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Filmindustrie-Report Deutsche Visual-Effects-Firmen sind in Hollywood gefragt wie nie

Die deutsche Filmindustrie überrascht mit einer Vorreiterrolle in einer Nische: visuelle Effekte. Filmförderung könnte weitere Wunder bewirken.
18.04.2018 - 18:00 Uhr Kommentieren
Filmdreh vor dem Green Screen. Quelle: Rat Pack/Malao/Warner Bros.
Am Set von „Jim Knopf“

Filmdreh vor dem Green Screen.

(Foto: Rat Pack/Malao/Warner Bros.)

München, Berlin Gespannt öffnet Dennis Gansel die Tür zur Marlene-Dietrich-Halle. Es ist eine der größten Filmhallen Europas im Studio Babelsberg in Potsdam. Hier will der Regisseur seinen Film drehen: „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“. Doch über das, was er sieht, ist er enttäuscht. Etwas Fußboden ist verlegt, darauf drei Bretterbuden gezimmert, es gibt Stufen und die Tür zum Palast.

Ansonsten nur Grün. Eine riesige grüne Fläche. Das soll Mandala sein, fragte er sich? Das Land, in das Jim und Lukas von Lummerland aus reisten, das Land mit den bunten, durchsichtigen Bäumen und den mächtigen Palasttoren?

So sieht sie aus, eine Kinoproduktion im Jahr 2018. Die Fantasiewelt Mandala, die „Jim Knopf“-Autor Michael Ende an China angelehnt hat, wurde für das Kino fast komplett am Computer erschaffen. Mit digitalen Bildern. Genau wie ein großer Teil des gesamten Films, der derzeit in den Kinos läuft.

Die technischen Möglichkeiten sind gigantisch. Quelle: Rat Pack/Malao/Warner Bros.
Die fertige Szene in „Jim Knopf“

Die technischen Möglichkeiten sind gigantisch.

(Foto: Rat Pack/Malao/Warner Bros.)

26 Millionen Euro hat die Neuverfilmung von Jim Knopfs Geschichte gekostet, exorbitant für deutsche Verhältnisse. Ein großer Anteil davon, etwa acht Millionen Euro, war für visuelle Effekte (VFX). Rekord im deutschen Filmbusiness.

Damit steht die „Jim Knopf“-Verfilmung für einen Trend in der gesamten Branche. Fast kein Film kommt heute mehr ohne visuelle Effekte aus. Das zeigt auch die Liste der Nominierten für den Deutschen Filmpreis, der an diesem Freitagabend vergeben wird. Die Macher von „Jim Knopf“ hegen die Hoffnung auf eine Nominierung für 2019.

Was früher nur die reine Nachbearbeitung war, das Aufhellen von Szenen oder Rausschneiden eines vergessenen Kamerastativs, wird zunehmend zum kreativen Part. Firmen wie Trixter, Mackevision oder Rise entwickeln Landschaften und Charaktere, die später perfekt mit dem Realfilm zusammenpassen.

Die Deutschen nehmen hierbei eine Vorreiterrolle ein. In vielen Hollywoodproduktionen steckt mittlerweile Technik made in Germany. Blockbuster aus dem Marvel-Kosmos wie die „Avengers“-Reihe oder Serien wie „Game of Thrones“ sind ohne die Deutschen undenkbar. Spätestens seit 2012, als die Stuttgarter Firma Pixomondo für die Effekte in „Hugo Cabret“ einen Oscar gewann, blicken die Produzenten der großen Studios auf die Deutschen. Zwar ist die Branche mit etwa 700 Beschäftigten noch relativ klein, doch sie wächst gewaltig. Vor 15 Jahren gab es die meisten der Firmen noch gar nicht.

Der VFX-Anteil in den Filmen nimmt stetig zu, nicht nur im Kino. Die großen Streaminganbieter wie Netflix, Amazon oder Hulu produzieren mittlerweile eigenen und digitallastigeren Content, auch hier gibt es schon Kooperationen mit deutschen Effekte-Firmen. Hinzu kommen deutsche Produktionen, etwa zuletzt die vom Pay-TV-Sender Sky und ARD Degeto koproduzierte Serie „Babylon Berlin“, für die die VFX-Firma Rise an 800 Einstellungen arbeitete und so das Berlin der 20er-Jahre zum Leben erweckte.

Wie im Hochsicherheitstrakt

Rise hat seinen Sitz mittendrin in den Höfen am Berliner Osthafen, szeniger Kreuzberger Wrangelkiez. Gut 30 Leute sitzen in einem der Großraumbüros, die meisten sind männlich, tragen Kapuzenpulli und Sneakers. Über die aufgereihten Monitore laufen komplexe Programmierungen, es sind oft winzige Details, an denen sie hier monatelang arbeiten. Zu welchen Projekten sie gehören, ist natürlich geheim. Es gibt Verschwiegenheitsvereinbarungen, selbst die schweren Türen zwischen den Backsteinmauern erinnern an einen Hochsicherheitstrakt, Zutritt nur mit ID-Karte, die Vorgaben der US-Studios sind streng.

Robert Pinnow, einer von vier Rise-Gründern, steht im angrenzenden Vorführraum, Blick auf die Spree, ein riesiges Display an der Wand. Pinnow schaut sich die Szenen aus „Babylon Berlin“ an. Das könnte er immer wieder, großartig sei die Serie geworden, sagt er. Trotzdem fallen ihm vor allem die Mängel auf. Etwa da, wo der Alexanderplatz der Zwanzigerjahre zu sehen ist. „Diese Stufen waren damals noch nicht da, aber die haben wir nicht mehr geschafft zu entfernen.“ Oder dort, eine Szene in einem U-Bahnhof: „Da sieht man den Blindenstreifen am Gleis, den gab es in den 20ern natürlich auch noch nicht.“ Allein 70 Artists, so heißen die Mitarbeiter der Branche, waren ein Jahr lang mit den „Babylon“-Effekten beschäftigt, zu Spitzenzeiten waren es sogar 120.

Doch bei Rise wie bei all den Firmen gilt die Formel: Mehr VFX geht immer. Das Marktpotenzial für die Deutschen ist schon jetzt gewaltig. „Nach meinen Schätzungen liegt es bei etwa dem Zehnfachen unserer momentanen Umsätze“, rechnet Florian Gellinger vor. Gellinger ist einer von Pinnows Co-Gründern bei Rise und seit Kurzem auch Vorsitzender des deutschen Branchenverbands. Aktuell liegen die Umsätze der Branche bei etwa 25 Millionen Euro.

Damit die deutschen Firmen im internationalen Vergleich konkurrenzfähig bleiben, brauchen sie dringend eine stärkere Lobby. Daran arbeitet Gellinger. Die Filmförderung, für das Überleben vieler Produktionen unerlässlich, geht noch immer größtenteils am VFX-Bereich vorbei. Nur wenige Bundesländer haben bereits umgesteuert. Doch ohne eine gezieltere Förderung droht Deutschland im globalen Wettbewerb um Talente zu verlieren.

Ein Problem, das Thomas Zauner nur zu gut kennt. Der Chef von Scanline gilt als Pionier der Branche, schon Ende der 90er-Jahre bastelte seine Firma als eine der Ersten an digitalen Effekten fürs Fernsehen. Die „Helicops“ liefen damals auf Sat 1 im Vorabendprogramm. In der Hauptrolle: ein Hubschrauber. „Er durfte an sehr vielen Orten nicht fliegen“, erinnert sich Zauner. Auf stark befahrenen Straßen, nah dran an Gebäuden, in Fußgängerzonen. „Dann wurden die entsprechende Locations ohne Helikopter gedreht, und wir haben ihn hinterher reingesetzt.“

Wie die Politik die Firmen für visuelle Effekte stützen will
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