Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Liebe am Arbeitsplatz Striktere Regeln für Beziehungen im Büro – Springers Plan ist in Deutschland ungewöhnlich

Nach dem Reichelt-Skandal will das Medienhaus Mitarbeiter verpflichten, Beziehungen im Job offenzulegen. Anders als in den USA sind Arbeitgeber und Gerichte hierzulande da bisher toleranter.
09.11.2021 - 14:45 Uhr Kommentieren
Das Medienhaus will seine Beschäftigten in Deutschland dazu verpflichten, Beziehungen mit Kollegen und Vorgesetzen anzuzeigen. Quelle: dpa
Axel Springer

Das Medienhaus will seine Beschäftigten in Deutschland dazu verpflichten, Beziehungen mit Kollegen und Vorgesetzen anzuzeigen.

(Foto: dpa)

Düsseldorf Das Medienhaus Axel Springer will seine knapp 16.000 Beschäftigten in Deutschland dazu verpflichten, Beziehungen mit Kollegen und Vorgesetzten anzugeben. Das bestätigte der Konzern, zu dem etwa die Zeitungen „Bild“ und „Welt“ zählen, dem Handelsblatt. Zuvor hatte die britische „FT“ darüber berichtet.

Grund für den Schritt ist der Skandal um den früheren „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt. Gegen Reichelt hatte es bereits im Frühjahr ein Compliance-Verfahren wegen des Vorwurfs des Machtmissbrauchs etwa gegenüber Frauen gegeben. Nach einer internen Untersuchung durfte Reichelt seinen Job in einer Doppelspitze fortsetzen.

Medienberichte zeigten jüngst, dass der 41-Jährige auch danach Privates und Berufliches nicht klar trennte und dem Vorstand darüber die Unwahrheit gesagt hatte. Als Konsequenz entband Springer Reichelt am 18. Oktober von seinen Aufgaben.

Um solche Vorgänge zu vermeiden, will der Vorstand Mitarbeiter künftig per Betriebsvereinbarung zur Offenlegung des Beziehungsstatus verpflichten. Im Zuge der „#MeToo“-Bewegung wollte Springer solche Regelungen schon vor vier Jahren einführen, sie scheiterten aber am Widerstand des Betriebsrats. Auch jetzt würden sich die Verhandlungen zäh gestalten, heißt es.

Dass Unternehmen in Deutschland ihre Beschäftigten zur Offenlegung von Beziehungen auffordern, ist zwar rein rechtlich möglich. Doch in vielen hiesigen Unternehmen ist ein solches Vorgehen ungewöhnlich. Schon vor zwei Jahren zeigte eine Handelsblatt-Befragung, dass die meisten Dax-Konzerne ihren Beschäftigten hierzulande keine unternehmensseitigen Vorgaben zu diesem Thema machen.

Kein Verbot von Beziehungen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern in Deutschland

Grundsätzlich sind Liaisons im Büro in Deutschland erlaubt und durch das Persönlichkeitsrecht geschützt. Selbst Beziehungen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern sind nicht verboten, obwohl sie für eine Firma wegen des Verdachts der Mauschelei besonders fragwürdig sind. Kündigungen drohen allenfalls, falls Mitarbeiter durch ihre Beziehung die Arbeit vernachlässigen oder der Betriebsfrieden etwa durch Streitereien gestört wird.

Laut einer Befragung der Online-Partnervermittlung Elitepartner hat sich jeder dritte Deutsche schon in einen Kollegen verliebt, knapp jeder vierte hat sogar seinen Partner im Job kennengelernt. Nach den Vorstellungen des Springer-Managements sollen überall dort, wo es durch Beziehungen zu Interessenkonflikten kommen kann, Maßnahmen ergriffen werden. So kann etwa einer der Partner in eine andere Abteilung versetzt werden, was durch das Weisungsrecht des Arbeitgebers möglich ist.

„Alle, die sich nicht passend verhalten, müssen die Firma verlassen.“ Quelle: dpa
Springer-Chef Mathias Döpfner

„Alle, die sich nicht passend verhalten, müssen die Firma verlassen.“

(Foto: dpa)

Verlagschef Mathias Döpfner dürfte über die Planungen vor allem aus strategischen Gründen mit der britischen FT gesprochen haben, die auch in Amerika gelesen wird. Springer hatte zuletzt das amerikanische Nachrichtenunternehmen „Politico“ erworben und 2015 die US-Plattform Business-Insider. Zudem gehört Springer zu 45 Prozent dem Private-Equity-Haus KKR aus New York. Springer versteht sich mittlerweile als globales Medienhaus.

Döpfner versucht damit nicht nur Gerüchten entgegenzutreten, dass man es mit der Moral bei Springer nicht so genau nehme. Er adressiert damit auch die Kultur der Amerikaner, bei der in Sachen Bürobeziehungen mehr Sittenstrenge herrscht als in Deutschland.

Bei Google droht bei einer Beziehung mit Kollegen sogar die Entlassung

Wer etwa bei Google angestellt ist, muss im Extremfall damit rechnen, entlassen zu werden, wenn er oder sie eine Beziehung mit einem Arbeitskollegen eingeht. Facebook behält sich in seinem Verhaltenskodex vor, die liebenden Mitarbeiter zu versetzen. Und die Bank of America verbietet sexuelle Beziehungen zwischen Managern und Angestellten komplett, um Interessenkonflikten vorzubeugen.

Im Zuge der #MeToo-Debatte haben viele Konzerne ihre Regelwerke sogar noch verschärft. Die Firmen fürchten sich vor möglichen Klagen und damit verbundenen hohen Schadenssummen. Regelmäßig werden hochrangige US-Manager wegen Liebeleien am Arbeitsplatz entlassen. So musste etwa Googles Chefjurist David Drummond nach einer Affäre gehen. Das Schicksal erlitten auch McDonald’s-Chef Steve Easterbrook oder Intel-Chef Brian Krzanich, obwohl die Beziehungen einvernehmlich waren.

Döpfner kündigte in der FT an, als globales Medienunternehmen beim Thema Beziehungen keine doppelten Standards akzeptieren zu wollen. Stattdessen sollten die strengeren angloamerikanischen Regeln gelten. Springer strebt an, eine solche Regelung noch in diesem Jahr einzuführen.

Sollte Döpfner sich mit dem Betriebsrat nicht einigen können, kündigte er in der FT an, einen Verhaltenskodex aufzustellen, der für alle Beschäftigten weltweit gelte. „Alle, die sich nicht passend verhalten, müssen die Firma verlassen.“ Ob das vor Gerichten Bestand haben wird, ist allerdings fraglich. So wollte der US-Handelskonzern Walmart seinen Angestellten in Deutschland untersagen, Beziehungen einzugehen. Gerichte kippten die Regelung schnell.

Experten raten zu klaren Regelungen, um Liebe und Berufliches zu trennen

Experten empfehlen Paaren, ihre Bürobeziehung gegenüber Kollegen und Vorgesetzen schnell öffentlich zu machen und sich freiwillig in andere Bereiche versetzen zu lassen oder klare Regelungen für die Zusammenarbeit zu vereinbaren. Psychologen raten von Intimitäten oder Zärtlichkeiten im Büro ab, um die Kollegen nicht zu nerven.

Paare sollten sich auch auf eindeutige Grenzen festlegen, um Liebe und Berufliches zu trennen. So gilt es zu vermeiden, ständig zu zweit in der Kantine zu Mittag essen zu gehen oder beim Abendbrot das Meeting am Küchentisch zu verlängern. Im Falle einer Trennung sollten Paare versuchen, sich aus dem Weg zu gehen und das Team oder gar den Arbeitgeber zu wechseln.

Mehr: Vom Flirt bis zur Trennung: Wie sich Verliebte im Büro richtig verhalten

Startseite
Mehr zu: Liebe am Arbeitsplatz - Striktere Regeln für Beziehungen im Büro – Springers Plan ist in Deutschland ungewöhnlich
0 Kommentare zu "Liebe am Arbeitsplatz: Striktere Regeln für Beziehungen im Büro – Springers Plan ist in Deutschland ungewöhnlich"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%