Amerikanische und britische Geheimdienste haben weitläufigen Zugriff auf die Daten von Internetnutzern, das legen die Enthüllungen des Informanten Edward Snowden nahe. Die Firmen bestreiten, den Behörden „direkten Zugang“ zu ihren Servern zu gewähren – man rücke nur Daten heraus, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben sei. Allerdings dürfte auch dafür einiges Entgegenkommen notwendig sein: So half der Windows-Riese Microsoft angeblich dem Abhördienst NSA, die Verschlüsselung von Nutzerdaten zu umgehen.
Einem Bericht des „Guardian“ zufolge arbeitete Microsoft eng mit dem US-Geheimdienst NSA und der US-Bundespolizei FBI zusammen. So soll das Unternehmen geholfen haben, die Verschlüsselung im Microsoft-Chat zu umgehen. Der US-Geheimdienst habe die Möglichkeit zum Zugriff auf eigentlich verschlüsselte E-Mails bekommen, ebenso wie zu Daten beim Online-Speicherdienst Skydrive. Die US-Geheimdienste bekamen demnach zudem die Möglichkeit, über Skype geführte Videotelefonate mitzuschneiden – und sollen davon auch regen Gebrauch gemacht haben. Skype sei dem Überwachungsprogramm Prism bereits im Februar 2011 beigetreten, noch bevor Microsoft die Firma übernahm. Mit Prism sammelt die NSA früheren Medienberichten zufolge Daten von Internetfirmen wie Google, Microsoft, Yahoo oder Apple.
Davon ist auszugehen, denn auch viele Nutzer in Deutschland sind bei Facebook angemeldet, verschicken ihre E-Mails über Microsofts Hotmail oder besitzen Apple-Geräte. Der „Spiegel“ berichtete, dass monatlich eine halbe Milliarde Kommunikationsverbindungen aus Deutschland abgefangen werden. Da die Internetkommunikation global abläuft, kann eine Mail von Berlin nach München über Computer in den USA laufen und so von den US-Geheimdiensten abgegriffen werden.
Ob die Geheimdienste direkten Zugriff auf Nutzerdaten hatten, ist strittig. Edward Snowden sagt ja. „Firmen wie Google, Facebook, Apple, Microsoft, sie alle tun sich mit der NSA zusammen“, sagte er dem „Guardian“ in einem Videointerview Anfang Juni. „Sie geben der NSA direkten Zugang, den sie nicht beaufsichtigen müssen, damit sie dafür nicht haftbar gemacht werden können.“
Die Firmen dagegen bestreiten vehement, den Geheimdiensten eine Hintertür in ihre Computersysteme gebaut zu haben. Daten würden nur aufgrund richterlicher Anordnungen und nicht massenhaft herausgegeben, betonten die Unternehmen wiederholt. „Wir kommen nur solchen Anordnungen nach, die sich auf spezielle Konten oder Identifikationsmerkmale beziehen“, erklärte Microsoft. Einen unbeschränkten oder direkten Zugriff gebe es nicht.
Die Online-Firmen unterliegen strengen Geheimhaltungsregeln. Erst nachdem sie die Politik dazu drängten, durften sie überhaupt zugeben, dass sie Anordnungen zur Datenweitergabe an Geheimdienste von dem zuständigen, geheim tagenden US-Gericht erhalten hatten. So betonte Microsoft jetzt, es gebe „Aspekte der Debatte, die wir gerne freier diskutieren würden“. US-Gesetze verpflichten die Firmen zur Zusammenarbeit – und Verschwiegenheit.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) empfahl Nutzern bereits, US-Dienste zu meiden. Computerexperten raten dazu, die eigene Kommunikation zu verschlüsseln und für das Speichern von Daten Dienste mit Sitz außerhalb der USA zu nutzen. Denn die Einschränkungen für US-Geheimdienste gelten vor allem für die Überwachung eigener Staatsbürger und nicht für Deutsche. „Ich fürchte, das ist ein relativ schwacher Schutz, denn die US-Gesetzgebung erlaubt den Zugriff auf Kommunikationsdaten von Ausländern in sehr breitem Umfang“, sagte der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar dem Bayerischen Rundfunk
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Die Cloud ist tot
Vorher waren die Unternehmen nur skeptisch - jetzt wissen sie, dass sie den Wirtschaftsspionen gleich auf dem Flur ein Büro freihalten könnten, wenn sie die Cloud nutzen