Bastei-Lübbe-Chef Schierack „Wir müssen das Vertrauen im Finanzmarkt zurückgewinnen“

„Wir können eben nicht Quartal für Quartal gleich gute Zahlen liefern.“
Herr Schierack, der komplette Aufsichtsrat von Bastei Lübbe ist aus Compliance-Gründen zurückgetreten. Wie konnte es so weit kommen?
Die Firmen zweier Aufsichtsratsmitglieder erhielten einige Aufträge von uns. Das ist aktienrechtlich zulässig, wenn man – wie wir – einen Beschluss des Aufsichtsrats einholt. Wir sind durch die Beschlüsse rechtlich auf der sicheren Seite. Die Reaktion auf die Medienberichte hat uns aber klar gezeigt, dass wir es hätten besser gestalten können. Der Rücktritt der beiden sollte Schaden von der Gesellschaft und ihrem Ansehen abwenden. Der Aufsichtsratsvorsitzende hatte ebenfalls und unabhängig davon den Wunsch geäußert zurückzutreten.
Das alles hätten Sie schon bei Auftragsvergabe ahnen können.
Natürlich haben die Wirtschaftsprüfer jedes Jahr nach den Verträgen mit Vorständen oder Aufsichtsräten gefragt. Wir haben diese stets offengelegt. Vonseiten der Juristen oder Wirtschaftsprüfer sind die Punkte aber nie angemahnt worden. Wenn wir damals die Sensibilität gehabt hätten, die wir heute haben, hätten wir sofort reagiert.
Die Buchbranche ist konservativ. Sind nach den jüngsten Berichten viele Fragen von beunruhigten Autoren gekommen?
Wir haben einige Anfragen bekommen. Es melden sich mehr die Agenten als die Autoren. Wir haben jetzt proaktiv ein Rundschreiben gemacht und besuchen einige. Wir bieten Gespräche an.
Die Börse braucht eine Wachstumsstory. Welche haben Sie?
Wir wollen den Aktienkurs mit positiven Nachrichten steigern. Wir müssen das Vertrauen im Finanzmarkt zurückgewinnen. Ich weiß als CEO, dass das nicht von jetzt auf gleich geht. Wir werden 2017 eine Bestseller-Häufung haben. Und wir müssen dem Finanzmarkt zeigen, dass wir unsere digitalen Ansätze zum Erfolg bringen. Und auch hier gibt es klare Fortschritte.
Haben Sie den Börsengang nach der ganzen Unruhe bereut?
Ich habe in den letzten sechs Wochen den Börsengang in manchen Momenten bereut. Das ist im übertragenen Sinn gemeint und nur eine sehr kurzfristige Betrachtungsweise, mittel- und langfristig bringt uns die Börse viele Vorteile und eröffnet Möglichkeiten, die wir sonst nicht hätten.
Tatsächlich?
Tatsächlich. Man muss sehen, wo wir herkommen: 2006 und 2007 hatte Stefan Lübbe ...
... der inzwischen verstorbene Verleger ...
... Auseinandersetzungen mit seiner Schwester und kaufte schließlich ihre Anteile. Das musste alles finanziert werden. Zu dieser Zeit war der Verlag kaum in der Lage zu investieren. Uns war aber klar, dass wir als mittelständischer Verlag langfristig keine Chance haben, wenn wir nicht wachsen. Mit den finanziellen Mitteln der Familie Lübbe wäre es aber nur bis zu einem gewissen Grad gegangen. Die Anleihe und der spätere Börsengang haben uns die Möglichkeit gegeben, erhebliche Investitionen zu tätigen.
Allerdings um den Preis, dass Sie Quartal für Quartal die Anleger von Bastei Lübbe zufriedenstellen müssen.
Es ist eine dauerhafte Aufgabe, Investoren und Aktionären klarzumachen, dass die Buchbranche ihre eigene Zyklik hat und auch ein bisschen unberechenbar ist. Wir können eben nicht Quartal für Quartal gleich gute Zahlen liefern. Die Börse denkt in kürzeren Etappen, Unternehmen werden angetrieben, gute Zahlen und Wachstum zu liefern. Das ist manchmal anstrengend, aber es ist durchaus positiv, da es wie ein Antrieb wirkt.
Herr Schierack, vielen Dank für das Interview.
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