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Paul-Bernhard Kallen Generationenwechsel bei Burda – ein bisschen

Nach zwölf Jahren gibt Paul-Bernhard Kallen die operative Leitung der Mediengruppe Burda an seinen Zögling Martin Weiss ab. An seiner Macht ändert sich nichts.
07.10.2021 - 11:30 Uhr Kommentieren
Als Leiter des Verwaltungsrats dürfte Kallen, de facto oberster Vermögensverwalter und Vermögensvermehrer des Hauses, weiter tonangebend bleiben. Quelle: Imago
Paul-Bernhard Kallen

Als Leiter des Verwaltungsrats dürfte Kallen, de facto oberster Vermögensverwalter und Vermögensvermehrer des Hauses, weiter tonangebend bleiben.

(Foto: Imago)

München Als kühl kalkulierenden Manager hat er sich nie gesehen, sondern vielmehr als Unternehmer, „mal eher rational, mal eher emotional“. Mit diesem Selbstbild hat es Paul-Bernhard Kallen, 64, vor zwölf Jahren zur zentralen Figur in der Münchener Mediengruppe von Hubert Burda, 81, geschafft.

Nun kommt es in dem von Zeitschriften bis Internet-Start-ups weit gespannten Reich zum Generationenwechsel – ein bisschen jedenfalls. Anfang des kommenden Jahres übergibt Kallen das Tagesgeschäft, zum neuen Vorstandschef steigt der 2015 zu Burda gestoßene Martin Weiss, 54, auf.

Damit endet an der Spitze des Unternehmens eine seltene Ämterhäufung. Der langjährige CEO konzentriert sich nun auf die ihm bisher schon anvertraute Leitung des Verwaltungsrats, in dem die Gesellschafter stark präsent sind. Hier dürfte Kallen, de facto oberster Vermögensverwalter und Vermögensvermehrer des Hauses, weiter tonangebend bleiben.

Seinen Nachfolger im Management wird Kallen am Anfang vermutlich eng begleiten. Aufsteiger Weiss wirkt, nach der Papierform jedenfalls, wie eine jüngere Ausgabe des Verwaltungsratschefs. Seit 2017 hat der künftige CEO im Vorstand jene Aktivitäten verantwortet, die weiter für strategischen Schwung bei Burda sorgen sollen: Internationales sowie das Investmentgeschäft, also der An- und Verkauf von verdienten und verdienenden Jungunternehmen der Digitalisierung.

So preist Kallen den Epigonen Weiss, der in jungen Jahren das Handwerk ebenfalls bei McKinsey gelernt hat, denn auch als „erfahrenen Unternehmer, Strategen und Investor“ – eine Beschreibung, die auf ihn selbst noch besser zutrifft.

Rückzug in Russland, der Ukraine und der Türkei

1996 war der aus dem gut katholischen Neuss stammende Sohn einer Unternehmerfamilie in den Konzern von „Bunte“ und „Focus“ eingetreten, nachdem Verleger Burda allzu ungestüm die erste Welle der Digitalisierung nutzen wollte, etwa mit der kostspieligen Plattform „Europe Online“, die nach kurzer Zeit wieder eingestellt werden musste.

Er sei sich mit Paul-Bernhard Kallen immer einig gewesen, „dass wir unser Familienunternehmen mutig, mit viel Optimismus und Gestaltungswillen in die Zukunft führen wollen“, lobt Hubert Burda anlässlich der aktuellen Personalie. Er habe „an jedem Tag der vergangenen Jahre“ sicher sein können, „dass Kallen in diesem Sinne und mit unternehmerischem Instinkt die richtigen Entscheidungen trifft“. Der Prinzipal hat nach wie vor die Stimmenmehrheit, die meisten Anteile sind auf seine Kinder Jacob und Elisabeth übergegangen, die auch im Verwaltungsrat sitzen.

Kallen lobt zurück, er sei 1996 gekommen, weil Verleger Burda „von der digitalen Revolution besessen war und sein Unternehmen entsprechend neu ausrichten wollte“. Dessen Mut zur Innovation, die Bereitschaft zum Risiko und eine Beharrlichkeit bei Rückschlägen seien ihm „großer Ansporn“ gewesen und hätten diese Entwicklung des Unternehmens ermöglicht.

In seinen zwölf CEO-Jahren wuchs der Umsatz der Gruppe von 1,6 Milliarden auf 2,9 Milliarden Euro, die mit derzeit knapp sieben Prozent Wachstum 2021 erreicht werden dürften. Eingangs seines Schaffens hatte Kallen sich jährlich sogar eine Expansion um zehn bis 15 Prozent vorgestellt, doch dann kam die Geopolitik dazwischen.

In Russland, der Ukraine und der Türkei musste Burda den geordneten Rückzug antreten. Heute ist die Gruppe, die sich von einem Verlag zu einem Multimedia-Haus mit integriertem Asset-Management entwickelt hat, in Großbritannien, Frankreich, Polen und Tschechien aktiv, Skandinavien gilt als neue Zielregion. Der Kern ist ergänzendes Magazingeschäft, wie das bei Burda heißt – Zeitschriften mit möglichst großer Internetpräsenz.

Engagierter Streiter für die digitale Souveränität Europas

Für nötige Investitionsmittel sorgte die hauseigene Gesellschaft Burda Principal Investments (BPI). Unter der Führung des designierten CEO Weiss ging sie zuletzt mehr als 25 Beteiligungen in Europa, den USA und Asien ein. So ist man bei der Secondhand-Plattform Vinted, dem britischen E-Commerce-Unternehmen Bloom&Wild sowie der asiatischen Gebrauchtwagen-Plattform Carsome dabei.

Kallen preist Weiss, der in jungen Jahren das Handwerk ebenfalls bei McKinsey gelernt hat, als „erfahrenen Unternehmer, Strategen und Investor“. Quelle: Burda
Martin Weiss

Kallen preist Weiss, der in jungen Jahren das Handwerk ebenfalls bei McKinsey gelernt hat, als „erfahrenen Unternehmer, Strategen und Investor“.

(Foto: Burda )

Die Nachbarschaftsplattform Nebenan.de ist inzwischen in die Burda-Gruppe integriert worden. Kallens ganze Kunst hat sich im Fall des digitalen Tierfutter-Spezialisten Zooplus gezeigt: Das zeitweilige Investment brachte eine Vermehrung des eingesetzten Kapitals um den Faktor 16. Da ließen sich auch branchenweite Spötteleien über „Hundejahre“ bei Burda leicht verkraften.

Burda-Kenner glauben, Paul-Bernhard Kallen habe schon in den letzten zwei Jahren mit dem Ausstieg aus dem Tagesgeschäft geliebäugelt. Die Pandemie hat das verhindert, auch war Nachfolger Weiss wohl noch nicht so weit.

Nun kommt es doch noch rechtzeitig vor dem 65. Geburtstag Kallens im Februar zum Wechsel. Intern erwarten viele, dass er die Schlagzahl im Verwaltungsrat erhöht. Das Gremium dürfte öfter als bisher tagen. Langweilig dürfte es dem promovierten Volkswirt ohnehin nicht werden: Schließlich unterhält er noch die eigene Beteiligungsgesellschaft Acton, sitzt im Gesellschafterausschuss des Gipskonzerns Knauf und kümmert sich um die Geldanlage seiner Familie, die in die Händlerdynastie der Werhahns hineinreicht.

Und schließlich ist zu erwarten, dass Kallen auf politischer Bühne mit seinen Warnungen vor der Monopolmacht amerikanischer Internetgiganten wie Google und Facebook sehr hörbar bleibt. Er ist ein engagierter Streiter für die digitale Souveränität Europas und die Marktwirtschaft, was man zu seinem Kummer von der Politik nicht immer sagen kann.

Weiss: „Der Konzern geht gut aufgestellt in die Zukunft“

Mit Kallens Abschied als CEO ändern sich im Vorstand weitere Zuständigkeiten. So steigt Personaldirektorin Katharina Herrmann, 46, zur Chefin des neu geschaffenen Ressorts Personal und Compliance auf. Andreas Rittstieg, 65, bisher verantwortlich für Recht und Compliance, zieht sich wie Kallen ebenfalls auf seine Aufgaben als Mitglied im Verwaltungsrat zurück. Für verlegerische Aktivitäten bleibt Philipp Welte, 59, verantwortlich, Vorstand für „Medienmarken National“. Dem gelernten Journalisten, den manche von außen schon mal als Kronprinz sahen, wird ein gutes Verhältnis zum neuen Vorstandschef Weiss nachgesagt.

À la longue wird es neben Kallen stark auf Hubert Burdas Kinder ankommen, wie sich das Unternehmen weiterwickelt. Jacob Burda interessiert sich offenbar immer stärker für Details, Elisabeth Furtwängler kämpft mit ihrer Mutter Maria, der bekannten Schauspielerin, öffentlich gegen Diskriminierung von Frauen im Medien- und Unterhaltungsgeschäft.

Der neue Vorstandschef Weiss hatte vor 20 Jahren näheren Kontakt zu dem Münchener Familienunternehmen mit Offenburger Wurzeln bekommen, als er bei der Schaffung des börsennotierten Internetkonzerns Tomorrow Focus AG beriet. Daraus ist mit der Zeit das Unternehmen Holiday Check geworden, das Burda nun wieder von der Börse holen will – offenbar weil man US-Konkurrenten nicht zu schlau machen will über die Bilanz und die eigenen weitreichenden Pläne, zu denen angeblich das Anbieten eigener Pauschalreisen gehört.

Weiss, der bis zum Sommer mit seiner Familie in London lebte, hatte selbst ein eigenes Unternehmen aufgebaut, die Beratungsfirma Solon, die er verkaufte. Danach wirkte er als Strategievorstand des Telekommunikations- und Medienunternehmens Millicom. Bei Burda ist er unter anderem Aufsichtsratschef der Tochterfirma New Work SE, einst als Xing bekannt geworden.

Er habe Burda „als faszinierendes, innovatives und vor allem sympathisches Unternehmen kennen und schätzen gelernt“, erklärt der künftige CEO Weiss: „Der Konzern geht gut aufgestellt in die Zukunft.“

Mehr: Burda half Bund bei Masken-Beschaffung in Corona-Frühphase

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