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In eigener Sache Gabor Steingarts Ära beim Handelsblatt endet

Nach über sieben Jahren verlässt der Herausgeber und Geschäftsführer die von ihm entscheidend mitgeprägte Verlagsgruppe. Ein Rückblick.
11.02.2018 - 18:38 Uhr 21 Kommentare
Seit 2013 Handelsblatt-Herausgeber und in Personalunion Geschäftsführer der Verlagsgruppe. Quelle: Marco Urban für Handelsblatt
Gabor Steingart

Seit 2013 Handelsblatt-Herausgeber und in Personalunion Geschäftsführer der Verlagsgruppe.

(Foto: Marco Urban für Handelsblatt)

Düsseldorf Townhall Meetings gehören heute zum guten Ton innerbetrieblicher Kommunikation in jedem größeren Unternehmen – auch beim Handelsblatt. Aber das kurzfristig anberaumte Treffen, zu dem die Mitarbeiter der Handelsblatt Media Group am Freitagnachmittag eingeladen wurden, war doch in jeder Hinsicht außergewöhnlich: Verleger Dieter von Holtzbrinck gab die Trennung von Gabor Steingart bekannt.

Man habe sich, so von Holtzbrinck, „nach sieben Jahren äußerst erfolgreicher und freundschaftlicher Zusammenarbeit“ auf eine „Beendigung der beruflichen Partnerschaft geeinigt“. Und das, obwohl er Steingart zugleich als „mutigen und charismatischen Führer“ lobte, der die Verlagsgruppe „auf großartige Weise weiterentwickelt und erneuert“ habe, wofür er „höchsten Respekt und größten Dank“ verdiene.

Angela Merkel beim Deutschland Dinner mit Handelsblatt-Chefredakteur Sven Afhüppe (l.) und Gabor Steingart. Quelle: AFP
Treffen mit der Kanzlerin

Angela Merkel beim Deutschland Dinner mit Handelsblatt-Chefredakteur Sven Afhüppe (l.) und Gabor Steingart.

(Foto: AFP)

Warum dann die Trennung? Der Verleger nannte zwei Gründe, die für den Schritt ausschlaggebend gewesen seien: „Erstens: Differenzen in wesentlichen gesellschaftsrechtlichen Fragen. Hinzu kam zweitens: eine nicht generell, aber im Einzelfall unterschiedliche Beurteilung journalistischer Standards.“

Es gab demnach einen eher grundsätzlich angelegten strategischen Dissens, aber auch einen kurzfristigen Anlass für den Abschied, dessen Hintergründe andere Medien schon am Donnerstagabend beleuchteten: Dieter von Holtzbrinck hatte sich beim Noch-SPD-Vorsitzenden Martin Schulz für eine seiner Meinung nach zu scharf formulierte Kritik im „Morning Briefing“ von Steingart entschuldigt.

Holtzbrinck am Freitag: „Beide Seiten bedauern die Trennung, wollen aber den freundschaftlichen Kontakt aufrechterhalten und schließen eine andere Form der Zusammenarbeit in der Zukunft nicht aus.“ Klar war indes auch: Damit ging eine Ära zu Ende, die die Verlagsgruppe nachhaltig geprägt hat.

Für Steingart, 55, war das Handelsblatt einst auch eine Rückkehr zu seinen publizistischen Ursprüngen: Nach einem Studium der Politikwissenschaft, Volkswirtschaftslehre sowie Germanistik in Marburg und Berlin hatte er seine berufliche Grundausbildung an der Georg-von-Holtzbrinck-Schule für Wirtschaftsjournalisten in Düsseldorf erhalten. Seine erste Station nach der Ausbildung: Reporter für die zur Handelsblatt Media Group gehörende „Wirtschaftswoche“.

Ex-US-Außenminister Henry Kissinger (l.) im Interview mit Steingart und Kollegin Astrid Dörner. Quelle: Kai Nedden für Handelsblatt

Ex-US-Außenminister Henry Kissinger (l.) im Interview mit Steingart und Kollegin Astrid Dörner.

(Foto: Kai Nedden für Handelsblatt)

1990 wechselte Steingart zum „Spiegel“, seit 1995 war er dort als Co-Ressortleiter des Wirtschaftsressorts aktiv. 2001 übernahm er das Hauptstadt-Büro des Nachrichtenmagazins, ab 2007 berichtete er aus Washington. 2010 dann der Wechsel nach Düsseldorf – erst als Chefredakteur des Handelsblatts, knapp drei Jahre später als dessen Herausgeber und in Personalunion Geschäftsführer der Verlagsgruppe.

Steingart hat nicht nur das von ihm konzipierte „Morning Briefing“ zu großen Publikumserfolgen geführt, sondern auch das Handelsblatt zurück in die Erfolgsspur. Er ließ eine englischsprachige Global Edition entwickeln sowie das „Handelsblatt Magazin“, das dieses Jahr achtmal als Supplement erscheinen wird. Zugleich hat er etliche Veranstaltungsreihen wie das „Deutschland Dinner“ oder die „Terrassengespräche“ in der Düsseldorfer Zentralredaktion entwickelt.

Kurz vor seiner Wahl zu Russlands Präsidenten traf Wladimir Putin 2012 Gabor Steingart und andere Journalisten zum Interview. Quelle: Mikhail Voskresensky für Handelsblatt

Kurz vor seiner Wahl zu Russlands Präsidenten traf Wladimir Putin 2012 Gabor Steingart und andere Journalisten zum Interview.

(Foto: Mikhail Voskresensky für Handelsblatt)

Überhaupt Journalismus Live – den machte er mit alljährlich stattfindenden Konferenz-Events wie „Pathfinder“ ebenso zur neuen Säule des Handelsblatt-Geschäfts wie mit dem Aufbau des Wirtschaftsclubs. Die Zukunft des Journalismus – das wurde immer mehr zu Steingarts Credo – könne nur im Digitalen liegen. So wuchsen unter Handelsblatt-Chefredakteur Sven Afhüppe und seinem Team auch die Print- und Online-Redaktionen zusammen. So lancierte man jüngst die Handelsblatt App, die alle journalistischen Angebote bündelt. Und so begann zuletzt in Berlin der Aufbau einer Einheit, die die Inhalte des Verlags für digitale Abonnenten noch besser aufbereiten soll.

Mit seiner Umtriebigkeit habe er die Geduld seines Verlegers wohl „nicht nur strapaziert“, ließ Steingart verlauten, „sondern oft genug auch überstrapaziert. Dass unsere dennoch – oder deshalb? – so erfolgreiche Zusammenarbeit jetzt abrupt endet, lässt uns beide nicht unberührt.“ An seiner „Freundschaft und Wertschätzung“ gegenüber dem „wunderbaren Menschen und erfahrenen Verleger“ Dieter von Holtzbrinck ändere die Trennung nichts.

  • HB
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21 Kommentare zu "In eigener Sache: Gabor Steingarts Ära beim Handelsblatt endet"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Der "Irrweg des Westens" von Gabor Steingart war ein überraschender Kommentar, der außerordentlich interessant war. Aussergewöhnliche Kommentare sind rar geworden und mutige und pointierte Meinungen lese ich besonders gerne. Auch wenn ich nicht mit ihnen übereinstimme. Gerade dann! Und manchmal stimme ich nach dem Lesen mit ihnen überein. Oder Wochen später.
    Interessant war die Kommentierung von Steingarts Abgang auf den "Nachdenkseiten" (Albrecht Müller) und das Interview auf Turi2 TV.

  • Vielleicht haben die wirtschaftlichen Probleme aller deutschen Zeitungen zum Teil auch damit zu tun, das die Lobhudeleien über Merkel keiner mehr kaufen will.

  • Herr Steingart ist sicherlich ein Ausnahme Talent des deutschen Journalismus und seine herausragenden Leistungen bei den höchst angesehenen Medien des Landes sind unzweifelhaft. Aber dennoch sage ich ist es immer noch einfacher das geniale Wort zu schmieden als die Tat.

    Und eine gewisse Erdung des Wortes muss auch sein. Daher kann ich mit der Entscheidung des Verlages, was immer auch genau zur Trennung geführt hat, auch gut leben.

    Ich wünsche beiden, dem Handelsblatt und Gabor Steingart, auch weiterhin viel Erfolg.

    Mit freundlichen Grüßen
    Dipl.-Ing. Christian Faust

  • Den Holtzbrincks gehört ja auch die`" Zeit". Die ist ja völlig durchdomestiziert. Was dort an kritischen Kommentaren gelöscht und gesperrt wird, geht ja gar nicht.
    Und ehrlich, weiss jetzt noch jemand, wer Martin Schulz war ?
    Das wars nicht wert.
    Aber Qualität setzt sich durch. Wir werden Herrn Steingart wiedersehen und auch lesen.
    Darauf freue ich mich schon.

  • Da geht sie hin, die kritische Stimme der wahren Opposition. Vielleicht ist das der Gang eines jeden Helden, der es versteht, Massen zu bewegen und das wortgewaltige Damoklesschwert schweben zu lassen, als sei es die in Wahrheit getunkte Feder der Gerechtigkeit.

    Mit dem Abschied von Herrn Steingart werde auch ich mich nach jahrelanger Treue wieder auf den Weg machen, einen neuen Helden zu finden, der sich wortgewandt den Mächtigen dieser Welt entgegenstellt.

    @Herr Steingart: Ich danke Ihnen für die vielen wunderbar sarkastisch und scharfsinnig geschriebenen Beiträge, die die Welt wie sie ist, etwas erträglicher gemacht haben.

  • Ich schließe mich im wesentlichen den Aussagen von Herrn Ordnung an. Journalismus muss kritisch sein dürfen. Was auch immer hinter den Kulissen geschehen ist: ich als Handelsblatt-Leser bedauere den Verlust von Herrn Steingart.

    Herr Steingart: Ihr Stil war grandios. Sie haben das Handelsblatt zu dem gemacht, was es heute ist. Schade! Ich wünsche Ihnen viel Erfolg für Ihre berufliche Zukunft ohne das Handelsblatt.

  • Mir imponieren Menschen, die ihre Meinung aufrecht vertreten, mit Mut und Weitsicht etwas bewegen, auch wenn dies nicht von allen geteilt wird.
    Unsere Gesellschaft hat viel zu wenige dieser Menschen.
    In den Aufsichtsgremien muss ein genereller Wertewandel eintreten, wenn sich unser Land weiterentwickeln soll.
    Herr Steingart: ich wünsche Ihnen für alle anstehenden Aufgaben gutes Gelingen.

  • Man muß ja Herrn Steingart nicht mögen, aber ohne freien Journalismus ist alles nichts. Hätte sich alles so zugetragen, wie Herr Holtzbrinck jetzt vorträgt, dann wäre es nicht notwendig gewesen, Herrn Steingart über Nacht abzusägen. Dies ist somit schlichtweg unglaubwürdig und wirft auf jeden, der Herrn Holtzbrinck hier auf die eine oder andere Art verteidigen will, ein schlechtes Licht. Anscheinend ist die publizistische Freihheit beim Handelsblatt nicht mehr gewährleistet.

  • Außerordentlich spannede Hintergrundinformationen. Danke Herr Falk!

    Der Versuch als "der Gute" aus der Sache raus zu kommen, scheint grandios zu scheitern.

  • @ Herr Ordnung, Roland Tichy hat sich zu dem Tatvorgang überhaupt nicht geäußert, der Artikel stammt von Fritz Goergen und beleuchtet unter anderem den zeitlichen Ablauf der Affaire über das erste Trennungsgespräch
    Holtzbrinck/Steingart am Montag letzter Woche, die "Mordgeschichte" am Donnerstag und das zweite Gespräch am Freitag-Vormittag.
    Kolporiert wurde, dass die Differenzen zwischen Holtzbrinck und Steingart bezüglich journalistischer Standards
    ein Haupttrennungspunkt waren, während wohl doch eher unterschiedliche Meinungen bezüglich der Geschäftsführung ausschlaggegend waren.
    Das Werfen von Nebelkerzen sowohl von Steingart wie auch von Holtzbrinck war und ist Bestandteil dieser Affaire.

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