Der Medien-Kommissar Mehr Besonnenheit statt medialer Panikmache

Handelsblatt-Korrespondent Hans-Peter Siebenhaar wirft wöchentlich einen Blick auf die Medienbranche.
Der Terror hält Deutschland in Atem. Nach der Axt-Attacke eines afghanischen Flüchtlings in Würzburg folgte am Sonntag der Bombenanschlag eines vermutlich islamistischen Selbstmordattentäters aus Syrien in Ansbach. Bei dem am Freitag verübten Massaker eines deutsch-iranischen Amokläufers in München mit neun Toten und fast drei Dutzend Verletzten handelt es sich hingegen nicht um einen terroristischen Akt.
In diesen aufgeregten Zeiten gilt es genau zu unterscheiden – gerade in Stunden mit ungewissen Informationen und vielen Vermutungen. ARD und ZDF, aber auch private Medien, müssen im Fall des Amoklaufs von München viel Kritik für ihre angebliche Langsamkeit einstecken. In einer solchen Situation, die von Angst und Ungewissheit beherrscht wird, liegt es auf der Hand, dass von den Medien aufklärerische Schnelligkeit verlangt wird. Doch Schnelligkeit ist nicht alles – gerade nicht in einer Krisensituation.
Vor allem die amerikanischen Networks wie beispielsweise CNN sind traditionell besonders eilig, wenn es um scheinbar islamistischen Terror geht. Auch wenn es noch keine sinnvollen Bilder und validen Informationen gibt, wird dennoch gesendet, was das Zeug hält.
Selbst der amerikanische Präsident Barak Obama kann sich der medialen Schnelligkeitsspirale der Networks nicht entziehen. Das war der Grund, weshalb der mächtigste Mann der Erde bereits wenige Stunden nach der Tat in München in einem aus dem PR-Baukasten des Weißen Hauses zusammengesetzten Pressestatement mitteilen ließ, dass die Vereinigten Staaten von Amerika die offensichtliche Terrorattacke verurteilen. Die mediale Hyperaktivität aus Washington war kontraproduktiv. Sie hat dazu beigetragen, die Panik und die Unsicherheit noch zu verstärken – ganz so als wäre der Dritte Weltkrieg ausgebrochen.
Auch wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel für ihr Abwarten mit einer ersten Reaktion in den sozialen Netzwerken jede Menge Häme und Ablehnung aushalten musste, war ihre Besonnenheit richtig. Denn zu einer angemessenen politischen Reaktion gehören verlässliche Informationen. In München ist eben nicht der Terror-Krieg an verschiedenen Stellen der Stadt ausgebrochen, sondern ein verrückter 18-Jähriger hat in einem Einkaufszentrum sinnlos gemordet und sich anschließend selbst umgebracht.
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