Insolvenz war absehbar Zahlungsunfähigkeit und Finanzchaos bei Unister

Der im Juli verstorbene Unister-Chef hätte nach Meinung eines Gutachters die drohende Insolvenz erkennen müssen.
München Beim insolventen Unister-Konzern gab es offenbar schon vor einem Jahr Probleme mit der Zahlungsfähigkeit. Bereits im September 2015 sei aus Sicht damaliger Führungskräfte „eine Finanzierung des operativen Geschäftsbetriebs nicht mehr möglich gewesen”, heißt es in einem Gutachten des Insolvenzverwalters Lucas Flöther, aus dem NDR, WDR und die „Süddeutsche Zeitung” vom Donnerstag zitierten.
Es sei nicht auszuschließen, „dass einzelne Gesellschaften des Unister-Konzerns bereits seit dem Jahr 2015 zahlungsunfähig sind”, schreibt Flöther demnach in dem Papier, das dem Bericht zufolge kürzlich beim Amtsgericht Leipzig eingereicht wurde. Die Unister Holding meldete aber erst Mitte Juli Insolvenz an, danach folgten mehrere Tochtergesellschaften wie das bekannte Reisevermittlungsportal Ab-in-den-Urlaub.
Theoretisch könnten gegen den einstigen Unister-Chef Thomas Wagner „Ansprüche wegen verspäteter Insolvenz-Antragstellung bestanden haben”, zitieren die drei Medien weiter aus Flöthers Gutachten. Wagner starb jedoch im Juli bei einem Flugzeugabsturz – kurz danach folgte dann die Insolvenzanmeldung.
Auf Unister lastet dem Bericht zufolge ein Schuldenberg von 58 Millionen Euro. Dem stünden nicht einmal 14 Millionen Euro Vermögen gegenüber. Als Grund für die Pleite sieht Flöther demnach eine „Verkettung mehrerer größtenteils vom Unternehmen selbst verursachter Umstände”, insbesondere die mit Fremdkapital finanzierte „progressive Wachstumspolitik”.
Die Konzernstrukturen hielten demnach mit der Expansion, unter anderem diversen Zukäufen, nicht mit. Das gelte insbesondere für Planung, Buchhaltung und Controlling. Die Holding habe ihren Töchtern zuletzt mehr als 25 Darlehen mit einem Gesamtvolumen von mehr als 82 Millionen Euro gewährt. Auch seien für einzelne Tochterfirmen interne, bisher nicht bezahlte Dienste im Wert von knapp 55 Millionen Euro geleistet worden.
Manchmal hätten einzelne Unister-Firmen Rechnungen für andere Konzernteile bezahlt, schreibt Flöther dem Bericht zufolge in seinem Gutachten. Seit Anfang 2016 seien Geschäfte innerhalb des Konzernverbunds überhaupt nicht mehr verbucht worden.
Flöther hat angekündigt, Unister voll auf die Geschäftsfelder Flug und Touristik auszurichten. Andere Geschäftsteile sollen ausgegliedert oder einzeln verkauft werden. Für eine Übernahme des Kerngeschäfts hat der Insolvenzverwalter Angaben von Ende September zufolge sechs Interessenten.
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