerer Frey: „So eine Anleihe ist ein Commitment.“ Dennoch sieht er große Vorteile: „Sie erlaubt es uns, eine Verbindung zu schaffen zwischen politischen und gesellschaftlichen Zielen und der Art und Weise der Finanzierung.“

Ob die Bürger in München die Klimaschutzanleihe mitzeichnen können, wie es bereits bei der Stadtanleihe der Fall war, wird aktuell noch geprüft.

Grüne Anleihen müssen Kriterien erfüllen

Allerdings können Städte die Klimaschutzanleihen nicht nutzen, um beliebige Projekte zu finanzieren. Denn die grünen Anleihen müssen bestimmten Kriterien entsprechen.

Dazu zählen etwa die „Green Bond Principles“, eine rechtlich zwar nicht bindende, aber weithin anerkannte Reihe von Regeln und Prinzipien, nach denen eine grüne Anleihe aufgebaut werden soll. Nach diesen richten sich die Banken, die die Anleihebegebung unterstützen.

DZ-Bank-Experte Pratsch erklärt den Prozess: „Wer eine grüne Anleihe ausgeben will, sollte erst ein Rahmenwerk erstellen, dann passende Projekte identifizieren, unabhängige Experten für die Second Party Opinion, also eine externe Einschätzung, gewinnen. Ganz am Ende steht dann die Bewerbung und schließlich die Platzierung der Anleihe.“

Das grüne Anleihen aus öffentlicher Hand auch für Investoren rentabel sein können, zeigt das Beispiel der grünen Bundesanleihe, die einen Preisvorteil gegenüber der Zwillingsanleihe bietet.

Green Bonds: Oft etwas geringere Rendite

Zwar sprechen Green City Bonds in erster Linie institutionelle Investoren an, erklärt Pratsch. Das liege „an der oftmals hohen Stückelung und anderen Restriktionen“. Doch Privatanleger könnten die Klimaschutzanleihen am Sekundärmarkt erwerben. „Dafür eignen sich vor allem Green City Bonds mit einer niedrigen Mindeststückelung, beispielsweise 1.000 Euro“, erläutert er.

Zudem besteht auch die Möglichkeit, indirekt zu investieren: „Eine Alternative sind etwa Green-Bond-Fonds.“ Die Rendite sei dabei vergleichbar mit konventionellen Anleihen, beobachtet Pratsch, denn sie richte sich in erster Linie nach Faktoren wie der Laufzeit, der Währung und dem Risikoprofil des jeweiligen Emittenten.

Was Anleger aber wissen sollten: „Allgemein beobachten wir bei einigen Green Bonds eine etwas geringere Rendite im Vergleich zu konventionellen Anleihen.“

Hinzu kommt, dass die Klimaschutzanleihen insgesamt weniger stark gehandelt werden als andere Anleihen, da Städte und Kommunen generell kleinere Emissionsvolumen aufweisen als beispielsweise Staaten oder Förderbanken, sagt Pratsch. Das liege vor allem daran, dass „insbesondere bei Green Bonds viele Buy-and-hold-Investoren vertreten sind, die die Anleihen oft bis zur Fälligkeit in ihren Depots halten“.

Vorbildfunktion der Städte

Den positiven Nutzen von Green City Bonds sehen Experten wie Pratsch doch auch in der Vorbildfunktion der Städte sowie der Sichtbarkeit im internationalen Vergleich: „Die öffentliche Hand sollte bei nachhaltigen Finanzen eine Vorreiterrolle einnehmen – auch, um andere Marktteilnehmer wie zum Beispiel Unternehmen zu inspirieren.“

Das sieht Köhler-Geib ganz ähnlich: „Es ist wichtig, dass es unter den Städten Vorreiter gibt, die bei der nachhaltigen Finanzierung Standards setzen.“ Besonders lohne es sich, „wenn man die Aufgaben der Kommunen – beispielsweise Bildung oder Verkehr – mit Klimaneutralität zusammenbringen möchte. So können Kommunen sozusagen zwei Fliegen mit einer Anleihe schlagen“, erklärt sie.

Deutschland hinkt hinterher

Wer als Lokalpolitiker verstehen möchte, was möglich ist, kann seinen Blick auch ins südafrikanische Johannesburg richten. Der von der Stadt bereits 2014 begebene Green Bond im Wert von rund 143 Millionen Dollar finanziert unter anderem 150 neue Busse mit sogenanntem Dual-Fuel Antrieb - einer Mischung aus Erd- oder Biogas und Diesel, sowie die Umstellung von 30 Bussen auf reines Biogas.

Global führend im Bereich der Green City Bonds sind allerdings die USA, gefolgt von der EU und den Schwellenmärkten. Markus Pratsch, Experte für nachhaltige Anleihen bei der DZ Bank, erklärt: „In den USA wurden 2016 über zehn Milliarden Dollar von Städten und Kommunen in Form von Green Bonds ausgegeben.“

Dass andere Länder bei Klimaschutzanleihen weiter sind, liegt vor allem an der Kommunalfinanzierung in Deutschland: Lange Zeit waren Finanzierungsmodelle wie die Klimaschutzanleihen für deutsche Städte nicht nötig. Denn Städte und Kommunen bestreiten hierzulande rund 80 Prozent ihrer Ausgaben aus öffentlichen Mitteln, die ihnen gesetzlich zustehen, wie Köhler-Geib erklärt. Nur 20 Prozent müssten die Städte und Kommunen durch Fremdkapital begleichen. Und das komme bislang in erster Linie durch Bankkredite, die die Kommunen hierzulande besonders einfach erhalten.

Finanzierungsbedarf der Städte steigt

Der Bedarf an externer Finanzierung steigt allerdings, denn der sogenannte Investitionsrückstand der Städte und Kommunen ist deutlich gewachsen.

So betrug er im Jahr 2020 lauf KfW-Kommunalpanel 147 Milliarden Euro, 2018 waren es noch 138,4 Milliarden, 2017 nur 126 Milliarden. Dabei sind Ausgaben, die die Städte zusätzlich aufwenden müssten, um die Wende hin zur Klimaneutralität zu schaffen, in diesen Zahlen noch gar nicht enthalten.

Durch die Corona-Pandemie könnte der Investitionsrückstand nun weiter ansteigen, was aus einer Studie des ZEW Mannheim und des Deutschen Instituts für Urbanistik hervorgeht.

So werde die Pandemie die Finanzlage der Kommunen in Deutschland insbesondere in klimarelevanten Bereichen dramatisch verschlechtern: In rund drei Vierteln der Kommunen mangele es an nötigen Mitteln in den Bereichen Straßen- und Verkehrsinfrastruktur, weitere Problembereiche sind Wohnraum und Wasserwirtschaft in 59 respektive 55 Prozent der Kommunen.

Laut KfW-Chefökonomin Köhler-Geib könnten Green City Bonds langfristig dazu beitragen, diese Investitionsrückstände auszugleichen.

Und wenn es für kleinere Kommunen zu schwierig ist, das Mindestvolumen für eine solche Anleihe zu erreichen?

Sie könnten sich bei sogenannten Pooling-Lösungen zusammenschließen, schlägt Köhler-Geib vor. Die Ökonomin ist überzeugt davon, dass Klimaschutzanleihen weiter an Bedeutung gewinnen werden. „Langfristig müssen wir aber über einzelne Pilotprojekte hinauskommen.“

Mehr: Anlegen mit Verantwortung: Diese fünf Onlinetools bringen Nachhaltigkeit ins Depot.

Startseite
Mehr zu: Nachhaltigkeit - Green City Bonds: Wie Städte über Anleihen den Klimaschutz finanzieren
0 Kommentare zu "Nachhaltigkeit: Green City Bonds: Wie Städte über Anleihen den Klimaschutz finanzieren"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%