Dubioser Deal mit südafrikanischem Gupta-Clan SAP und die Zehn-Prozent-Familie vom Kap

Der Vorstand in Deutschland lässt die Vorwürfe in Südafrika untersuchen.
Johannesburg Auf den ersten Blick wirkt das Anwesen der Gupta-Familie in dem lauschigen Johannesburger Vorort Saxonwold gar nicht so protzig, wie die vielen Berichte glauben machen. Die neben dem Johannesburger Zoo gelegene Ansammlung von Villen umspannt zwar einen ganzen Straßenblock und wird, wie fast überall in Südafrika, von einer mächtigen Mauer geschützt. Aber alles andere wirkt eher unscheinbar. Nur das Haupthaus mit seinen weißen Säulen gibt dem Komplex einen etwas offizielleren Anstrich.
Niemand in Südafrika hätte noch vor kurzem ahnen können, dass ausgerechnet hier, in einer ruhigen Seitenstraße der Wirtschaftsmetropole Johannesburg, Schicksalsfragen der südafrikanischen Nation entschieden wurden, darunter die Besetzung wichtiger Kabinettspositionen, aber auch der Chefposten bei Staatsunternehmen wie etwa dem Strommonopolisten Eskom. Doch ihr enges Verhältnis zu Südafrikas Staatschef Jacob Zuma und dessen Familie hat den Guptas nicht nur zahllose lukrative Staatsaufträge beschert, sondern auch enormen Einfluss auf zentrale staatliche Institutionen – worüber Südafrika nun in eine politische Krise stürzt.

Durch die Geschäfte der Brüder in Südafrika gerät nun auch SAP unter Druck.
„Nie zuvor ist eine ausländische Familie ohne irgendwelche besonderen Qualifikationen wie die Guptas mit nur ein paar Habseligkeiten in ein Land gekommen, hat dessen gefügigen Präsidenten zur Zerstörung wichtiger Institutionen verleitet und sich dann schamlos bereichert, ohne auch nur ein Fünkchen Scham zu empfinden“, schäumt Barney Mthombothi, einer der führenden Kommentatoren am Kap.
Kopf der Familie Gupta sind die drei Brüdern Atul, Ajay und Rajesh, die kurz nach der Machtübernahme des bis heute regierenden Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) im Jahre 1994 aus dem nordindischen Saharanpur nach Südafrika zogen und hier das Unternehmen Sahara Computers gründeten, das zunächst mit Gebrauchtrechnern handelte. Seitdem sind die Guptas auch in den Minen-, Immobilien- und Mediensektor vorgestoßen – und haben im Zuge dieser Expansion offenbar eine Reihe staatlicher Einrichtungen unterwandert, die ihrer Expansion im Wege standen.
Zumas Sohn Duduzane, einst Auszubildender bei Sahara Computer, ist seit längerem direkt oder indirekt an mehreren der Gupta-Unternehmungen am Kap beteiligt, darunter die Mediengruppe Infinity und der Minenkonzern Tegeta.
Wie weit die Tentakel der Guptas in Südafrikas Staat und Wirtschaft wirklich reichen, wurde im vergangenen Monat deutlich, als durch bislang noch ungeklärte Umstände große Mengen privater E-Mails der indischen Unternehmerfamilie an die Medien gelangten. Die angeblich rund 200.000 Mails werden nun tröpfchenweise von der investigativen Journalistengruppe „Ama Bhungane“ („die Mistkäfer“) veröffentlicht und haben den Verdacht zur Gewissheit werden lassen, dass die Guptas durch ihre große Nähe zum Staatschef wichtige Regierungsentscheidungen mitbeeinflusst und vor allem regelmäßig stark von staatlichen Großaufträgen profitiert haben.
Südafrikanisches Management beurlaubt
Durch die sogenannten Gupta-Leaks ist nun auch eine Reihe ausländischer Unternehmen unter Druck geraten, darunter in dieser Woche der deutsche Softwarekonzern SAP. Nach Informationen von Ama Bhungane, der journalistischen Enthüllungsplattform, soll SAP der eng mit den Guptas verbundenen Firma CAD House, die offiziell 3D-Drucker verkauft und Präsident Zumas Sohn Duduzane gehört, fast sieben Millionen Euro überwiesen haben. Bei dieser Summe soll es sich um Schmiergeld für Vermittlungsdienste von CAD House im Rahmen eines größeren Staatsauftrags für SAP handeln. Um einen Auftrag in Höhe von umgerechnet rund 70 Millionen Euro vom staatlichen südafrikanischen Transportkonzern Transnet zu bekommen, soll SAP Südafrika zehn Prozent des Auftragsvolumens als Vermittlungsgebühr an CAD House gezahlt haben – viel mehr als sonst bei ähnlichen Kontrakten üblich.
Obwohl die Führung von SAP Südafrika die Vorwürfe noch zur Wochenmitte entschieden zurückgewiesen hatte, hat der SAP-Vorstand in Deutschland das südafrikanische Management des Unternehmens inzwischen so lange beurlaubt, bis eine Untersuchung der Vorwürfe gegen SAP Südafrika durch eine internationale Anwaltskanzlei abgeschlossen ist. Dutzende der durchgesickerten E-Mails zeigen angeblich nicht nur, auf welche Weise die Schmiergelder gezahlt wurden, sondern auch, dass die Gupta-Familie Zugang zu vertraulichen Entwürfen von Verträgen von SAP Südafrika mit dem Stromkonzern Eskom hatte. Alle an SAP Südafrika vergebenen Aufträge sollen nun nach Angaben von SAP-Vorstandsmitglied Adaire Fox-Martin gründlich untersucht werden. Fox-Martin ist für die SAP-Niederlassungen in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika verantwortlich und verspricht eine lückenlose Aufklärung.
SAP ist nach der Unternehmensberatung McKinsey und dem britischen Public-Relations-Spezialisten Bell Pottinger bereits das dritte ausländische Unternehmen in Südafrika, das in den Sog der Guptas und ihrer dunklen Geschäfte geraten ist.
Im Rahmen der Gupta-Leaks sind auch führende Politiker wie der erst vor drei Monaten neu ernannte Finanzminister Malusi Gigaba ins Visier geraten, was für Investoren vor allem deshalb bedenklich ist, weil dieses Ministerium bislang als eine Art Stabilitätsgarant für die internationale Geschäftswelt galt. Wie aus den E-Mails der Guptas hervorgeht, hat Gigaba in seiner vorherigen Position als Innenminister den Guptas im Schnellverfahren zu einer unbeschränkten Aufenthaltsgenehmigung verholfen. Was umso merkwürdiger anmutet, als ein pflichttreuer Beamter genau dies zuvor ausdrücklich abgelehnt hatte.
Ihren größten Coup landeten die Guptas aber wohl bei einem anderen Auftrag des Staatskonzerns Transnet: So flossen bei einem Vertrag Transnets mit einem chinesischen Unternehmen über die Lieferung von 359 Lokomotiven angeblich fast 400 Millionen Euro als Vermittlungs- und Beratungsgebühr an Geschäftspartner und Unternehmen aus dem Umfeld der Guptas. Das wäre rund ein Fünftel der gesamten Auftragssumme und selbst für das Korruptions-Eldorado Südafrika ein aberwitzig hoher Betrag.
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