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Anwalt Chan-jo Jun Die Akte Facebook

Der Würzburger Anwalt verklagt Facebook wegen Verleumdung eines syrischen Flüchtlings. Am Montag beginnt der Prozess. Es ist das erste Mal, dass Facebook sich in einer solchen Sache vor einem deutschen Gericht verantworten muss. Für Jun eine Genugtuung.
03.02.2017 - 17:09 Uhr Kommentieren
Das Selfie des Syrers mit der Kanzlerin wurde auf Facebook immer wieder in Zusammenhang mit Terroranschlägen und Straftaten gebracht. Quelle: Getty Images
Anas Modamani, Angela Merkel

Das Selfie des Syrers mit der Kanzlerin wurde auf Facebook immer wieder in Zusammenhang mit Terroranschlägen und Straftaten gebracht.

(Foto: Getty Images)

Würzburg Chan-jo Jun wischt mit den Fingern über sein Smartphone. Messer und Gabel hat er beiseitegelegt, er sitzt gemeinsam mit den Mitarbeitern seiner Kanzlei beim Mittagessen im Stammlokal. Ein neuer Artikel über seinen Fall ist online. „Ein Aufmacher“, stellt Jun beim Überfliegen des Textes fest. Schon treffen die ersten Mails von Redaktionen ein, die seine Aussagen im Text bestätigt haben wollen. Und so sitzt Jun über sein Handy gebeugt am Mittagstisch und beantwortet Nachrichten. Zwei bis vier Interviews gibt er täglich zu „dem Fall“.

„Der Fall“ ist sein Prozess gegen Facebook, der am Montag am Landgericht Würzburg verhandelt wird. Jun vertritt darin den syrischen Flüchtling Anas Modamani. Dessen Selfie mit Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde in Facebook-Postings immer wieder in Zusammenhang mit Terroranschlägen und Straftaten gebracht. Jun hat eine einstweilige Verfügung für seinen Mandanten erwirkt und klagt nun auf Unterlassung. Es ist das erste Mal, dass Facebook sich vor einem deutschen Gericht wegen Verleumdung verantworten muss. Für Jun eine Genugtuung.

„Wenn wir wollen, dass unsere Rechte gelten, müssen wir etwas dafür tun.“ Quelle: picture alliance /dpa
Chan-jo Jun

„Wenn wir wollen, dass unsere Rechte gelten, müssen wir etwas dafür tun.“

(Foto: picture alliance /dpa)

Der 42-Jährige ist schon mehrmals gerichtlich gegen das soziale Netzwerk vorgegangen – bislang ohne Erfolg. Mit dem Kampf gegen Face‧book hat sich der Würzburger IT-Anwalt deutschlandweit einen Namen gemacht. In Würzburg werde er mittlerweile auf der Straße angesprochen, erzählt Jun. „Dabei hatte ich nie die Absicht, so viel Zeit in dieses Thema zu investieren.“ Doch Facebooks arrogante Reaktion auf seine erste Klage wegen Volksverhetzung habe seinen Kampfgeist geweckt. Die Anwälte des Konzerns hätten ihn von oben herab behandelt: „Die haben gesagt: ‚Was wollen Sie eigentlich? Sie halten uns nur von der Arbeit ab.‘ Das konnte ich nicht auf mir sitzen lassen.“

Seitdem führt der Sohn koreanischer Einwanderer eine Kampagne gegen den Internetgiganten – auf allen Kanälen, auch auf Facebook selbst. Dort lud er ein Video hoch, in dem er der Plattform den Kampf ansagte: „Facebook, wir sehen uns vor Gericht.“ Der Fall Modamani kam für seine Mission gegen Facebook wie gerufen. Jun vertritt den Flüchtling unentgeltlich.

Wenn Jun von „dem Fall“ redet, spricht er schnell und viel, steht auf, läuft in seiner Kanzlei auf und ab, zeigt Gesetzestexte auf einem riesigen Flachbildschirm an der Wand. Er hat eine Mission: Facebook soll endlich deutsche Gesetze einhalten und verleumderische oder volksverhetzende Beiträge dauerhaft löschen. Was ihn stört, sei die generelle Verrohung der Debatten auf Facebook. „Der Ausdruck ‚scheiß Asylant‘ ist da ja mittlerweile schon Standard.“ Und Facebook ziehe sich aus der Verantwortung. Das will Jun nun ändern: „Wenn wir wollen, dass unsere Rechte gelten, müssen wir etwas dafür tun.“

Ein Sieg für Modamani wäre ein Sieg der deutschen Justiz gegen den US-Konzern, so sieht Jun es. Und natürlich ein persönlicher Erfolg für ihn. In Zukunft wolle er allerdings keine weiteren Verleumdungsfälle mehr annehmen, sagt er. Wenn Facebook sich an deutsches Recht halte, habe er sein Ziel erreicht.

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