Profifußball „Lächerlichem Plan die Rote Karte zeigen“: Britischer Premier Johnson lehnt Super League ab

Der britische Premierminister lehnt die Super League ab: „Ich werde alles tun, was ich kann, um diesem lächerlichen Plan die Rote Karte zu zeigen.“
London Als Fußballfan ist Boris Johnson bisher nicht aufgefallen. Doch hat der britische Premierminister ein Gespür dafür, wenn die Volksseele brodelt. Deshalb setzte er sich diese Woche umgehend an die Spitze der Protestbewegung gegen die European Super League (ESL).
„Ich werde alles tun, was ich kann, um diesem lächerlichen Plan die Rote Karte zu zeigen“, schrieb er am Dienstag in einem Gastbeitrag in der Boulevardzeitung „The Sun“. Am Vormittag traf er Verbandsvertreter und Fangruppen zum Krisengipfel in der Downing Street. „Alle Optionen liegen auf dem Tisch“, sagte ein Sprecher hinterher.
Fußball ist der englische Nationalsport und die Pläne für die Super League grenzen für viele Fans an Vaterlandsverrat. Zwölf Spitzenklubs aus England, Spanien und Italien wollen aus der Champions League aussteigen und künftig ihren eigenen exklusiven Wettbewerb spielen. Hier wären sie permanente Mitglieder und müssten sich nicht jedes Jahr neu qualifizieren. Das aus den USA importierte Geschäftsmodell würde ihnen stetige Einnahmen in dreistelliger Millionenhöhe sichern.
Super League: Diese Sanktionen sind möglich
Die Empörung über die sechs beteiligten englischen Klubs (Chelsea, Arsenal, Tottenham, Manchester City, Manchester United und Liverpool) ist riesig. 79 Prozent der Fans lehnen laut einer YouGov-Umfrage die neue Superliga ab.
Selbst der künftige König von England, Prinz William, mischte sich ein: „Wir müssen jetzt mehr denn je die gesamte Fußballgemeinschaft schützen“, sagte der bekennende Fan von Aston Villa. Auch Meistertrainer Jürgen Klopp bekräftigte seine Ablehnung des Milliardenprojekts und ging damit öffentlich auf Distanz zu seinem Boss beim FC Liverpool, dem Milliardär John Henry.

Vier Fünftel der englischen Fans lehnen die European Super League ab.
Doch lässt sich die Super League noch verhindern? Was kann die Regierung tun? Und welche Sanktionsmöglichkeiten haben die Premier League, die Uefa und die Fifa? Diskutiert werden mehrere Optionen:
- Internationale Sperren: Uefa-Präsident Aleksander Ceferin drohte damit, die ESL-Klubs aus allen laufenden europäischen Wettbewerben auszuschließen. Das könnte bereits diese Woche Manchester City, Chelsea und Real Madrid treffen. Sie alle stehen im Halbfinale der Champions League. Übrig bliebe dann nur noch Paris Saint-Germain, das sich von der ESL bisher fernhält. Auch forderte Ceferin, die Spieler der ESL sollten für die Nationalmannschaften gesperrt werden – und damit für künftige Europa- und Weltmeisterschaften ausfallen. Rückendeckung erhielt der Uefa-Chef von Fifa-Präsident Gianni Infantino. „Wenn sie ihren eigenen Weg gehen, müssen sie mit der Entscheidung leben“, sagte der Weltverbandschef mit Blick auf die abtrünnigen Klubs. „Sie sind entweder drinnen oder draußen. Sie können nicht halb drinnen oder halb draußen sein.“ Die Frage ist, wie realistisch diese Drohungen sind. Denn ohne die Spitzenteams und ihre Stars würden die Wettbewerbe deutlich unattraktiver.
- Ausschluss aus der Premier League: Das Gleiche gilt für die nationale Liga. Am Dienstag trafen sich die 14 Premier-League-Klubs, die nicht in der ESL vertreten sind. Sie könnten beschließen, die sechs Abtrünnigen aus der Liga auszuschließen. Das fordern laut einer YouGov-Umfrage 51 Prozent der Fans. Damit würden sie sich jedoch auch selbst treffen, denn die Liga würde dann wohl deutlich weniger Sponsoren- und Fernsehgelder einnehmen.
- Steuern: Britischen Medienberichten zufolge diskutiert die Regierung über eine Sondersteuer für ESL-Klubs, um die englischen Vereine vom Beitritt zur Superliga abzuhalten.
- Zahl ausländischer Spieler: Die Regierung könnte auch neue Restriktionen für den Einsatz ausländischer Spieler beschließen. Das würde die Klubs hart treffen.
- Enteignung: Das radikalste Mittel wäre eine Gesetzesänderung nach deutschem Vorbild, die eine Mindestbeteiligung der Fans von 51 Prozent an Fußballvereinen vorschreibt. Dies käme einer Enteignung der ausländischen Klubbesitzer gleich. Sportminister Oliver Dowden hatte betont, keine Maßnahme sei ausgeschlossen. Doch gilt dieser Schritt als unwahrscheinlich.
Die ESL-Vertreter geben sich zuversichtlich, dass die Verbände an ihnen nicht vorbeikommen werden. Die Klubs und Spieler würden nicht von anderen Wettbewerben ausgeschlossen, sagte der neue ESL-Präsident Florentino Perez im spanischen Fernsehen. Auch will sich die ESL juristisch gegen mögliche Sanktionen zur Wehr setzen.
Uefa sucht mehr Geld für Champions League
Bauunternehmer Perez, seit 17 Jahren Präsident von Real Madrid, ist eine treibende Kraft hinter der Superliga. „Wir tun dies, um den Fußball aus einer kritischen Situation zu retten“, sagte er. Die Zuschauerzahlen und Fernseheinnahmen seien rückläufig. „Wir mussten etwas tun.“
Doch hat die ESL den Widerstand offenbar unterschätzt. In manchen Klubs scheinen die Proteste Wirkung zu zeigen: Laut britischen Medienberichten wackeln bereits die ersten englischen ESL-Teilnehmer. Sollten Regierung und Verbände tatsächlich harte Sanktionen beschließen, könnte das Projekt scheitern, bevor es überhaupt begonnen hat.
Laut Bloomberg verhandelt die Uefa auch bereits mit der Londoner Investmentfirma Centricus Asset Management über einen Sechs-Milliarden-Dollar-Deal, um die Klubs in der Champions League zu halten. Damit könnte die Uefa die ESL-Finanzierung durch die US-Bank JP Morgan kontern. Der Machtkampf zwischen Uefa und ESL scheint also noch nicht entschieden.
Mehrere ESL-Klubs argumentieren eher defensiv, dass sie nur dabei sind, weil auch die anderen dabei sind. So schrieb der Geschäftsführer des FC Liverpool in einer E-Mail an die Belegschaft, die Super League werde die Zukunft des europäischen Fußballs sein. „Wir sollten absolut Teil dieses Prozesses sein und einen Platz am Tisch haben, statt außerhalb dieser Gruppe zu sein.“
Es ist das Argument, das auch die bisherigen Boykotteure wie Bayern München und PSG noch überzeugen könnte, sollte die ESL tatsächlich Realität werden. Noch jedoch warten sie ab.
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