Der Medien-Kommissar Gütersloher Ränkespiele

Handelsblatt-Korrespondent Hans-Peter Siebenhaar wirft wöchentlich einen Blick auf die Medienbranche.
Vor drei Jahren war die Bertelsmann-Welt für Fernando Carro de Prada noch in Ordnung. Beim Besuch des spanischen Königs Felipe VI. durfte das Vorstandsmitglied des Medienriesen noch mit seiner Majestät in der Gütersloher Villa der Bertelsmann-Matriarchin Liz Mohn zu Mittag speisen und anschließend im konzerneigenen Parkhotel über die engen Beziehung zwischen den Bourbonen und der ostwestfälischen Unternehmerfamilie vor Journalisten schwärmen. Schließlich griff Reinhard Mohn (1921-2009) vor 55 Jahren mit seinem Buchclub Spanien als ersten Auslandsmarkt für das damals schnell wachsende Verlags- und Druckhaus an. In seiner Villa in der mallorquinischen Bucht von Alcúdia, die noch heute im Besitz der Familie Mohn ist, erholte er sich von den Strapazen.
Doch die Zeit des Arvato-Chefs Carro bei Bertelsmann ist nun abgelaufen. Ohne Gründe verließ der mittlerweile 53-Jährige kürzlich den Medienkonzern. Carro schweigt zu den Hintergründen seines Abgangs nach fast einem Vierteljahrhundert im Dienste der Familie Mohn. Seine weitere Karriere hatte sich der gelernte Wirtschaftsingenieur, der auch als Chef des Spanien- und Lateinamerikageschäfts fungierte, wahrlich anders vorgestellt. Seine Familie hatte er sogar von der geliebten Mittelmeer-Metropole Barcelona in die ostwestfälische Provinz geholt. Der Umzug war ein Bekenntnis zum Unternehmen und zur Familie. Liz Mohn mochte schließlich den charmanten Spanier, dem seine Eltern aus Begeisterung für den Komponisten Mozart die beiden zusätzlichen Vornamen Wolfgang Amadeus gaben.
Mit dem Rauswurf von Carro macht Konzernchef Thomas Rabe einen geschickten Schachzug nach dem Motto „Teile und herrsche“. Jahrelang rückten die Arvato-Manager später an die Spitze des Bertelsmann-Vorstands – von Mark Wössner über Thomas Middelhoff und Gunter Thielen bis hin zu Hartmut Ostrowski.
Doch nun wird die mächtige Tochter quasi in vier eigenständige Bereiche zerlegt, deren Chefs berichten in Zukunft direkt an die Konzernzentrale. Dort hat das Trio aus CEO Thomas Rabe und seinen beiden Gefolgsleuten, Finanzvorstand Bernd Hirsch und Personalvorstand Immanuel Hermreck, alle Fäden der Macht fest in der Hand.
Der Vorstandssessel für den Arvato-Chef wurde von Rabe mit dem Segen des Aufsichtsratschefs Christoph Mohn gestrichen. Ein Tabubruch. Schließlich ist Arvato zusammen mit dem Verlagsgeschäft die Keimzelle von Bertelsmann. Rund zwei Drittel der 116 000 Mitarbeiter arbeiten heute bei der Dienstleistungstochter, die zu ihren Kunden beispielsweise die Deutsche Telekom, Microsoft und Facebook zählt.
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