Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Bilanzcheck Deutsche Telekom Teurer Erfolg

T-Mobile US befeuert das Wachstum des Mutterkonzerns Deutsche Telekom. Doch so sehr die amerikanische Tochter der Mutter damit Freude bereitet: Unter Rendite-Gesichtspunkten ist sie eine Belastung. Und so steht Konzernchef Höttges vor einer schwierigen Frage.
29.05.2017 - 16:20 Uhr Kommentieren
Drittgrößter Anbieter im Markt. Quelle: dpa
T-Mobile US-Shop in New York

Drittgrößter Anbieter im Markt.

(Foto: dpa)

Düsseldorf Den Soundtrack für die Deutsche Telekom liefert in diesen Tagen eine Londoner Punkband. „Should I stay or should I go“, ein Hit von „The Clash“, dürfte Vorstandschef Timotheus Höttges im Ohr klingen, wenn er über die Zukunft des amerikanischen Ablegers T-Mobile US nachsinnt. Bleiben oder gehen?

Zweimal hat die Telekom bereits versucht, die Tochter zu verkaufen, die mehr eine Bürde war als eine Freude. Fast 40 Milliarden Euro hatte Höttges’ Vor-Vorgänger Ron Sommer 2001 für die Firma bezahlt, die damals noch Voicestream hieß. Doch die Bonner kamen auf dem amerikanischen Markt nicht zurecht, schrieben jahrelang rote Zahlen und beschlossen, sich lieber auf das Kerngeschäft in Europa zu konzentrieren. Doch zweimal – 2011 und 2014 – scheiterten Verkaufspläne an den US-Wettbewerbsbehörden.

Nun spricht die Telekom wieder mit den Konkurrenten in den USA – nur geht es nicht mehr darum, die Tochter unbedingt loszuwerden. T-Mobile-Finanzchef Braxton Carter erklärte, eine Fusion mit dem Mobilfunker Sprint könne Synergieeffekte von mehr als 30 Milliarden Dollar mit sich bringen. Darüber werde gesprochen, sagte Carter und ging sogar noch einen Schritt weiter: Das fusionierte Unternehmen könne sich später vielleicht mit den Kabelanbietern Comcast und Charter Communications zusammenschließen.

Diese kühnen Worte kann er sich erlauben, weil unter der Regierung Trump mit Ajit Pai ein Liberaler als Chef in die Wettbewerbsbehörde eingezogen ist. Zudem präsentierte T-Mobile US Quartal nach Quartal ein starkes Kundenwachstum. Mittlerweile ist der Telekom-Ableger drittgrößter Anbieter im Markt.

Für den Mutterkonzern wird T-Mobile US immer wichtiger. Amerika trägt mehr als 46 Prozent zum Gesamtumsatz bei, das Kerngeschäft in Deutschland nicht einmal 30 Prozent. Hätte T-Mobile US den Umsatz 2016 nicht um 16,6 Prozent gesteigert, wären die Konzernerlöse gesunken.

Zudem holen die Amerikaner beim Betriebsgewinn auf. Beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) ging es von 8,5 auf 10,9 Prozent Rendite nach oben, während sie im Deutschland-Geschäft – vor allem wegen teurer Personalmaßnahmen – von 20 auf 18,5 Prozent sank.

Der deutsche Anteil am Konzernergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) lag 2016 bei 41,1 Prozent, der der Amerikaner bei 40 Prozent. Damit stieg der US-Beitrag innerhalb von zwei Jahren um 11,3 Prozentpunkte. Dennoch liegt das Deutschland-Geschäft mit einer Rendite von 39,9 Prozent noch ein gutes Stück vor T-Mobile US. Die Amerikaner steigerten ihre Ebita-Marge stärker, lagen aber mit 25,4 Prozent immer noch deutlich unter der der Deutschland-Tochter.

Insbesondere die ungewöhnlichen Marketingaktionen gingen ins Geld. So spendiert T-Mobile US den amerikanischen Kunden für Streamingdienste wie Spotify oder Netflix ein unbegrenztes Datenvolumen. Jeden Dienstag gibt es über eine App Gratis-Angebote wie Pizzen, Milchshakes oder Filme. Und selbst Firmenaktien verschenkt der Mobilfunker beim Abschluss von Handyverträgen.

US-Chef John Legere luchst mit solchen Promo-Aktionen Wettbewerbern wie AT&T und Verizon in Scharen die Kundschaft ab – und steigerte die Zahl der eigenen Nutzer um 12,9 Prozent. Am Ende aber lag er bei der Umsatzrendite 15 Prozent unter dem Niveau des Telekom-Konzerns.

All dies aber ist Teil einer Aufholjagd, die mit einer weiteren Fusion gekrönt werden könnte. Um in der Telekombranche erfolgreich eigene Dienste anbieten zu können, muss zunächst mächtig ins Netz investiert werden – was T-Mobile in den fünf Jahren, dieses miteingerechnet, eigenen Angaben zufolge rund 40 Milliarden Dollar kostete, finanziert größtenteils aus dem Cashflow und eigenen Anleihen. Je mehr Kunden anschließend gewonnen werden, desto schneller machen sich die Ausgaben bezahlt.

Doch so sehr die amerikanische Tochter der Mutter Freude zu bereiten scheint, weil ihre Erlöse dynamisch zulegten, blieb sie 2016 unter Rendite-Gesichtspunkten eine Belastung.

Denn obwohl sie die Tochter gemäß den Rechnungslegungsvorschriften zunächst voll konsolidiert, muss sie am Ende 35 Prozent des Gewinns an Fremdgesellschafter auskehren– 2016 waren dies exakt 400 Millionen Euro. Schließlich gehören der Deutschen Telekom nur noch 65 Prozent am US-Mobilfunker.

Bei wichtigen Ertragskennziffern drückte die Tochter die Ergebnisse mehr, als sie zu heben. Da sie massiv in ihr Geschäft investierte, blieb ihr unterm Strich nur 1,3 Prozent vom Umsatz als freier Cashflow (operativer Cashflow abzüglich Investitionen). Die Telekom dagegen schaffte, gemessen an den Erlösen, eine Quote von 6,2 Prozent.

Für die Aktionäre dürfte das von hohem Interesse sein. Denn aus diesem Topf erhalten sie die Dividende. Immerhin soll sie für das abgelaufene Jahr um fünf Cent auf 60 Cent steigen, obwohl die Telekom nur 58 Cent verdiente. Wie in den vergangenen Jahren wird sie ihren Aktionären anbieten, sich die Ausschüttung in Aktien auszahlen zu lassen.

Auch bei der Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital drückte T-Mobile US den Konzern nach unten. Während die Deutsche Telekom auf 23,6 Prozent kam, mussten sich die Amerikaner mit 20,8 Prozent begnügen.

Dies aber belastet den zentralen Steuerungswert der Telekom, den „Return on Capital Employed“ – kurz ROCE. Er zeigt an, wie effizient der Konzern mit seinem Kapital arbeitet. 2016 lag die Gesamtkapitalverzinsung laut Telekom bei 5,7 Prozent.

Ohne den Verkauf von Anteilen am britischen Mobilfunker EE wäre sie wohl noch schlechter ausgefallen, doch auch so verdiente die Deutsche Telekom ihre eigenen Kapitalkosten nicht. Der Konzern gesteht dies ein, Zahlen nennt er nicht.

Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG schätzt die Kapitalkosten branchenweit (Telekommunikations- und Medienunternehmen) auf 7,2 Prozent. Die Telekom müsste für ihr Kapital danach 1,5 Prozent mehr bezahlen, als sie mit dem Geld verdient.

T-Mobile US verschärft die Lage zudem noch. Bei den Amerikanern verzinste sich das Betriebsvermögen, gemessen am Nettogewinn abzüglich Finanzergebnis, mit gerade einmal 4,5 Prozent.

2018, hat Höttges seinen Aktionären im Geschäftsbericht versprochen, werde der ROCE erstmals wieder die Kapitalkosten übersteigen. Ein Verkauf von T-Mobile US – oder eine Fusion mit einem Wettbewerber – könnte dies beschleunigen.

Der damit verbundene Einnahmeausfall in Bonn bliebe unauffällig. Weil ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit T-Mobile US fehlt, finden die Gewinne jenseits des Atlantiks aus Bonner Sicht nur auf dem Papier statt. Nicht einmal Dividenden erhält der Großaktionär am Rhein. Denn T-Mobile US schüttet traditionell nicht einen Cent aus.

Das Einzige, was der Telekom und ihren Aktionären bislang bei der US-Tochter wirklich Freude bereitete, war ein rasanter Kursanstieg der seit Mai 2013 notierten Aktien von T-Mobile US. Bis heute hat sich der Ausgabewert mehr als vervierfacht.

Der Verkaufszeitpunkt wäre günstig. Bis zum Jahresende 2016 kletterte der Wert des Telekom-Aktienpakets an der US-Tochter auf 32,2 Milliarden Euro.

Allerdings scheint der reine Verkauf unwahrscheinlich. T-Mobile US ist die stärkere Marke als die der Konkurrenten. US-Chef John Legere hatte deswegen bereits zu Jahresanfang erklärt, man arbeite gerne mit einem Wettbewerber zusammen. Allerdings sähe er den eher hinten im Bus sitzen, während T-Mobile US am Steuer bleibe. Zudem erklärte Konzernchef Höttges Ende März: „T-Mobile US hat inzwischen die Größe und die Finanzkraft, um den Wachstumskurs erfolgreich weiterzuführen. Das ist die Erfolgsstory, die wir fortsetzen wollen.“ Nach Verkauf klingt das nicht.

Offenbar vertraut Höttges auf einen Wertzuwachs bei T-Mobile US, wie zuletzt 2016: Mit einem Kursplus von 47 Prozent verteuerte sich sein Aktienpaket um 10,3 Milliarden Euro. Auch die eigene Aktie profitiert stark von der Fantasie der Anleger, was mit T-Mobile US weiter passieren wird. Zuletzt gab die US-Investmentbank Goldman Sachs dem Telekom-Papier einen Schub, indem sie es in ihre Empfehlungsliste aufnahm.

Die Entscheidung über die Zukunft der Tochter dürfte Höttges deshalb kaum leicht fallen. Ohne die US-Tochter fehlt eine überzeugende Wachstumsstory – frei nach dem Schmuse-Evergreen, den einst die US-Musikkapelle „Chicago“ hinterließ: „If you leave me now, you’ll take away the biggest part of me.“

Die größten Stärken und Schwächen der Deutschen Telekom
Seite 12Alles auf einer Seite anzeigen
Mehr zu: Bilanzcheck Deutsche Telekom - Teurer Erfolg
0 Kommentare zu "Bilanzcheck Deutsche Telekom: Teurer Erfolg"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%