Der Medien-Kommissar René Benko will zum Jeff Bezos Österreichs werden

Sein persönliches Vermögen wird vom österreichischen Wirtschaftsmagazin „Trend“ mittlerweile auf rund 3,81 Milliarden Euro geschätzt
René Benko ist keiner, der gerne auf dem Beifahrersitz Platz nimmt. Der Immobilienunternehmer und Karstadt-Eigner steuert am liebsten selbst. Der Multimilliardär stieg im vergangenen November bei der „Kronen Zeitung“ und dem „Kurier“ ein, indem er Anteile von der Essener Funke-Gruppe („WAZ“) übernommen hatte.
Nun hat Benko in einem Interview mit der österreichischen „Presse am Sonntag“ angekündigt, den kompletten Anteil von 49 Prozent an der „Krone“ von dem Medienkonzern aus dem Ruhrgebiet übernehmen zu wollen. Der Schritt ist wenig überraschend, denn Benko hat an der Medienmacht längst großen Gefallen gefunden.
„Das Angebot besagt: Signa übernimmt die restlichen Anteile von Funke, die ‚Krone‘ liegt damit wieder in österreichischer Hand, Christoph Dichand bleibt logischerweise Herausgeber und Chefredakteur, die Familie behält ihre Anteile, Themen wie Gewinnvorab und Aufgriffsrecht werden partnerschaftlich neu geregelt“, erklärt der gebürtige Tiroler.
Bislang hält Benkos Signa 24,22 Prozent am „Kurier“ und 24,5 Prozent an der „Krone“. Im November verkaufte die WAZ Ausland Holding GmbH mit Sitz in Wien knapp die Hälfte ihrer zuvor 50 Prozent der „Kronen Zeitung“ und 49,5 Prozent am „Kurier“.
Dass sich Multimilliardäre für Zeitungen interessieren, ist kein österreichisches Phänomen. Jeff Bezos, Gründer und Chef des weltgrößten Handelskonzerns Amazon, hat das bereits 2013 vorgemacht. Der reichste Mensch der Welt erwarb für gerade eine Viertelmilliarde Dollar die liberale Medienikone „Washington Post“.

Handelsblatt-Reporter Hans-Peter Siebenhaar schreibt wöchentlich seine Kolumne „Der Medienkommissar“.
„René Benko, der Jeff Bezos Europas? Zuzutrauen wäre es ihm!“, formulierte bereits Roland Berger hellseherisch im vergangenen Jahr im Handelsblatt.
Mit der von Benko geplanten Komplettübernahme des Funke-Anteils steuert allerdings der Konflikt mit dem Mehrheitsgesellschafter, der Familie Dichand, auf einen neuen Höhepunkt zu. Das Tischtuch zwischen dem Milliardär und der Verlegerfamilie ist bereits zerschnitten.
Die Gratiszeitung „Heute“ von Eva Dichand, Ehefrau von Christoph Dichand, titelte online „Benkos Raubritter-Angriff auf die Kronen Zeitung“. Mit angeblichen Spesenbetrügereien soll Christoph Dichand aus seiner operativen Rolle bei der „Krone“ herausgedrängt werden. Der Machtkampf gipfelte in einem Antrag auf die Entlassung von Dichand als Chefredakteur und Herausgeber der „Krone“.
Geschickter Schachzug
Dichands Anwältin konterte erst kürzlich mit einer „Ausschlussklage“ gegen die Funke-Gruppe. Die umstrittenen Rechnungen seien „mehrfach geprüft und als betriebsnotwendig im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Chefredakteurs anerkannt“, unterstrich seine Anwältin.
Christoph Dichand, Gesellschafter, Chefredakteur und Herausgeber der „Krone“, gilt als kämpferisch. Dass die Dichand-Familie konfliktbereit ist, hat sie gegenüber der Funke-Gruppe bereits früher bewiesen. Seit Jahrzehnten haben unzählige Rechtsstreitigkeiten das Klima zwischen den Gesellschaftern vergiftet.
Vor diesem Hintergrund macht Benko nun einen geschickten Schachzug. Er hat den Dichands über die „Presse am Sonntag“ ein Versöhnungsangebot unterbreitet. Die Streitpunkte wie der Vorabgewinn der Familie will er „partnerschaftlich“ neu regeln. Eine „unfreundliche Übernahme“ des Anteil der Dichands strebe er nicht an.
„Mein Verhältnis mit Christoph und Eva Dichand war bis vor Kurzem eigentlich gut, und ich bin mir sicher, dass wir die gegenwärtigen Spannungen überwinden können“, sagte Benko optimistisch in dem Interview. Zugleich macht er deutlich, dass er aber als Gesellschafter eine aktivere Rolle spielen wolle. Die Funke-Mediengruppe besaß dagegen kein inhaltliches Interesse. Dem Essener Familienunternehmen ging es vor allem um die Rendite.
Benko wird in seinem Heimatland geschätzt, bewundert und beneidet. Insider berichten, der Unternehmer unterhalte engste Beziehungen zu Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und zu seiner Führungsmannschaft. In der Alpenrepublik verfügt die „Krone“ neben dem ORF seit Jahrzehnten über einen enormen Einfluss. Gegen das Boulevard-Blatt zu regieren hat bislang noch kein einziger Kanzler gewagt.
Es gilt in Wien als offenes Geheimnis, dass es bei der konservativ-rechtspopulistischen Regierung geschätzt wird, dass die „Kronen Zeitung“ wieder bald wieder in rein österreichischer Hand sein wird. Die Wiener Tageszeitung „Kurier“, der früher regierungskritisch war, hat mittlerweile einen regierungsfreundlichen Kurs eingeschlagen.
Hans Dichand hatte die Boulevardzeitung bereits 1959 gegründet. 2010 starb die Verlegerlegende. Die „Kronen Zeitung“ ist mit über 700.000 verkauften Exemplaren die unbestrittene Nummer eins in der Alpenrepublik. Wegen ihres populistischen Kurses und der politischen Unterstützung durch Anzeigen des Staates oder staatsnaher Unternehmen ist sie aber umstritten.
„Die Massen lesen die 'Kronen Zeitung', das heißt, sie hören sich selber beim Denken zu, ohne zu ahnen, dass man ihnen nur gibt, was sie immer schon gedacht haben“, kritisierte die österreichische Literatur-Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek das Phänomen.
Benko hat eine Blitzkarriere hingelegt
Benko hat in Österreich die erfolgsreichste Unternehmergeschichte der vergangenen Jahre geschrieben. Seine Signa-Gruppe kommt nach eigenen Angaben auf eine Bilanzsumme von über 16 Milliarden Euro. Davon sei die Hälfte Eigenkaptal. Der Jahresgewinn der Signa Holding lag im vergangenen Jahr laut Benko bei über einer Milliarden Euro nach Steuern. Zuletzt war der 41-Jährige mit dem Kauf des legendären Chrysler Building in New York in den amerikanischen Immobilienmarkt eingestiegen.
Benko, der sich in seinem Fleiß und Arbeitseifer von niemanden übertreffen lässt, hat eine unglaubliche Blitzkarriere hingelegt. Sein persönliches Vermögen wird vom österreichischen Wirtschaftsmagazin „Trend“ mittlerweile bereits auf rund 3,81 Milliarden Euro geschätzt – Tendenz weiter steigend. Er reist mit Privatjet und Helikopter, besitzt Villen in Tirol, am Gardasee und im Vorarlberger Nobelskiort Lech.
Mit der geplanten Komplettübernahme des Anteils des Funke-Mediengruppe wird nun ein neues Kapitel aufgestiegen. Die einstige WAZ-Gruppe war bereits 1987 in das Wiener Verlagshaus eingestiegen.
Gründer und Verleger Hans Dichand sicherte sich damals einige Sonderrechte, darunter eine opulente jährliche Garantieausschüttung, die heute seine Witwe Helga sowie seine Kinder Christoph, Johanna und Michael genießen. Der promovierte Jurist Christoph Dichand hatte 2003 das Erbe seines Vaters Hans Dichand angetreten. Seine Frau Eva ist Herausgeberin der Gratiszeitung „Heute“ und Digitalunternehmerin.
Nun steht ein Machtkampf zwischen Benko und den Dichands bevor. Das Kräftemessen wird spannend werden, den Benko ist von einem anderen Schlag wie die Funke-Gruppe.
„Sein einmaliges Gespür für Trends und Opportunitäten, seine Beachtung jedes Details bei deren Umsetzung, seine Fähigkeit, Financiers für seine Aktivitäten zu begeistern, und seine Vertrauenswürdigkeit bei deren Bedienung machten Benko erfolgreich“, charakterisiert Beraterlegende Roland Berger den Tiroler Unternehmer.
Sein strategisches Talent hatte Benko mit der Fusion der beiden Warenhausketten Karstadt und Kaufhof im vergangenen Jahr bewiesen. In diesem Jahr heißt sein Projekt „Krone“ – mit offenem Ausgang.
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