Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Medienkonzern Kampf gegen Netflix: RTL plant Plattform für Videos, Podcasts, Bücher und Magazine

Die Bertelsmann-Tochter plant mit „RTL +“ ein Streamingangebot für alle Medienformen. Es ist ein ambitioniertes Experiment, doch selbst die Konkurrenz ist angetan.
05.11.2021 - 08:00 Uhr Kommentieren
Die Kölner Mediengruppe will eine Plattform für alle Mediengattungen schaffen. Quelle: dpa
RTL-Flaggen

Die Kölner Mediengruppe will eine Plattform für alle Mediengattungen schaffen.

(Foto: dpa)

Berlin Es soll nichts Geringeres werden als „das deutsche Medien-Abonnement“, sagt RTL-Co-Chef Stephan Schäfer. Sein Kollege Matthias Dang schwärmt: „So ein Produkt gibt es nicht. Wir bauen die Blaupause.“

Tatsächlich schafft RTL für die Medienbranche etwas bislang Einzigartiges: eine Streaming-Plattform, auf der es nicht nur Live-TV und Filme geben soll. Nutzer können auf der Plattform „RTL +“, die bis Donnerstag unter dem Namen „TV Now“ firmierte, ab Sommer 2022 auch Podcasts, Hörbücher und Musiktitel sowie digitale Bücher und Magazine abrufen.

Alle Medien gebündelt in einer App – das Konzept hat RTL vor Produzenten und Schauspielern am Donnerstag ausgewählten Medien vorgestellt, darunter auch dem Handelsblatt. Die RTL-Mutter Bertelsmann meint es ernst: Im Vergleich zu 2021 will man die jährlichen Programminvestitionen bis 2026 auf rund 600 Millionen Euro verdreifachen, kündigte Thomas Rabe an, der in Personalunion Chef von Bertelsmann und der RTL Group ist.

RTL kämpft gegen die mächtigen Tech-Konzerne Facebook, Google und Amazon, die 80 bis 90 Prozent des digitalen Werbemarktes kontrollieren. Gleichzeitig graben internationale Plattformen wie Netflix oder Disney+ dem Sender Zuschauer ab. Damit lokale Anbieter bestehen können, müssen sie nach Wegen suchen, sich von der Konkurrenz zu unterscheiden – so wie RTL es nun versucht.

„RTL +“ steht sinnbildlich für die Strategie von Bertelsmann, Medien verschiedener Gattungen zusammenzuführen. Die Gütersloher wollen zum 1. Januar 2022 die Hamburger Zeitschriftentochter Gruner + Jahr (G + J) mit der Kölner Fernsehgruppe RTL fusionieren.

Selbst die Konkurrenz sieht Chancen

Weil es kein Vorbild für „RTL +“ gibt, ist das Vorhaben ein ambitioniertes Experiment. Doch selbst die Konkurrenz scheint angetan: Netflix-Chef Reed Hastings sagte im September im Handelsblatt-Interview: „RTL wird sehr erfolgreich sein mit dem, was sie dort vorhaben.“

Auch Experten sehen Potenzial. Olaf Riedel, Partner bei EY und Leiter des Bereichs Technologie, Media & Entertainment und Telekommunikation, sagt: „Die Chancen, mit einer einheitlichen Plattform ein breiteres Publikum zu erschließen, sind groß.“

Auf „RTL +“ kann das Medienhaus TV-Sendungen oder Zeitungsartikel neben der Ausstrahlung oder dem gedruckten Magazin ein weiteres Mal verwerten und so „zusätzliche Nutzergruppen zu vergleichsweise geringen Kosten erreichen“, so Riedel.

Studien zeigen, dass der Bedarf nach Plattformen wächst, die den Nutzern Zugang zu unterschiedlichen Angeboten in einer App anbieten. Gerade Bertelsmann mit seinen Marken hat dazu die Möglichkeit wie kaum jemand sonst: Auf der neuen Plattform wird es Zeitschriften wie „Stern“, „Geo“ oder „Brigitte“ geben, die zur Tochter G+J gehören; Hörbücher und Bücher des Bertelsmann-Verlags Penguin Random House sowie Musik und Podcasts von Audio Now.

Im Bereich Musik hat RTL eine Partnerschaft mit dem Spotify-Konkurrenten Deezer geschlossen. RTL plant auch, mit anderen Medienhäusern zu kooperieren.

Großer Abstand zu Netflix

RTL zählt auf seiner Plattform derzeit 2,4 Millionen zahlende Abonnenten, vor einem Jahr waren es noch 1,8 Millionen. Trotz des Wachstums ist der Abstand zu Netflix groß: Für den deutschen Markt weist Netflix zwar keine Zahlen aus, die Londoner Analysefirma Ampere Analysis geht für 2020 aber von 10,9 Millionen Abonnenten aus.

RTL will bis Ende 2026 die Marke von zehn Millionen erreichen, allerdings gemeinsam mit dem Angebot Videoland in den Niederlanden, das derzeit rund eine Million Nutzer zählt.

Netflix hat Schätzungen zufolge hierzulande knapp elf Millionen Nutzer und damit weit mehr als „RTL +“ . Quelle: Bloomberg
Netflix-Logo

Netflix hat Schätzungen zufolge hierzulande knapp elf Millionen Nutzer und damit weit mehr als „RTL +“ .

(Foto: Bloomberg)

Große Ziele, die Branchenkenner für erreichbar halten. Bernd Riefler, Gründer und CEO des Analysehauses Veed Analytics, sagt: „Im Fernseh- und Streaming-Markt gibt es nicht den einen Anbieter, der alle Kunden abgreift. Es wird immer Raum für die Vielfalt der Angebote geben.“

So bietet Netflix vor allem Filme und Serien an; RTL sendet daneben auch Nachrichten, Sport-Übertragungen und stellt künftig eben auch E-Books oder Hörspiele zur Verfügung – Bereiche, die sich für die US-Konkurrenz nicht lohnen. Dass RTL seine lokalen Vorteile ausspielen wird, glaubt auch Netflix-Chef Hastings. „Wir werden sicher nicht deutscher werden als RTL.“

Wie teuer das Streaming-Angebot sein wird, erarbeiten die Kölner noch. Bei dem Einstiegspreis bekommen Nutzer Werbung ausgespielt, die Premium-Variante soll frei davon sein. Die RTL-Macher sind überzeugt, dass Nutzer bereit sind, für ihr Angebot Geld auszugeben, selbst wenn sie schon Abos der Konkurrenz hätten. Internen Analysen zufolge würden Konsumenten im Schnitt zwei bis drei Abos für Streaming-Dienste abschließen.

EY-Experte Riedel bestätigt den Trend: „Die Bereitschaft, für gute Inhalte Geld auszugeben, ist durch die Pandemie gestiegen.“ Das gelte gerade für ältere Nutzer, Jüngere seien länger bereit, für werbefreie Angebote zu zahlen, weil sie das von Streaming-Diensten gewohnt sind.

Chancen für die Vermarktung

Die Neupositionierung hat einen weiteren Grund: Lokale Firmen wie RTL müssen bei der Vorherrschaft von Google, Facebook und Amazon stärker denn je ihre Vorzüge für werbetreibende Firmen klar machen. „Mit verschiedenen Gattungen in einer App können Medienunternehmen die Attraktivität ihrer Vermarktungsmöglichkeiten erhöhen“, sagt Marketingexperte Andreas Schwabe, Partner bei der Beratung Boston Consulting Group (BCG).

Bei „RTL +“ soll es einen persönlichen Bereich geben, in dem Künstliche Intelligenz den Nutzern ähnliche andere Filme vorschlägt, aber auch passende Podcasts oder Zeitungsbeiträge. Durch das breite Angebot über verschiedene Gattungen lernt der Algorithmus schneller, welche Inhalte den Kunden gefallen. „Das ist sowohl für den Endkunden wie auch für die Vermarktung ein kluger Schritt“, sagt Schwabe. Werbekunden könnten den Nutzern zielgenauere Kampagnen ausspielen.

Um mehr Nutzer zu erreichen, arbeitet RTL mit der Telekom zusammen. Auf der Plattform Magenta TV sollen Nutzer „RTL +“ günstiger erhalten. Michael Schuld, TV-Chef der Telekom, sagt: „Es gibt einen Bedarf nach neuer Einfachheit.“ Ob „RTL +“ diesen erfüllen kann, wird sich allerdings erst im kommenden Sommer zeigen.

Mehr: RTL will mit Gruner + Jahr stärker wachsen

Startseite
Mehr zu: Medienkonzern - Kampf gegen Netflix: RTL plant Plattform für Videos, Podcasts, Bücher und Magazine
0 Kommentare zu "Medienkonzern: Kampf gegen Netflix: RTL plant Plattform für Videos, Podcasts, Bücher und Magazine"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%