Lithium-Ionen-Akkus Die Grenzen der Technik

Dieses Samsung Note 7 entzündete sich an Bord einer Maschine der Fluggesellschaft Qantas. Schuld war ein fehlerhafter Lithium-Ionen-Akku.
Düsseldorf Wenn die Akkuladung die 20-Prozent-Schwelle erreicht, werden viele Smartphone-Besitzer unruhig – und suchen nach der nächsten Steckdose. Ein ausdauernder Stromspeicher, am besten in Verbindung mit einer Schnellladetechnik, ist ein triftiges Verkaufsargument.
Doch die brennenden Akkus in den Note-7-Smartphones von Samsung zeigen, dass der Wettbewerb um ein paar mehr Prozente riskant sein kann. „Die Hersteller versuchen, immer mehr Energie in immer kleinere Geräte zu packen“, sagt Arno Kwade, Leiter des Instituts für Partikeltechnik und der Battery LabFactory an der Technischen Universität (TU) Braunschweig. Der Batterieexperte konnte das Gerät noch nicht selbst untersuchen, für ihn ist allerdings klar: „Samsung ist offenbar an die Grenzen des technisch Machbaren gegangen.“
In Smartphones wie auch in Elektroautos kommen heute überwiegend Lithium-Ionen-Akkus zum Einsatz. Diese können viel Energie speichern, nehmen wenig Platz ein und überstehen überdies viele Ladezyklen – das ist ideal für Geräte, die täglich zum Einsatz kommen. Selbst für den Ausgleich von Stromschwankungen im Energienetz könnte sich die Technik eignen, wie einige Pilotprojekte zeigen.
Im Akku speichern die beiden Elektroden die Energie – sie bestehen im Wesentlichen aus Lithiumverbindungen und dem Mineral Graphit. Damit es nicht zum Kurzschluss kommt, liegt dazwischen eine Trennung, Separator genannt, meistens eine Folie aus Kunststoff. Und damit bei Bedarf Strom fließt, umgibt ein brennbares Lösungsmittel, in dem sich die namengebenden Lithiumionen bewegen, die Elektroden.
Batterieforscher Kwade sieht zwei mögliche Ursachen für die Batteriebrände, die möglicherweise im Zusammenspiel auftreten. Erstens: Beim Ausreizen der Technologie werden Komponenten immer kleiner und anfälliger – wenn beispielsweise der Separator Schäden nimmt, kommt es zum Kurzschluss. „Es kommt in der Massenproduktion immer zu Qualitätsschwankungen, bei einem kleinen Teil der Geräte kann es bei technisch ausgereizten Komponenten Probleme geben.“ Wenn etwa Staub in den Stromspeicher eindringt, ist er anfälliger für Kurzschlüsse.
„In der Massenproduktion kommt es immer zu Qualitätsschwankungen“
Zweitens: Die Software, die das Laden steuert, könnte die Akkus überhitzen, etwa bei der Druckbetankung, wie sie einige Smartphone-Hersteller inzwischen anbieten. „Das Batteriemanagement ist enorm wichtig“, sagt Kwade – die Batteriezellen müssten für die Stromzufuhr ausgelegt sein. Im schlimmsten Fall setzt die Hitze erst das brennbare Lösungsmittel in Brand, anschließend fangen auch die Elektroden Feuer.
Samsung ist nicht das erste Unternehmen, das derartige Probleme hat. Vor einigen Jahren rief Sony Millionen von Notebook-Akkus zurück. Boeing musste bei der 787, auch Dreamliner genannt, die Akkus in einen Stahlpanzer packen, um Bedenken der Luftaufsicht zu zerstreuen. Und Autobauer Tesla machte Schlagzeilen, als einzelne Fahrzeuge abbrannten.
Derartige Probleme könnten in einigen Jahren der Vergangenheit angehören: „In der Forschung ist man dabei, die Sicherheit zu verbessern“, sagt Kwade. So gebe es inzwischen keramisch beschichtete Separatoren. Zudem entwickle man Verfahren, um die leitfähige Flüssigkeit durch Festkörper zu ersetzen. „Bis diese Technologien den Massenmarkt erreichen, wird es mindestens fünf Jahre dauern, eher länger.“
Unsicher müssen sich Smartphone-Besitzer und Elektroautofahrer trotzdem nicht fühlen. „Es gibt immer ungünstige Konstellationen, die zu einem Versagen führen können“, sagt Ingenieur Kwade. „Aber ich sehe von der Sicherheit prinzipiell keine Probleme“ – so lange die Hersteller sich an alle Vorsichtsmaßnahmen halten.
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