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Ende der Super League Fußball-Milliardäre blamieren sich mit Exklusivliga – Uefa triumphiert

Es sollte ein Befreiungsschlag für Europas reichste Fußballklubs werden, doch die Super League ist krachend gescheitert. Wandern nun Eigentümer ab?
21.04.2021 - 17:35 Uhr 1 Kommentar
Das Graffiti „Der gescheiterte Coup“ zeigt Juve-Boss Andrea Agnelli. Quelle: AFP
Straßenbild in Turin

Das Graffiti „Der gescheiterte Coup“ zeigt Juve-Boss Andrea Agnelli.

(Foto: AFP)

Madrid, London, Rom Am Mittwoch hat die italienische Zeitung „La Repubblica“ ein Interview mit Andrea Agnelli veröffentlicht. Eigentlich nicht ungewöhnlich, doch verteidigt der Präsident des Fußballklubs Juventus Turin darin stur die Gründung der European Super League (ESL) in Konkurrenz zur Champions League. „Wir wollen den schönsten Wettbewerb der Welt schaffen“, klärt der Spross der Fiat-Dynastie, die über ihre Holding Exor die Mehrheit am italienischen Rekordmeister hält. „Wir machen weiter.“

Zum Redaktionsschluss existierte die Super League noch, Agnelli wollte ihr Vizepräsident werden. Doch am nächsten Morgen wirken die Sätze wie von einem anderen Planeten: Das Milliardenprojekt endete in der Nacht so plötzlich wie es begann. Am Sonntagabend hatten zwölf Spitzenklubs aus England, Italien und Spanien ihren Plan verkündet und die Fußballwelt überrumpelt. 48 Stunden später stiegen die sechs englischen Klubs nach scharfen Fanprotesten schon wieder aus.

Für die größten Namen der Branche ist das ein sprichwörtliches Eigentor. Real Madrid, Juventus Turin und Manchester United waren die treibenden Kräfte hinter dem neuen Wettbewerb nach Vorbild der US-Profisportligen. Sie wollten aus der Champions League des europäischen Fußballverbands Uefa aussteigen und in einer eigenen Exklusivliga mit 15 festen Mitgliedern spielen. Jedem der auserwählten Teams winkten dreistellige Millioneneinnahmen im Jahr.

Nach dem Absprung der englischen Klubs räumte auch Agnelli am Mittwochvormittag ein, dass die Super League gescheitert sei. Auf die Frage der Nachrichtenagentur Reuters, ob das Projekt noch umsetzbar sei, antwortete er: „Nein, das geht offensichtlich nicht.“ Er bereue nichts, glaube weiterhin, dass der Fußball in Europa eine Veränderung brauche. Aber klar sei auch, „dass dieses Projekt jetzt nicht mehr läuft“.

Dagegen hüllt sich der Mann, der die ESL maßgeblich angestoßen hat und ihr Chef werden sollte, bislang in Schweigen: Florentino Pérez, Präsident von Real Madrid. Ein vereinbartes TV-Interview ließ er am Dienstagabend platzen.

Die Manager und Eigentümer der zwölf Klubs (sechs aus England, je drei aus Italien und Spanien) sind blamiert. Der US-Milliardär John Henry, Besitzer des FC Liverpool, bat die Fans in einer zweiminütigen Videobotschaft um Verzeihung und gelobte Besserung. „Ich entschuldige mich für die Störungen, die ich in den vergangenen 48 Stunden verursacht habe“, sagte der Unternehmer. „Ich allein bin verantwortlich für die unnötige Negativität.“

Super League: Klubs in England knicken nach Protesten ein

Wie konnte es zu diesem Debakel kommen? Wieso haben die Eigentümer die Reaktionen nicht kommen sehen? Die Bundesligavereine Bayern München und Borussia Dortmund etwa hatten die Lage richtig eingeschätzt und sich trotz einer Einladung scharf von der ESL distanziert.

Vor allem in England ist der Fan-Furor offenbar unterschätzt worden. Dort protestierten Hunderte Fans vor den Stadien, „Die Armen haben es aufgebaut, die Reichen stehlen es“ war mehrfach auf Transparenten zu sehen. Prominente Trainer wie Jürgen Klopp (Liverpool) und Pep Guardiola (Manchester City) gingen öffentlich auf Distanz zum Projekt und den eigenen Bossen.

Sämtliche Zeitungen machten Stimmung gegen die neue Superliga. Regierung und Verbände drohten mit Sanktionen. Das ganze Land schien geeint gegen die Abtrünnigen, die nach vorherrschender Meinung den Nationalsport ruinieren wollten.

In Italien und Spanien waren die Proteste nicht ganz so groß, womöglich auch, weil dort noch schärfere Corona-Regeln gelten als in England. Aber auch hier taten die Anhänger ihren Unmut kund: „Unsere Geschichte sollte nicht getrübt, getauscht und vermarktet werden“, schrieben Juventus-Fans auf ein weißes Banner vor dem Stadion. „Nein zur Superliga, schämt euch!“

Unter dem öffentlichen Druck fielen die englischen Vereine am Dienstagabend wie Dominosteine um. Erst Chelsea und Manchester City, dann der Rest. Die spanischen und italienischen Klubs hingegen veröffentlichten zunächst ein gemeinsames Statement, in dem sie an dem Projekt festhielten und einen „Umbau“ in Aussicht stellten. Auch wenn bereits am Dienstag Atletico Madrid und der FC Barcelona als Aussteiger gehandelt wurden, erst am Mittwoch räumten die Ersten die Niederlage ein.

Man habe „am vergangenen Montag die Entscheidung getroffen, sich diesem Projekt anzuschließen, als Reaktion auf Umstände, die heute nicht mehr gegeben sind“, erklärte Atletico. „Für den Verein ist die Harmonie zwischen allen Gruppen, die die rot-weiße Familie ausmachen, besonders wichtig, vor allem unter unseren Fans.“

United-Vorstand Woodward geht, Agnelli wackelt

Die Pleite der Super League könnte weitreichende Folgen für das Milliardengeschäft Fußball haben. In England könnte die Fan-Revolte dazu führen, dass der Einfluss der Eigentümer beschnitten wird. Die sechs beteiligten Vereine Arsenal, Chelsea, Tottenham, Manchester City, Manchester United und Liverpool gehören alle Milliardären, deren Rolle seit Langem umstritten ist.

Mit dem Vorstoß haben die Eigentümer auch die Aufmerksamkeit der Regierung von Boris Johnson auf sich gezogen. Diskutiert wird unter anderem, das Mitspracherecht der Fans wie in Deutschland gesetzlich festzuschreiben. Spekuliert wird auch darüber, ob einzelne Milliardäre wie Manchester-United-Chef Joel Glazer nun ihre Anteile verkaufen, nachdem der lukrative ESL-Plan vereitelt wurde. In jedem Fall gelten nun die bei Investoren ungeliebten Regeln des „Financial Fairplay“ der Uefa weiter.

Erste personelle Konsequenzen gibt es bereits: Der langjährige Statthalter der Glazer-Familie bei Manchester United, Ed Woodward, trat am Dienstagabend zurück. Er war einer der stärksten Verfechter der Super League.

Auch Juve-Boss Agnelli wackelt. Er hatte für die ESL sein Amt bei der europäischen Klubvereinigung ECA geräumt und könnte nun auch als Präsident in Turin vor dem Aus stehen. Als möglicher Nachfolger wird sein Cousin Alessandro Nasi gehandelt, der ebenfalls in der Familienholding der Fiat-Erben sitzt, die Juventus mehrheitlich kontrolliert. Nasi kümmerte sich bislang vor allem um die Roboterfirma Comau, die als ehemalige Fiat-Tochter zum neuen Stellantis-Reich gehört.

Uefa geht gestärkt aus dem Machtkampf hervor

Was die Eigentümer am meisten schmerzen dürfte: Die verhasste Uefa, die sie mit der Super League ausbooten wollten, geht gestärkt aus dem Debakel. Uefa-Präsident Aleksander Ceferin gab sich großmütig. Es sei bewundernswert, Fehler einzugestehen, sagte der Chef des europäischen Fußballverbands. „Und diese Klubs haben einen großen Fehler gemacht.“

Unklar ist, wie die Uefa mit den reuigen Rückkehrern nun umgeht. Denkbar sind Geldstrafen, Punktabzug und Sperren. Erwartet wird aber auch, dass die Klubs langfristig in der reformierten Champions League einen höheren Anteil der Werbeeinnahmen bekommen. Die Uefa hat jüngst eine Aufstockung sowie einen neuen Spielmodus versprochen, der mehr Partien verspricht, die sich an Rechteverwerter wie Fernsehstationen verkaufen lassen. Damit hätten sie dann zumindest das Ziel erreicht, ihre Einnahmesituation zu verbessern.

Motiv für die Super League waren vor allem die desaströsen Finanzen der Vereine. Insbesondere die südeuropäischen Klubs wollten die garantierten Millionen-Einnahmen nutzen, um die roten Zahlen zu verringern. Aufgrund der Spielpausen in der Pandemie war die Schuldenlast im vergangenen Jahr bei vielen noch gestiegen.

Inter Mailand etwa, seit 2016 kontrolliert vom chinesischen Investor Suning, hat 323 Millionen Euro an Verbindlichkeiten angehäuft. Beim Stadtkonkurrenten AC, hinter dem seit 2018 der US-Hedgefonds Elliott des Milliardär Paul Singer steht, betragen die Nettoschulden 104 Millionen Euro.

Nach massiven Fan-Protesten gegen die Super League zogen die englischen Klubs am Dienstagabend die Reißleine. Quelle: imago images/Sportimage
Chelsea-Fans in London

Nach massiven Fan-Protesten gegen die Super League zogen die englischen Klubs am Dienstagabend die Reißleine.

(Foto: imago images/Sportimage)

Bei Agnellis Juventus stehen gar Schulden von 390 Millionen Euro in den Büchern. Auch Manchester United, einst im Rahmen einer schuldenfinanzierten Übernahme gekauft, schiebt Nettoschulden in Höhe von 455 Millionen Pfund vor sich her. Eine eigene Liga würde nicht nur die Einnahmen optimieren, es würden auch die Uefa-Regeln des Financial Fairplay ausgehebelt.

Am Ende könne das Scheitern der ESL dem Fußball nützen, sagt Eduardo Fernández-Cantelli, Professor für Sport-Management an der Business School IE in Madrid. „Der missglückte Vorstoß ist eine nötige Katharsis“, sagt er. „Allen ist jetzt klar geworden, dass sich etwas ändern muss.“ Künftig werde die Uefa womöglich stärker zum Manager der Entscheidungen der Klubs, statt diese selbst zu treffen.

Der Experte unterstützt auch das Argument des Real-Präsidenten Perez, dass man womöglich die Regeln im Fußball ändern müsse, um mehr junge Zuschauer für das Spiel zu gewinnen und damit langfristig die TV-Einnahmen zu stabilisieren. „Es muss ein Weg gefunden werden, damit die Einnahmen aus den Medienrechten künftig noch genauso wichtig sind wie heute“, sagt Fernández-Cantelli. Dafür müsste sich womöglich die Spiellänge ändern oder die Vereine müssten mit den Zuschauern während der Spiele in den sozialen Medien kommunizieren.

Mehr: Diese Milliardäre stehen hinter den Klubs der Super League.

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1 Kommentar zu "Ende der Super League: Fußball-Milliardäre blamieren sich mit Exklusivliga – Uefa triumphiert"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Komplett absurd! Es ist schon der komplett falsche Ansatz, ständig die Einnahmen erhöhen zu wollen, wenn Lücken in der Kasse klaffen. Wie wäre es stattdessen damit, mal die Ausgaben zu reduzieren? Wenn das Geschäft Profifußball schon für die reichsten Dauerteilnehmer der Champions League nicht mehr rentabel ist, sollten sie eventuell erwägen, etwas sparsamer zu haushalten. Gehälter von Neymar, Messi und Co. sind ja nicht das Resultat davon, dass man junge Menschen nicht mehr anders zu ihrem Lieblingssport motivieren kann ;-) sondern des Eindrucks, es werden Milliarden gescheffelt und die Protagonisten wollen ihren gerechten Anteil vom Kuchen. Wenn der Kuchen in Wahrheit/ Zukunft kleiner ist, wird er dennoch alle satt machen und Fans haben wieder mehr Spaß und Freude am Spiel!

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