Ren Zhengfei Wieder Krieger: Der Huawei-Chef zieht in die Medienschlacht gegen die USA

Ren Zhengfei, founder and CEO of Huawei, gestures during a round table meeting with the media in Shenzhen city, south China's Guangdong province, Tuesday, Jan. 15, 2019. The founder of network gear and smart phone supplier Huawei Technologies said the tech giant would reject requests from the Chinese government to disclose confidential information about its customers. (AP Photo/Vincent Yu)
Peking, Berlin Die Festnahme seiner Tochter sei „politisch motiviert“, sagt Ren Zhengfei. Seine Augen schauen ernst in die Kamera des britischen Fernsehsenders BBC. So konfrontativ hatte sich der 74-jährige Konzerngründer bisher noch nie gegeben.
Lange hielten sich Huawei und Ren im Fall Meng Wanzhou, die auch Finanzchefin des Konzerns ist und der nun Bankenbetrug vorgeworfen wird, mit direkter Kritik zurück. Man vertraue dem kanadischen und amerikanischen Justizsystem, hieß es.
Doch inzwischen wählt Ren einen aggressiveren Ton: In einem Interview mit dem amerikanischen Sender CBS am Mittwoch führt er seine zwei Fäuste zueinander und vergleicht sein Unternehmen mit einer „kleinen Tomate“, die zwischen zwei aufeinanderprallende Staaten geraten ist.
Mit dem Tomatenvergleich verniedlicht er das Unternehmen, das er vor mehr als 30 Jahren gründete, dann doch arg: Huawei ist hochpolitisch. Beim Bau von Ausrüstung für den neuen Mobilfunkstandard 5G könnte das chinesische Unternehmen ausgeschlossen werden, auch in Deutschland.
Der Grund: Ren wird zu große Nähe zu Chinas Regierung vorgeworfen. Das sehen einige Experten jedoch anders. Eine fünfseitige, vertrauliche Studie, die das Berliner Merics-Institut vergangenen Freitag an ausgewählte Regierungsbeamte und Parlamentarier geschickt hat und die dem Handelsblatt exklusiv vorliegt, hat deutsche Entscheidungsträger aufgerüttelt; insbesondere die Mitglieder der Auswärtigen Ausschusses. Sie sehen sich nun in ihrer Forderung bestärkt, Deutschland solle beim Aufbau des 5G-Netzes auf chinesische Komponenten verzichten.
Die Merics-Experten warnen, dass es keine Basis für die Annahme gebe, im Bereich „kritische Infrastruktur und Informationen“ vertrauensvoll mit Peking zusammenarbeiten zu können. Als Gründe führt das Papier das „allgemeine politische und rechtliche Umfeld in China“ und die „selektive Missachtung internationalen Rechts“ durch die chinesische Führung an.
„Es gibt berechtigte Zweifel an der Widerstandsfähigkeit Huaweis gegen Forderungen der chinesischen Regierung“, mahnt Merics-Direktor Frank Pieke. Chinas Führung betrachte Huawei als strategisches Instrument.
Pieke spricht sich für „extreme Vorsicht“ bei der Beschaffung von Huawei-Komponenten aus, ein pauschales Huawei-Verbot jedoch lehnt er entschieden ab.
Ein guter Geschichtenerzähler
Den Vorwurf, dass Huawei der chinesischen Regierung jemals Informationen zur Verfügung gestellt habe, weist Ren zurück. „Wir haben in den vergangenen Jahren so etwas nie getan und werden es auch in Zukunft nicht tun“, sagt er in einem anderen Interview dem US-Sender CBS. „Die Amerikaner mit all ihrer fortschrittlichen Technik hätten doch längst eine Hintertür gefunden, wenn es sie wirklich gäbe“, sagt er.
Wie ein Mantra wiederholt er, dass man Informationen schon deswegen nicht weitergeben würde, weil man den Kunden und damit dem eigenen Geschäft nicht schaden wolle.
Um Vertrauen zu schaffen, haben Ren und sein Unternehmen eine Medienkampagne gestartet. In China funktioniert das: Ren ist ein guter Geschichtenerzähler, der mit anschaulichen Anekdoten seine einfache Herkunft zu unterstreichen weiß: 1944 kam Ren als ältester Sohn eines Buchhalters und einer Lehrerin in der südchinesischen Provinz Guizhou zur Welt.
Er studierte Architektur und brachte sich mithilfe von Textbüchern selbst Ingenieurwissenschaften bei. Bei einem Fortbildungskurs 1974 hörte er zum ersten Mal etwas über Computer. Außerhalb Chinas wird ihm seine Biografie aber zum Problem, konkret sein Dienst in der Volksbefreiungsarmee. Diese beschrieb Ren auf einem 2015 in Davos geführten Interview als „zufällig“.
Europa im Fokus – was auch sonst
Während Maos Kulturrevolution galt das Militär als einziger Ort in China, wo junge Menschen relativ unbehelligt Technik studieren und sich trotz einer „problematischen“ Herkunft hocharbeiten konnten. Rens Vater war unter Mao als „kapitalistischer Ausbeuter“ gebrandmarkt und sogar zeitweise in einem Kuhstall eingesperrt worden. „Ich wollte nicht mein Leben vergeuden“, sagt Ren heute.
Als er die Armee verließ, stellte er fest, dass in der boomenden Küstenstadt Shenzhen selbst einfache Arbeiter mehr verdienten als er, und er entschloss sich, Geschäftsmann zu werden. 1988 gründete er Huawei.
Heute ist es der größte Telekommunikationsausstatter der Welt. „Amerika kann uns unter keinen Umständen vernichten“, sagt Ren in dem BBC-Interview. Washingtons Attacken hätten Huawei bloß motiviert, noch bessere Produkte zu entwickeln. Sein Unternehmen habe sich in der Vergangenheit auf Europa und andere Entwicklungsländer fokussiert, weil der US-Markt bisher de facto schon verschlossen war.
Dann flicht er ein Zitat in seine Antwort ein: „Wenn das Licht im Westen erlischt, dann wird es im Osten noch immer leuchten.“ Es stammt von Mao Zedong. Ausgerechnet.
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