Die SMS wird 20: Der Goldesel der Mobilfunk-Konzerne
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Die SMS wird 20Der Goldesel der Mobilfunk-Konzerne
Vor 20 Jahren verschickte ein britische Ingenieur die erste SMS. Heute ist die Kurznachricht für viele Handy-Nutzer unverzichtbar. Doch zum runden Geburtstag ist sie großer Konkurrenz ausgesetzt – endet die SMS-Ära bald?
Berlin „Merry Christmas“ lautete vor 20 Jahren die erste SMS der Welt. Der Software-Entwickler Neil Papworth verschickte die etwas verfrühten Weihnachtsgrüße am 3. Dezember 1992 an das Handy eines Managers des britischen Telekom-Riesen Vodafone. Den Text musste Papworth am Computer tippen: Die damaligen Handys waren dafür noch nicht bereit.
Der zwei Worte kurze Test von Papworth wurden zum Wegbereiter einer neuen Kommunikationskultur. Die bis zu 160 Zeichen langen Nachrichten sind aus dem modernen Alltag nicht wegzudenken – obwohl es anfangs einige Zweifel am Erfolg gab, mussten die Buchstaben doch unbequem über die Zahlentastatur eingetippt werden. Allein in Deutschland wurden im vergangenen Jahr rund 55 Milliarden SMS verschickt. In den USA waren es sechs Milliarden Kurzmitteilungen pro Tag. Kein Wunder, dass die SMS zum Goldesel der Mobilfunk-Konzerne wurde, auch wenn die einstigen 20 Cent pro Nachricht weitgehend Inklusiv-Tarifen gewichen sind.
Doch zum 20. Geburtstag ist unübersehbar, dass der SMS mit dem Vormarsch der Smartphones und immer neuen Alternativen die Hoheit über mobile Text-Nachrichten immer mehr entgleitet. Facebook mit mehr als einer Milliarde Mitglieder hat einen eigenen kostenlosen Messenger. Der Dienst WhatsApp erfreut sich trotz aller Negativschlagzeilen über Sicherheitslücken ungebrochener Beliebtheit. Und iPhone-Nutzer merken oft nur noch an der Farbe, ob sie gerade eine normale SMS oder eine Nachricht über Apples hauseigenen Service iMessage an ein anderes Gerät aus der Modellpalette des Konzerns verschickt haben.
Die Marktforscher von Ovum haben die Abhängigkeit der Mobilfunk-Anbieter vom steten SMS-Fluss in Zahlen gefasst. Knapp 14 Milliarden Dollar an Einnahmen seien der Branche weltweit allein im vergangenen Jahr durch die Ausbreitung der neuen Online-Alternativen entgangen, schätzten sie. Bis 2016 dürften sich die Einbußen demnach auf 54 Milliarden Dollar addieren. Das ist viel Geld für ein Geschäft, das ständige Milliarden-Investitionen in den Netzausbau erfordert.
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Die Industrie versucht gegenzusteuern. Die Netzbetreiber setzen auf den gemeinsam entwickelten Multimedia-Dienst Joyn, der auch Videotelefonie beherrscht. Sie wollen dafür ihre Schlüsselposition nutzen: Joyn, vermarktet als SMS-Nachfolger, soll auf möglichst vielen Geräten vorinstalliert werden. Zudem wird der Dienst tief in die Handy-Software wie etwa das Adressbuch integriert.
Das kann der SMS-Nachfolger Joyn
Bei SMS ist nach 160 Zeichen Schluss – bei Joyn nicht: Der neue Dienst ermöglicht ähnlich wie WhatsApp oder Skype seitenlange Chats.
Nutzer können über Joyn Bilder, Videos, Kontakte und beliebige andere Dateien verschicken. Der Versand erfolgt über die Internetverbindung.
Wenn die Internetverbindung oder der Tarif es hergibt, können Nutzer beim Telefonieren die Kamera zuschalten.
Joyn soll nicht auf einzelne Geräte beschränkt sein. Alle großen Hersteller außer Apple wollen den Dienst integrieren, auch die viele Netzbetreiber haben ihre Unterstützung zugesagt.
Vor rund zehn Jahren machte die Branche bereits einen Anlauf, mit der MMS (Multimedia Messaging Service) die Kurznachrichten um Bilder und Videos zu ergänzen. Doch die Nutzung blieb vergleichsweise gering, auch wegen der höheren Tarife. In der Ständig-Online-Ära sind die neuen Alternativen der MMS überlegen.
Technisch gesehen ist die SMS ohnehin ein Relikt. Der Grundstein wurde noch in den 80er Jahren bei der Entwicklung des GSM-Mobilfunk-Standards gelegt. Die Beschränkung auf 160 Zeichen – 20 davon sind meistens technischer Kommunikation vorbehalten – ist der damaligen Technologie geschuldet. Immerhin bereicherte der enge Raum die Sprache mit Abkürzungen wie „CU L8R“ für das englische „bis später“ oder „HDL“ für „Hab' Dich lieb“.
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